Leitsatz (amtlich)

Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2013, 68) kann Verfahrenskostenhilfe bei Falschangaben entzogen werden, unabhängig davon, ob die Falschangaben kausal für die Bewilligung waren. Dementsprechend kommt erst Recht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht, wenn der Antragsteller falsche Angaben in der Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen macht.

 

Normenkette

ZPO § 113 Abs. 1, § 127 Abs. 2-3, § § 567 ff.

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Beschluss vom 19.08.2014; Aktenzeichen 15 F 74/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 25.8.2014 gegen den Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschluss des AG - Familiengericht - Siegen vom 19.8.2014 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Rahmen des Scheidungsverfahrens der Beteiligten.

Das Familiengericht hat mit dem angegriffenen Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragsgegnerin verfüge seit 2007 über eine unbelastete Immobilie in Belgrad mit einem Marktwert von rd. 50.000 EUR, die kein Schonvermögen darstelle und deshalb zur Finanzierung der Verfahrenskosten herangezogen werden müsse.

Gegen den am 21.8.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit am 27.8.2014 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Wohnung sei im Hinblick auf den derzeitigen Immobilienmarkt in Belgrad in absehbarer Zeit nicht zu veräußern und könne von ihr auch nicht belastet werden, da sie keinen Kredit erlangen könne, weil sie nicht über regelmäßige Einkünfte verfüge.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese mit begründetem Beschluss vom 29.8.2014 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig ausgefüllt und der Nutzungszustand der Wohnung in Belgrad ungeklärt sei.

Ferner hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin in ihrer Erklärung vom 23.4.2014 in zwei Punkten falsche Angaben gemacht habe, da die Erklärung keinen Hinweis auf die Immobilie in Belgrad enthalte und tatsächliche Zahlungen des Antragstellers i.H.v. 772,10 EUR an sie ebenfalls nicht aufgeführt seien.

Die Antragsgegnerin hat hierzu erklärt, die Wohnung befinde sich in einem unvermietbaren Zustand, weder ein Verkauf noch eine Belastung sei im Ergebnis möglich, hinsichtlich der Einkünfte des Ehemannes könne sie nichts sagen, da ihr keine Unterlagen vorlägen, von dem bestehenden Eigentum an der Wohnung habe sie erst im Termin vor dem Familiengericht am 29.7.2014 erfahren, bis dahin sei sie davon ausgegangen, die Wohnung stehe im Eigentum des Antragstellers. Bei der Zahlung des Antragstellers i.H.v. 772,10 EUR handele es sich um den Kindesunterhalt und einen als "anteilige Miete" bezeichneten Betrag i.H.v. 400 EUR.

II. Die gemäß den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 3, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Familiengericht hat im Ergebnis mit zutreffender Begründung den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen.

Dabei kann der Senat im Ergebnis dahinstehen lassen, ob die Wohnung in Belgrad veräußerbar oder belastbar ist oder nicht. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war nämlich bereits im Hinblick auf die falschen Angaben in der Erklärung der Antragsgegnerin vom 23.4.2014 zurückzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2013, 68) kann Verfahrenskostenhilfe bei Falschangaben entzogen werden, unabhängig davon, ob die Falschangaben kausal für die Bewilligung waren. Dementsprechend kommt erst Recht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht, wenn der Antragsteller falsche Angaben in der Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen macht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Die von der Antragsgegnerin vorgelegte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthält keinen Hinweis auf die in ihrem Eigentum stehende Wohnung in Belgrad. Ob die Wohnung vermietbar, belast- oder veräußerbar ist, kann dagegen dahinstehen, da es nach der Rechtsprechung des BGH auf die Kausalität der Falschangabe gerade nicht ankommt.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Behauptung der Antragsgegnerin, sie habe erst im Termin vom 29.7.2014 und damit nach Abgabe der Erklärung zum VKH-Antrag von ihrem Eigentum an der Wohnung erfahren. Denn aus dem in Kopie in Originalfassung und Übersetzung vorliegenden "Vertrag über den Kauf/Verkauf von Immobilien" vom 26.7.2007 ergibt sich unzweifelhaft das Gegenteil. Denn die Antragsgegnerin hat den Kaufvertrag, mit dem sie das Eigentum an der Wohnung erwarb, eigenhändig unterschrieben. Ein Erwerb der Wohnung durch den Antragsteller lässt sich dem ...

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