Leitsatz (amtlich)

Zur Bedeutung einer Testamentsklausel, nach der eine Vorerbin berechtigt sein soll, durch Verfügung von Todes wegen einen anderen Abkömmling als den testamentarisch Benannten zum Nacherben zu berufen.

 

Normenkette

BGB §§ 1913, 2113 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Rahden (Aktenzeichen DL 14-41)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Eintragungsanträge der Beteiligten vom 12.11.2012 an das Grundbuchamt zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Als Eigentümer der vorgenannten Grundstücke war seit dem 8.11.1977 der Ehemann der Beteiligten zu 1) Herr C2 eingetragen. Dieser errichtete am 25.6.1985 vor Notar I in S in notarielles Testament, in dem er die Beteiligte zu 1), seine Ehefrau, zur Alleinerbin einsetzte. Ferner setzte er seinen Sohn C als Nacherben ein, ersatzweise dessen Abkömmlinge, weiter ersatzweise seine, des Erblassers weitere Kinder. In dem Testament heißt es sodann weiter:

"Die Nacherbfolge ist unter der auflösenden Bedingung angeordnet, dass meine Ehefrau als Vorerbin berechtigt ist, durch Verfügung von Todes wegen einen anderen Abkömmling von mir zum Nacherben zu berufen, und dabei dann auch berechtigt ist, Abfindungen ... auszusetzen."

Nach dem Tode des Erblassers am 2.5.2012 wurden die Beteiligte zu 1) im Wege der Berichtigung als Eigentümerin sowie gleichzeitig in Abt. II Nr. 18 ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen.

Die Beteiligte zu 1) hat in notarieller Urkunde vom 9.10.2012 (UR-Nr. 305/2012 Notar D in T) die vorgenannten Grundstücke an den Beteiligten zu 2) verkauft und aufgelassen. Der miterschienene Sohn der Beteiligten zu 1) C hat die Löschung des Nacherbenvermerks bewilligt. Die gem. § 15 GBO gestellten Anträge des Urkundsnotars auf Eigentumsumschreibung, Löschung der Auflassungsvormerkung und von Rechten in Abt. III sowie Eintragung einer Grundschuld hat das Grundbuchamt durch Beschluss vom 8.2.2013 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, die der Urkundsnotar mit Schriftsatz vom 8.3.2012 namens der Beteiligten zu 1) und 2) bei dem Grundbuchamt eingelegt und der das Grundbuchamt durch Beschluss vom 11.3.2013 nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde der Beteiligten ist nach den §§ 71, 73 GBO zulässig und in der Sache begründet.

Entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes reicht die in der notariellen Urkunde vom 9.10.2012 erteilte Löschungsbewilligung des Nacherben C aus, um den Nacherbenvermerk Abt. II Nr. 18 mit der Eintragung des Eigentumswechsels auf den Beteiligten zu 2) zu löschen. Die verfahrensrechtliche Löschungsbewilligung enthält materiell-rechtlich die Zustimmung (§ 185 Abs. 1 BGB) des

Nacherben zu der Veräußerung des Grundstücks durch die eingetragene Vorerbin. Die Zustimmung des Nacherben schließt eine Beeinträchtigung seiner Rechte durch die Verfügung der Vorerbin i.S.d. § 2113 Abs. 1 BGB aus. Der Rechtserwerb des Beteiligten zu 2) ist uneingeschränkt wirksam, so dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs in Ansehung des noch eingetragenen Vermerks i.S.d. § 894 BGB nachgewiesen ist, der somit auf den gestellten Antrag nach § 22 Abs. 1 GBO gelöscht werden muss.

Herr C ist der in dem notariellen Testament des Erblassers C2 vom 25.6.1985 namentlich benannte Nacherbe. Einer ergänzenden Zustimmung der in dem Testament eingesetzten Ersatzerben zu dem Veräußerungsgeschäft der Vorerbin bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung nicht (vgl. etwa BGHZ 40, 119; BayObLG Rpfleger 2005, 421).

Der Senat kann nicht der Auffassung des Grundbuchamtes folgen, die Nacherben seien in Wahrheit unbekannt. Diese Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht auf die Bestimmung des genannten Testamentes stützen, in der es heißt, die Beteiligte zu 1) sei als Vorerbin berechtigt, durch Verfügung von Todes wegen einen anderen Abkömmling zum Nacherben zu berufen. Diese Bestimmung ist jedoch in ihrer durch den Wortlaut nahe gelegten Bedeutung nach § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem anderen überlassen. Der Sinn dieser Vorschrift besteht darin, dass der Erblasser persönlich die Verantwortung für den Inhalt aller wesentlichen Teile seines letzten Willens übernehmen muss. Es ist ihm nicht gestattet, seinen letzten Willen in der Weise unvollständig zu äußern, dass es einem Dritten überlassen bleibt, ihn nach seinem Belieben oder Ermessen in wesentlichen Teilen zu ergänzen (Senat OLGZ 1973, 103, 104) oder - wie hier - nach seinem Tod etwa abzuändern.

In Betracht kommt deshalb allenfalls eine Umdeutung (§ 140 BGB) der letztwilligen Verfügung des Erblassers. In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass der Erblasser einen Nacherben wirksam unter der Bedingung einsetzen kann, dass der Vorerbe nicht anderweitig von Todes wegen über den Nachlass verfügt. Der Wirksamkeit einer solchen Regelung steht die Vorschrift des § 2065 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Denn der Vorerbe ver...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge