Leitsatz (amtlich)

1. Ebenso wie die Kosten eines Privatgutachters können auch die Kosten eines Steuerberaters erstattungsfähig sein, wenn für seine Hinzuziehung durch die Partei ausnahmsweise ein prozessnotwendiger Anlass i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO bestand.

2. Erforderlich ist jedoch, dass der Erstattungsberechtigte eine an den Regelungen der StBGebV orientierte Rechnung seines Steuerberaters vorlegt.

 

Normenkette

StBGebV §§ 21-23; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 2 O 354/96)

 

Tenor

Abändernd sind von den Klägern zu 1) und 2) aufgrund des Beschlusses des OLG Hamm vom 15.11.2000 – 30 U 23/00 – jeweils 726,26 Euro (1.420,44 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 7.2.2001 an den Beklagten zu erstatten.

Der Kostenausgleichungsantrag der Kläger vom 20.2. 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 536,46 Euro (1.049,22 DM).

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG) und hat auch in der Sache Erfolg.

Er beanstandet zu Recht, dass die Rechtspflegerin bei der Ausgleichung auch die von den Klägern angemeldeten Kosten von 3.497,40 DM berücksichtigt hat, die der Steuerberater R. gem. Rechnung vom 23.11.2000 ihnen gegenüber geltend gemacht hat. Entsprechend der vom hiesigen 30. ZS mit Beschluss vom 15.11.2000 erlassenen Kostengrundentscheidung hat die Ansetzung der Steuerberaterkosten im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss somit zu einer unberechtigten Verminderung des Kostenerstattungsanspruchs des Beklagten um 30 % von 3.497,40 DM = 1.049,22 DM (536,46 Euro) geführt, so dass sich sein Erstattungsanspruch gegen beide Kläger zusammen nicht auf 1.791,65 DM, sondern auf 2.840,87 DM (1.452,51 Euro) nebst Zinsen beläuft. Da die Kläger nach der Kostengrundentscheidung nach Kopfteilen haften, was die Rechtspflegerin nicht berücksichtigt hat, haben sie jeweils 1.420,44 DM (726,26 Euro) zu tragen.

Der Steuerberater R. hat seine Rechnung vom 23.11.2000 zunächst auf § 23 StBGebV und später gem. einer mit Schreiben vom 8.10.2001 überreichten Rechnungsänderung (Bl. 770 GA), die ebenfalls auf den 23.11.2000 datiert ist, berichtigend auf § 22 StBGebV (Gutachtenerstellung) gestützt. Zwar ist ein prozessnotwendigerAnlass i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO zur Beauftragung eines Privatgutachters im Laufe eines Rechtsstreits ausnahmsweise (siehe OLG Hamm, Beschl. v. 18.12.1995 – 23 W 454/95, OLGReport Hamm 1996, 105; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Vorbem. zum Stichwort „Privatgutachten”) anzunehmen, wenn die Partei nur auf diese Weise in den Stand gesetzt wird, ihrer Darlegungspflicht zu genügen oder die erforderlichen Beweise anzutreten, des Weiteren, wenn sie sich nur so mit den Ausführungen der sachkundigen Gegenpartei oder mit dem Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen krit. auseinandersetzen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Gutachten letztlich Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits hat. Vielmehr ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats entscheidend, ob die Partei die Beauftragung eines Privatgutachters bei verständiger Würdigung ihrer Belange im konkreten Stadium der Streitigkeit zur Durchsetzung ihres Rechtsstandpunktes aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten (objektivierende Betrachtung) als erforderlich ansehen durfte (OLG Hamm v. 16.8.2001 – 23 W 290/01, Rpfleger 2001, 616; v. 8.6.1998 – 23 W 39/99, OLGReport Hamm 1999, 111 [112]). Hier kommt in Betracht, dass die Kläger auch aus der gebotenen Sicht einer kostenbewussten Partei zur zweckentsprechenden Darlegung eines Schadens, der ihnen durch die verzögerte Eröffnung der Praxiserweiterung am 21.1.1994 statt am 1.8.1993 entstanden sein soll, die Einschaltung des Steuerberaters für notwendig halten durften.

Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, weil die Kläger trotz der Einwendungen des Beklagten und eines gerichtlichen Hinweises nicht nachvollziehbar vorgetragen haben, dass der Steuerberater R. durch seine Tätigkeit die ihnen in Rechnung gestellte 14/10-Gebühr gem. § 22 StBGebV verdient hat. Nach dieser Vorschrift erhält der Steuerberater für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens mit eingehender Begründung eine Gebühr von 10/10 bis 30/10 der vollen Gebühr. Ein entsprechendes Gutachten liegt nicht vor. Es müsste i.d.R. jedenfalls folgende Kriterien erfüllen (siehe Eggesiecker, StBGebV, 2. Aufl., § 22 Rz. 22.100; Eckert, StBGebV, 3. Aufl., § 22 Rz. 2 f.; Mittelsteiner, StBGebV, 4. Aufl., § 22 Rz. 1):

1. Darstellung des Problems,

2. Wiedergabe der Meinungsäußerungen zu dem Problem,

3. kritische Auseinandersetzung mit den Meinungsäußerungen,

4. begründete eigene Stellungnahme

Dagegen begründen die Kläger die Anmeldung der auf § 22 StBGebV gestützten Kosten mit den vom Steuerberater erstellten Berechnungen (Bl. 680 bis 683 GA), die sie mit Schriftsatz vom 27.10.2000 zu den Akten gereicht haben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um rein zahlenmäßige Darstellungen

1. der Praxisumsätze vom 1.8.1994 bis zum 20.1...

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