Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen des Sorgerechts für nicht miteinander verheiratete Elten nach § 1626a BGB.

 

Normenkette

BGB § 1626a

 

Verfahrensgang

AG Essen (Beschluss vom 21.01.2011; Aktenzeichen 102 F 310/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 25.2.2011 gegen den am 21.1.2011 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die leiblichen Eltern des am 25.12.2003 geborenen N und des am 10.5.2006 geborenen B. Sie lebten bis zu ihrer Trennung im Dezember 2008 in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Eine gemeinsame Sorgeerklärung haben die Beteiligten nicht abgegeben.

Der Antragsteller hat die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge für die genannten Kinder begehrt.

Mit am 21.1.2011 erlassenen Beschluss hat das AG - Familiengericht - Essen den Beteiligten die elterliche Sorge für die genannten Kinder gemeinsam übertragen. Zur Begründung hat es im Einzelnen ausgeführt, dass die Ausübung der elterlichen Sorge durch die Kindeseltern gemeinsam dem Wohl der Kinder entspreche. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den genannten Beschluss des Familiengerichts Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer form- und fristgerecht bei dem Familiengericht eingegangenen Beschwerde vom 25.2.2011. Zur Begründung trägt sie vor:

Entgegen der Ansicht des Familiengerichts sei das Verhältnis der Kindeseltern derzeit konfliktbeladen. Die Entscheidung des Familiengerichts bringe erhebliche Unruhe in die Familie.

Bereits kurz nach Erlass des angefochtenen Beschlusses habe sich gezeigt, dass der Antragsteller das Sorgerecht nicht zum Wohl der Kinder, sondern allein zu dem Zweck nutze, sie, die Antragsgegnerin, zu kritisieren und ihr Steine in den Weg zu legen. Unter Berufung auf sein Sorgerecht habe er sein Umgangsrecht eigenmächtig ausgeweitet. In dem anwaltlichen Schreiben vom 23.2.2011 habe er diverse Vorwürfe gegen die Antragsgegnerin wegen der Versorgung und Erziehung der Kinder erhoben, die insgesamt haltlos seien.

Es gebe erhebliche Vorbehalte hinsichtlich der Erziehungsfähigkeit des Antragstellers. Dieser habe selbst vorgetragen, psychisch jedenfalls erheblich belastet zu sein. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 14.6.2011 Bezug genommen.

Nach wie vor lehne der Antragsteller eine Festlegung auf geregelte Umgangskontakte ab. Kindesunterhalt zahle er trotz vorhandenen Vermögens nicht.

Die Antragsgegnerin beantragt, den am 21.2.2011 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Essen aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge zurückzuweisen, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei ihr zu belassen.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und tritt dem Sachvortrag der Antragstellerin im Einzelnen entgegen.

Mit Verfügung vom 18.5.2011 hat der Senat auf seine Absicht hingewiesen, die Beschwerde der Antragstellerin ohne erneute Anhörung der Beteiligten zurückzuweisen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht geht das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl der Kinder der Beteiligten entspricht:

1. Bis zu einer gesetzgeberischen Neugestaltung des Sorgerechts eines nicht mit der Kindesmutter verheirateten Vaters kann das Familiengericht ergänzend zu der Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB vorläufig auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge gemeinsam übertragen, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 1403ff, Rz. 75; OLG Hamm, Beschl. v. 7.10.2010 - 2 WF 211/10; bei juris Langtext Rz. 11; OLG Jena, Beschl. v. 12.8.2010 - 8 UF 56/10; bei juris Langtext Rz. 13). Dieser Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Kindeswohls soll sicherstellen, dass die Belange des Kindes maßgeblich Berücksichtigung finden, jedoch die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen Sorge nicht zu hoch angesetzt werden (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 1403ff Rz. 75).

Die bisherige gesetzliche Regelung, die die gemeinsame elterliche Sorge von der Zustimmung der Kindesmutter abhängig gemacht hat, ist mit der Verfassung nicht zu vereinbaren (vgl. zur Begründung im Einzelnen: BVerfG FamRZ 2010, 1403ff). Der Gesetzgeber greift dadurch unverhältnismäßig in das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes ein, dass er den Vater generell von der Sorgetragung für sein Kind ausschließt, wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder zu dessen Alleinsorge für das Kind verweigert, ohne dass ihm die Möglichkeit eingeräumt ist, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob er aus Gründen des Kindeswohls an der elterlichen Sorge zu beteiligen ist (vgl. BVerfG FamRZ...

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