Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Verrechnung der Wohngeldrückstände eines einzelnen Wohnungseigentümers mit seinem Guthabenanteil an der Instandhaltungsrücklage

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beschluß einer Eigentümerversammlung, der darauf gerichtet ist, Wohngeldrückstände eines einzelnen Wohnungseigentümers mit seinem Guthabenanteil an der Instandhaltungsrücklage zu verrechnen, ist nichtig, weil die Versammlung zu einer solchen Beschlußfassung absolut unzuständig ist.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 3, § 23 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Münster (Zwischenurteil vom 08.08.1990; Aktenzeichen 2 T 1/90)

AG Beckum (Zwischenurteil vom 01.12.1989; Aktenzeichen 5 II 25/89)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde; außergerichtliche Kosten des Verfahrens dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.351,12 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 1) ist die Verwalterin der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Sie nimmt im vorliegenden Verfahren den Beteiligten zu 2) auf Zahlung des nach Maßgabe seines Miteigentumsanteils auf ihn entfallenden Anteils an einer Instandhaltungsrücklage in Anspruch. Der Beteiligte zu 2) hat sein Wohnungseigentum aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 04.02.1988 von dem Voreigentümer … erworben, der in erheblichem Umfang mit seinen Wohngeldzahlungen gegenüber der Gemeinschaft in Rückstand geraten, jedoch noch mit einem Guthaben an der gebildeten Instandhaltungsrücklage beteiligt war. Mit dem im vorliegenden Verfahren erklärten Ziel, diesen Guthabenbetrag des Voreigentümers … auf seine Rückstände zu verrechnen und den dadurch entstehenden Fehlbetrag bei der Instandhaltungsrücklage von dem künftigen Erwerber einzuziehen, wurde in der Eigentümerversammlung vom 24.06.1987 zu Tagesordnung 10) zunächst folgender Beschluß gefaßt:

„Die Wohnungseigentümerversammlung beschließt einstimmig.

1.

Die nachstehend aufgeführten Rücklagen lt. Bilanz vom 31.12.1986

a.

allgemeine Rücklage

105.536,88 DM

b.

Rücklage Hofpflasterung

10.000,– DM

c.

Sonderrücklage Fassadensanierung

16.000,– DM

d.

Sonderrücklage Gerüst

25.204,48 DM

156.741,36 DM

werden aufgelöst und den laufenden Konten der einzelnen Wohnungseigentümer gutgeschrieben.

2.

Bei Zahlungsrückständen der Wohnungseigentümer werden diese Guthaben mit den Rückständen verrechnet.

3.

Die Eigentümer haben gegenüber der WEG keinen Anspruch auf Auszahlung Ihres Guthabenbetrages bzw. Verrechnung mit Nachzahlungsbeträgen aus der Jahresrechnung 1986.

Die Beträge können von den Eigentümern auch nicht gegen fällig werdende Hausgelder und Sonderzahlungen aufgerechnet werde.”

In derselben Versammlung wurde die Verwalterin durch Beschluß beauftragt, rückständige Hausgelder außergerichtlich und gerichtlich im eigenen Namen geltend zu machen.

In der Eigentümerversammlung vom 19.05.1988 wurde sodann zu Tagesordnungspunkt 3) der folgende Beschluß gefaßt:

„Beschlußfassung mit 42 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung

Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt die Bildung folgender Rücklagen:

a.

Allgemeine Rücklage

105.536,88 DM

b.

Rücklage Hofpflasterung

10.000,– DM

c.

Rücklage Fassadensanierung

16.000,– DM

d.

Sonderrücklage Gerüst

25.204,48 DM

156.741,36 DM.

Die Aufteilung erfolgt nach Miteigentumsanteilen. Fälligkeitstermin 19.06.1988.”

Beide Beschlüsse sind nicht nach § 23 Abs. 4 WEG angefochten worden.

Die Beteiligte zu 1) hat bei dem Amtsgericht mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.03.1989 beantragt, den Beteiligten zu 2) zur Zahlung von 2.351,12 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.07.1988 zu verurteilen. Den geltend gemachten Anspruch hat sie auf den Beschluß der Eigentümerversammlung vom 19.05.1988 gestützt, den sie für wirksam hält. Jedenfalls sei er nicht gemäß § 23 Abs. 4 WEG angefochten werden; Nichtigkeitsgründe seien nicht ersichtlich. Die Auflösung und spätere Neubildung der Instandhaltungsrücklage entspreche einem in der Literatur vorgeschlagenen Verfahren, durch das die Gemeinschaft Deckung für die Wohngeldrückstände eines zur Veräußerung seines Wohnungseigentums gezwungenen Miteigentümers erlangen könne. Die Zahlungspflicht des Erwerbers entstehe erst durch den nach seinem Eigentumserwerb gefaßten Eigentümerbeschluß, durch den die Instandhaltungsrücklage erneut gebildet werde. Seine dadurch erst begründete Zahlungspflicht bestehe ohne Rücksicht darauf, daß sie auf Wohngeldrückständen beruhe, die während der Eigentümerstellung seines Rechtsvorgängers eingetreten seien.

Der Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten und hat geltend gemacht, die Beschlüsse der Eigentümerversammlungen sowohl vom 24.06.1987 als auch vom 19.05.1988 seien als nichtig anzusehen. Die Auflösung der Instandhaltungsrücklage sei in der Eigentümerversammlung vom 24.06.1987 in Wahrheit nicht beschlossen worden. Das eingeschlagene Verfahren sei lediglich darauf gerichtet, ihn als Rechtsnach...

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