Verfahrensgang

AG Herford (Aktenzeichen 11 OWi 395/10)

 

Tenor

1.

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

2.

Die Kosten des Rechtsmittels einschließlich der notwendigen Auslagen

des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Herford hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil vom 03. November 2010 vom Vorwurf der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gem. §§ 41 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 Abs. 2 a StVG freigesprochen.

In dem Urteil hat das Amtsgericht unter anderem folgendes ausgeführt:

"A.

Mit Bußgeldbescheid des Kreises I vom 27.01.2010 - Az.: ###- wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 160 € festgesetzt. Außerdem wurde ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat (unter Gewährung einer Abgabefrist für den Führerschein von vier Monaten) angeordnet. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 26.10.2009 um 12:17 Uhr als Fahrer eines PKW der Marke GM, amtl. Kennzeichen XXXXX in I auf der innerorts gelegenen Straße P-Straße die durch Verkehrszeichen angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um mindestens 40 km/h aus Fahrlässigkeit überschritten zu haben.

Die Geschwindigkeitsmessung wurde im Rahmen einer mobilen Geschwindigkeitskontrolle festgestellt. Bei der Geschwindigkeitsmessung wurde ein Messgerät der Marke Multanova VR 6 F eingesetzt. Von dem gemessenen Pkw und dem Fahrer wurde ein "Frontfoto" gefertigt. Der Pkw wurde nicht angehalten.

Im Laufe des Bußgeldverfahrens kam die Bußgeldbehörde zu dem Ergebnis, dass der Betroffene als Fahrer identifiziert werden könne.

Der Betroffene hat gegen den Bußgeldbescheid rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Der Betroffene äußerte sich im Laufe des Bußgeldverfahrens nicht zur Frage seiner Fahrereigenschaft. Im Hauptverhandlungstermin machte der Betroffene von seinem Schweigerecht Gebrauch. Der Verteidiger rügte außerdem die Verwertbarkeit des Messfotos aus verfassungsrechtlichen Gründen.

B.

Bei dieser Sachlage war es nicht möglich, den Betroffenen als Täter der festgestellten Verkehrsordnungswidrigkeit zu identifizieren, so dass der Betroffene aus tatsächlichen Gründen freizusprechen war.

Das ergibt sich aus Folgendem:

Zum Nachweis der Fahrereigenschaft des Betroffenen stand lediglich das im Rahmen der Geschwindigkeitsmessung gefertigte "Frontfoto" zur Verfügung. Anderweitige Beweismittel waren nicht gegeben. Es kam deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung auf die Frage an, ob die gefertigten Frontfotos von dem gemessenen Pkw-Fahrer trotz des ausdrücklichen Widerspruches des Betroffenen zu Beweiszwecken verwertet werden durften. Diese Frage hat das Gericht verneint. Für die gefertigten Frontfotos bestand nämlich ein Beweiserhebungsverbot, welches aufgrund des ausdrücklichen Widerspruchs des Betroffenen zu einem Beweisverwertungsverbot führte. Die Messfotos konnten deshalb nicht zu Lasten des Betroffenen verwertet werden."

Das Vorliegen eines Beweiserhebungsverbotes und eines daraus resultierenden Beweisverwertungsverbotes hat das Amtsgericht im Folgenden umfangreich und im wesentlichen damit begründet, dass eine gesetzliche Grundlage für die Anfertigung von Messfotos nicht bestehe. § 100 h Abs. 1 S. 1 StPO i. V. m. § 46 OWiG könne nicht (mehr) als ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen im Rahmen der Verkehrsüberwachung angesehen werden, da die Vorschrift keine Überprüfung der Zulässigkeit der Bildaufnahmen hinsichtlich des "Wie" und "Warum" ermögliche. Ausreichende Regelungen hierüber bestünden nicht. Das gem. § 47 Abs. 1 OWiG bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten der Verfolgungsbehörde eingeräumte Ermessen bedürfe der gerichtlichen Kontrolle auch im Einzelfall im Rahmen des Bußgeldverfahrens; auch müsse das Vorliegen jeweiliger "Gefahrenstellen" i. S. v. § 48 OBG NW, bei denen die Ordnungsbehörden zur Verfolgung von Geschwindigkeitsüberschreitungen befugt seien, näher geregelt und im Einzelfall zur Überprüfung gestellt werden. Es stehe nämlich zu vermuten, dass die in den letzten Jahren exzessiv angewachsene Geschwindigkeitsüberwachungspraxis der Straßenverkehrsbehörden im Wesentlichen von fiskalischen Interessen motiviert (Stichwort "Abzocke") und deshalb unzulässig sei. Trotz des erheblichen gesetzgeberischen Bedarfs seien entsprechende gesetzliche Regelungen, die überfällig seien, bislang nicht getroffen worden. § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 OWiG sei vor diesem Hintergrund als Rechtsgrundlage nicht (mehr) ausreichend. Das hierdurch begründete Beweiserhebungsverbot ziehe auch ein Beweisverwertungsverbot nach sich.

Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf die Abschnitte B.I. und B.II. (Bl 4 - 20 UA) der schriftlichen Urteilsgründe Bezug genommen.

Gegen das in Anwesenheit des Betroffenen und seines Verteidigers und in Abwesenheit eines Vertreters der Staatsanwaltschaft Bielefeld verkündete Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft Bielefeld mit der bei dem Amtsgericht Herford rechtzeitig eingegangenen Rechtsbeschwerde, die fristgerecht mit der ...

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