Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen IV-1 StVK 15/19)

 

Tenor

  1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit festgestellt worden ist, dass die dem Betroffenen von der Vollzugsbehörde angebotene Betreuung auch für die Zeiträume vom 09. April 2018 bis zum 26. April 2018 sowie vom 03. Juni 2018 bis zum 08. Februar 2020 den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
  2. Es wird festgestellt, dass die dem Betroffenen von der Vollzugsbehörde in den unter 1. aufgeführten Zeiträumen angebotene Betreuung den Vorgaben des § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht entsprochen hat.
  3. Im Übrigen wird die Beschwerde aus den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet verworfen.
  4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last; jedoch wird die Gerichtsgebühr um 80 % ermäßigt. In diesem Umfang trägt auch die Landeskasse die dem Betroffenen im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen (§ 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO).
  5. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € (§§ 60, 52 GKG) festgesetzt.
 

Gründe

I.

Der Betroffene verbüßt seit dem 08. Februar 2018 Strafhaft aufgrund einer Verurteilung durch das Landgericht - Jugendstrafkammer - Bochum vom 31. Januar 2018 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe wegen Mordes in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit erpresserischen Menschenraub, sowie einer besonders schweren Brandstiftung. Zuvor befand er sich seit dem 09. März 2017 in Untersuchungshaft in der JVA L. Das Tatgericht hat die besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten sowie gemäß § 106 Abs. 5 S. 1 JGG angeordnet, dass die Strafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen sei, "da der Angeklagte das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und jedenfalls nicht feststeht, dass seine Resozialisierung dadurch nicht besser gefördert werden kann" (Seite 56 des Urteils).

Der Anlassverurteilung liegt zugrunde, dass der im Tatzeitpunkt 19 Jahre alte und nicht vorbestrafte Betroffene am 00.00.2017 den #-jährigen (vormaligen) Nachbarjungen A unter einem Vorwand in einen Kellerraum lockte und ihn mit etlichen Messerstichen tötete. Das Tatopfer erlitt insgesamt 52 Stichverletzungen im Schädel-, Brust- und Bauchbereich. Im Anschluss an die Tat fertigte der Betroffene diverse Fotos erniedrigenden Charakters von dem Leichnam (u.a. mit freigelegtem Genital), zeitweise posierte er mit dem Leichnam und fertigte auch davon Fotos an. Die Bilder übermittelte er an einen Freund, der diese im Internet hochlud. Anschließend begab sich der Betroffene zu einem Freund aus Berufsschulzeiten (B), bei dem er Zuflucht suchte. Als dieser am Morgen des 00.00.2017 ein Fahndungsfoto des Betroffenen wahrgenommen hatte und ihm daraufhin drohte, die Polizei zu verständigen, tötete der Betroffene auch den B, indem er ihm insgesamt 68 Stichverletzungen an Kopf, Hals, Brust, Rücken und Beinen zufügte und ihn schließlich mit einem grünen Judogürtel erdrosselte. Er verblieb danach weitere zwei Tage in der Wohnung des 2. Tatopfers und erstellte mehrere Threads im Internet, in denen er unter anderem ein Statement zu den Tötungen abgab und Bilder der Tat postete. Auch onanierte er neben dem Leichnam. Am 00.00.2017 versuchte er, den Fuß der Leiche abzutrennen. Als dies misslang, steckte er eine Gabel, einen Akkuschrauber und sein Messer in den Fuß, positionierte den grünen Judogürtel und seinen Schuh daneben und legte sich lächelnd daneben, wovon er mehrere Fotos anfertigte. Bevor er die Wohnung verließ, setzte er diese in Brand. Bei dem Brand verstarb die Katze des 2. Tatopfers, ein noch im Haus befindlicher Bewohner wurde nicht verletzt. Der Betroffene suchte gegen 20:10 Uhr einen Imbiss auf, informierte von dort die Polizei über seinen Standort und ließ sich festnehmen.

Das sachverständig beratene Tatgericht gelangte zu der Überzeugung, dass bei dem Betroffenen eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vorliege, die durch deutliche narzisstische, dissozial-psychopathische und sadistische Züge geprägt sei. Das Störungsbild erfülle aber nicht die Voraussetzungen, die an eine schwere andere seelische Abartigkeit zu stellen seien.

Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils (08. Februar 2018) befand sich der Betroffene vom 09. Februar bis zum 03. Juli 2018 in der Einweisungsanstalt M. Ausweislich der Stellungnahme der Leiterin der JVA M vom 22. September 2020 fanden dort zwar regelmäßige Gespräche mit dem psychologischen Dienst, dem Sozialdienst und dem allgemeinen Vollzugsdienst "zur Überbrückung" statt, dem Betroffenen seien jedoch Behandlungsangebote im Sinne von § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht unterbreitet worden, da der Einstieg in den vorgesehenen Behandlungsprozess grundsätzlich immer erst in der als weitere Verbüßungsanstalt bestimmten Einrichtung erfolge. Da zunächst keine Vollstreckungsunterlagen vorgelegen hätten, habe nicht zeitnah mit der Behandlungsuntersuchung begonnen werden können. Die benötigten Unterla...

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