Entscheidungsstichwort (Thema)

Hausfriedensbruch. Hausverbot. bundesweites Stadionverbot. Deutscher Fußballbund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs wegen Verstoßes gegen ein bundesweites Stadionverbot bedarf es zumindest auch Feststellungen, aus denen sich ergibt, dass der Hausrechtsinhaber wirksam bei Erteilung des als Hausverbot anzusehenden bundesweiten Stadionverbots vertreten worden ist.

2. Ob darüber hinaus weitergehende Feststellungen dazu erforderlich sind, ob das bundesweite Stadionverbot auch materiellrechtlich wirksam erteilt wurde, es also nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der ausgeschlossenen Person und gegen das Willkürverbot verstößt, erscheint demgegenüber eher zweifelhaft.

 

Normenkette

StGB § 123

 

Verfahrensgang

AG Münster (Entscheidung vom 18.09.2019)

LG Münster (Aktenzeichen 13 Ns 206/19)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen, soweit diese nicht die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen am 00.02.2019 bzgl. des Aufenthalts des Angeklagten im Stadion des Q betreffen, aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Münster hat den Angeklagten mit Urteil vom 18.09.2019 wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen.

Das Landgericht hat seiner Entscheidung folgende Feststellungen zu Grunde gelegt:

"Gegen den Angeklagten besteht ein bundesweites Stadionverbot, welches auch im Stadion des Q gilt. Am 00.02.2019 hielt sich der Angeklagte bewusst entgegen diesem Verbot anlässlich des Heimspiels gegen den P im Fußballstadion von Q auf, wo er vom Zeugen PK H im Block M angetroffen wurde, in dem sich die Ultras des Q befinden. Die Hausrechtsinhaberin Q ## GmbH & Co KG stellte rechtzeitig Strafantrag."

Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts in allgemeiner Form rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 2 StPO) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Das angefochtene Urteil weist durchgreifende Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.

1.

Die Feststellungen des angefochtenen Urteils reichen nicht aus, um von einem widerrechtlichen Eindringen des Angeklagten in das Fußballstadion der Q ## GmbH & Co KG auszugehen. Ein widerrechtliches Eindringen liegt bei einem Betreten des geschützten Raumes gegen den Willen des Berechtigen vor (Fischer, StGB, 67. Aufl., § 123 Rdn. 14), was insbesondere bei Vorliegen eines wirksamen Hausverbots der Fall sein kann. Ob gegen den Angeklagten ein solches wirksames Hausverbot vorliegt, ergeben die bisherigen Feststellungen nicht.

Zwar stellt das Landgericht fest, dass gegen den Angeklagten ein bundesweites Stadionverbot bestehe, welches auch im Stadion des Q gelte. Hierbei handelt es sich indes, soweit damit die konkludente Annahme eines wirksamen Hausverbots verbunden ist - auch hinsichtlich der Frage nach der Wirksamkeit im Stadion des Q - um rechtliche Wertungen. Die Überprüfung dieser rechtlichen Wertungen ist dem Senat mangels genügender Feststellungen nicht möglich.

Zwar kann der Senat auch allgemeinkundige Tatsachen berücksichtigen, also solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne weiteres Kenntnis haben oder über die sie sich aus allgemein zuverlässigen Quellen unschwer unterrichten können (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 244 Rdn. 51). Dazu gehört auch das System der Verhängung und Wirkung bundesweiter Stadionverbote im Bereich des Fußballs, wie es sich etwa aus den über die Internetseite des DFB abrufbaren "Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten" oder auch aus der Darstellung von Gietl JR 2010, 50 ff. ergibt. Danach bevollmächtigen sich die Vereine und der DFB gegenseitig zur Verhängung bundesweit wirksamer Stadionverbote. Die entsprechende Erklärung ist jeweils vor Beginn der Spielzeit neu auszufertigen und bei der DFB Zentralverwaltung zu hinterlegen (§ 1 Abs. 4 RiLi). Ist nicht der Verein Hausrechtsinhaber, sorgen Verein, DFB oder Ligaverband dafür, dass ihnen das Hausrecht anlassbezogen übertragen wird (§ 2 Abs. 2 RiLi). Die Zuständigkeit für die Verhängung eines örtlichen oder bundesweiten Stadionverbots richtet sich nach § 3 RiLi. Ein bundesweites Stadionverbot ist also insbesondere dann nicht wirksam (bundesweit) erteilt, wenn der das bundesweit geltende Stadionverbot aussprechende Verein, der...

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