Leitsatz (amtlich)

Auf die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten kann nur in sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen verzichtet werden

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an ein anderes Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Dortmund zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Jugendschöffengericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, "in einem Fall: minder schwerer Fall", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision des Angeklagten, mit der er ausschließlich die Verletzung materiellen Rechts hinsichtlich des Schuldspruchs wie auch des Rechtsfolgenausspruchs rügt.

II.

Zum Tatgeschehen hat das Jugendschöffengericht festgestellt:

"An einem nicht näher bestimmbaren Tag Anfang bis Mitte 1993, eventuell auch 1992, die Zeugin H. M. mag 6 oder 7 Jahre alt gewesen sein, hielt sich diese in der beschriebenen Wohnung der Familie S. im Hause G. Straße 41 auf, weil sie mit ihrer Freundin F. S. zusammen war. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch der Angeklagte in der Wohnung. Es kam dazu, dass sich der Angeklagte zusammen mit den beiden Mädchen im Kinderzimmer der Wohnung aufhielt. Die beiden Mädchen spielten gern mit dem Angeklagten. Ob im Rahmen eines Spiels oder weil der Angeklagte etwas vorlas, kam es dazu, dass der Angeklagte auf dem Boden saß, den Rücken an die Heizung gelehnt, die Beine gespreizt. Zwischen seinen gespreizten Beinen saß die Zeugin H. M. , links oder rechts neben ihr F. S. . Während H. M. zwischen seinen gespreizten Beinen saß, schob der Angeklagte nun von oben durch den Hosenbund seine Hand unter die getragene Oberbekleidungshose sowie die Unterhose der H. M. und manipulierte mit seinen Fingern an der Scheide des Kindes H. M. . Dabei fragte er sinngemäß das Kind, ob das gut sei oder ob ihr das gefalle. So handelte der Angeklagte einige Minuten, bis aus irgendeinem Grund die Situation ein Ende nahm. Das Kind H. M. wehrte sich nicht gegen die Manipulation des Angeklagten. Ihr war es zwar fremd, dass sie an dieser Stelle angefasst wurde. Da es nicht weh tat, allenfalls kitzelte, widersetzte sie sich nicht.

Allerdings, als sie auf ihre Mutter traf, erzählte sie, dass der Onkel H. ohne Bart, der Angeklagte, sie an der "Muschi gekrault" habe. Die Mutter, die Zeugin E. M. , stellte einige Nachfragen und es kam zu einem Gespräch mit Herrn Axel S. , wie aber auch in der Wohnung Mohr zwischen dem Ehepaar Mohr und dem Ehepaar Siwek. Der Angeklagte stritt ab. Ergebnis der Erörterung war, dass das geschilderte Erlebnis der H. M. nicht weiter verfolgt werden sollte. Jedoch wurde H. M. untersagt, zu ihrer Freundin F. S. zu gehen, wenn der Angeklagte sich in der Wohnung S. aufhalte.

Einige Zeit später, es mag ein Jahr gewesen sein, die Zeugin E. M. meint, es sei vor den Osterferien 1994 gewesen, kam die Zeugin H. M. vom Tennistraining. Sie hatte ihrer Freundin F. versprochen, dass sie danach zu ihr in die Wohnung kommen wolle. Das tat die Zeugin H. M. . Offenbar war sie sich nicht bewusst darüber, dass der Angeklagte sich in der Wohnung S. aufhielt. Jedenfalls kam es dann im Kinderzimmer der Zeugin F. S. zu einem lustigen Spiel, sodass die Zeugin H. M. das Verbot ihrer Eltern beiseite schob. Der Angeklagte krabbelte auf allen Vieren hinter den Mädchen über den Boden. Es mag sein, dass sich das Spiel um die Geschichte von Tarzan und Jane drehte. Jedenfalls kam es dazu, dass der Angeklagte die vor ihm krabbelnde Zeugin H. M. mit er Hand von hinten um den Bauch fasste, fest- und hochhielt, bei dieser Gelegenheit wiederum unter ihre Kleidung und ihre Unterhose von oben hineinfasste und mit der Hand die Scheidengegend berührte. Diesmal reagierte die Zeugin H. M. sofort, indem sie sich dem Griff des Angeklagten entzog und das Haus verließ. Auch hierüber berichtete sie ihren Eltern. Gleichwohl wurde damals entschieden, dass es nicht zu einer Anzeige kommen sollte. "

Nach den Urteilsgründen beruhen diese Feststellungen "auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, im Übrigen auf den Bekundungen vor allen Dingen der Zeugin H. M. , aber auch ihrer Mutter E. M. , der sich H. M. tatzeitnah anvertraut hat". Wie sich der Angeklagte im Einzelnen zur Sache eingelassen hat, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Insoweit heißt es lediglich: "Der Angeklagte bestreitet sämtliche Vorwürfe und versucht wortreiche Erklärungen".

Der auf die Sachrüge vorzunehmenden rechtlichen Nachprüfung des angefochtenen Urteils halten die Darlegungen des Jugendschöffengerichts zur Beweiswürdigung nicht stand.

1.

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