Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Trennung von Verwalterbestellung und Vertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird in einem Eigentümerbeschluß ein Verwalter für eine bestimmte zeitliche Dauer bestellt, so kommt, wenn ein ausdrücklicher Verwaltervertrag nicht geschlossen wird, ein befristeteter Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Verwalter zustande.

2. In einem solchen Fall kann ohne besondere Anhaltspunkte nicht angenommen werden, daß den Wohnungseigentümern vertraglich das Recht zur ordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses vorbehalten ist. Dafür reicht nicht bereits aus, daß der organisationsrechtliche Bestellungsakt die jederzeitige Abberufung der Verwalters nicht ausschließt.

 

Normenkette

BGB §§ 620-621, 675; WEG § 26

 

Verfahrensgang

AG Essen-Borbeck (Aktenzeichen 19 II 221/95 WEG)

LG Essen (Aktenzeichen 7 T 638/95)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Gerichtskosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 14.283,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 2) bis 10) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; der Beteiligte zu 11) ist der derzeitige Verwalter. Die Beteiligte zu 1) ist die frühere Wohnungseigentumsverwalterin. Sie wurde durch Beschluß der Eigentümerversammlung vom 17.06.1994 erneut als Verwalterin bestellt. Die entsprechende Beschlußfassung zu Tagesordnungspunkt 4 der Eigentümerversammlung lautet:

  1. „Der Verwalter, die Firma A… GmbH, wurde einstimmig erneut für weitere 5 Jahre nach Ablauf der bisherigen Verwalterbestellung gewählt. Es gelten für die Verwalteraufgaben die Teilungserklärung und das WEG-Gesetz.
  2. Es wird weiterhin einstimmig beschlossen, daß die Verwalter-Gebühr ab 1.1.1995 monatlich DM 30,00 zzgl. MWST beträgt.”

Bei der Eigentümer Versammlung vom 17.06.1994 handelte es sich um eine Wiederholungsversammlung, nachdem eine vorausgegangene Eigentümer Versammlung vom 07.06.1994 wegen Beschlußunfähigkeit nicht durchgeführt wurde. Diese Wiederholungsversammlung war von der Beteiligten zu 1) mit Einladungsschreiben vom 08.06.1994 einberufen worden. In der Eigentümerversammlung vom 17.06.1994 war keiner der Miteigentümer persönlich erschienen. Der Beteiligte zu 3) hatte dem Mitarbeiter R… der Beteiligten zu 1) für diese Versammlung eine Stimmrechtsvollmacht erteilt. Der Beschluß der Eigentümerversammlung kam mit der Stimme des Beteiligten zu 3) zustande, die Herr R… der gleichzeitig die Versammlung leitete, in dessen Namen abgab.

In einer späteren Eigentümerversammlung vom 27.07.1995 beriefen die anwesenden Wohnungseigentümer die Beteiligte zu 1) durch einstimmigen Beschluß als Verwalterin ab und bestellten den Beteiligten zu 11) zum neuen Verwalter.

Mit einem bei dem Amtsgericht Essen am 21.08.1995 eingegangenen Schreiben vom 17.08.1995 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 27.07.1995 betreffend ihre Abwahl als Verwalterin und die Bestellung des Beteiligten zu 11) als neuen Verwalter für ungültig zu erklären. Hilfsweise hat sie beantragt, den Beteiligten zu 2) bis 10) die Zahlung von 14.593,50 DM nebst 4 % Zinsen seit Antragszustellung aufzugeben. Insoweit seien die Wohnungseigentümer ihr, der Beteiligten zu 1), zum „Schadensersatz” in Höhe des ihr zustehenden Verwalterhonorars für 47 Monate bis zum Ablauf der Bestellungszeit auf Grund des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 17.06.1994 verpflichtet.

Die Beteiligten zu 2) bis 11) sind dem Antrag entgegengetreten. Sie haben im wesentlichen geltend gemacht, die Abberufung der Beteiligten zu 1) als Verwalterin sei zu Recht aus wichtigem Grund erfolgt, weil ihr verschiedene schwerwiegende Verstöße gegen ihre Verwalterpflichten zur Last fielen. Unabhängig davon habe die Beteiligte zu 1) auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abberufen werden können, weil weder die Teilungserklärung vom 01.06.1989 noch die Verwalterbestellung durch den Beschluß der Eigentümer Versammlung vom 17.06.1994 die Möglichkeit zur Abberufung der Verwalterin auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränke.

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 08.11.1995 sowohl die Beschlußanfechtungsanträge der Beteiligten zu 1) als auch ihren Hilfsantrag zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1) rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, der die Beteiligten zu 2) bis 11) entgegengetreten sind. Das Landgericht hat mit den Beteiligten in, öffentlicher Sitzung vom 06.03.1996 vor der vollbesetzten Zivilkammer mündlich verhandelt. Durch den am 20.03.1996 verkündeten Beschluß hat das Landgericht in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts den Beschlußanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1) betreffend ihre Abwahl zurückgewiesen und denjenigen betreffend die Bestellung des Beteiligten zu 11) als neuen Verwalter als...

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