Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, was unter einem "unverzüglichen Aushändigen" i.S.d. zu verstehen ist.

 

Verfahrensgang

AG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 06.06.2005)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Die Sache wird gemäß § 80 a Abs. 3 S. 2 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen (§§ 46 Abs.1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 6. Juni 2005 wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 4 Abs. 3 S. 2, 8 Abs. 1 Nr. 2 d FPersG in acht Fällen zu einer Geldbuße von je 20,- EUR verurteilt worden.

Nach den Urteilsfeststellungen arbeitet der Betroffene als Schweißer bei der Firma H.P. GmbH mit Sitz in Gelsenkirchen. Gelegentlich springt er auch als Fahrer der LKW dieser Firma ein, wenn anderes Fahrpersonal nicht zur Verfügung steht. Anlässlich einer Kontrolle des ebenfalls bei der Firma H.P. GmbH beschäftigten M.B., die am 04.08.2004 gegen 14.15 Uhr von zwei Polizeibeamtinnen des Verkehrsdienstes der Polizei Essen auf der B 224 in Höhe des Autobahnkreuzes Essen-Nord durchgeführt wurde, wurden - neben weiteren Schaublättern anderer Fahrer - insgesamt acht Schaublätter, die auf den Betroffenen ausgestellt waren, im Handschuhfach des LKW, amtliches Kennzeichen XXXXX, aufgefunden. Im Einzelnen handelte es sich um die Schaublätter der Tage 14.06.2004, 23.06.2004, 28.06.2004, 29.06.2004, 30.06.2004 (2 Schaublätter), 06.07.2004, 07.07.2004 und 08.07.2004. Es entsprach der damaligen, mittlerweile aber geänderten betrieblichen Übung der Firma H.P. GmbH, dass die jeweiligen Fahrer aus dem Handschuhfach des jeweils benutzten Fahrzeuges ein neues Schaublatt entnahmen und dieses während der Fahrt beschriebene Schaublatt nach Benutzung und Beendigung der Fahrt zurück in das Handschuhfach legten. Dort sollte sich die Unternehmerin die benutzten Schaublätter selbst entnehmen. Der Betroffene hätte nach den weiteren Urteilsausführungen die benutzten Schaublätter jedoch spätestens am 12.07.2004 der Unternehmerin aushändigen müssen. Bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Betroffene den Verstoß gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr erkennen und unterlassen können.

Der Betroffene hat den objektiven Geschehensablauf eingeräumt, sich aber darauf berufen, es könne ihm nicht angelastet werden, wenn die Unternehmerin die im Handschuhfach des LKW abgelegten Schaublätter dort nicht entnehme.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 S. 2 FPersG i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 d FPersG für schuldig befunden, wonach Mitglieder des Fahrpersonals die Tätigkeitsnachweise der Vortage, die nicht mehr mitzuführen sind, unverzüglich dem Unternehmer auszuhändigen haben. Zur Begründung hat das Amtsgericht u.a. ausgeführt:

"Der Betroffene gehörte an den Tagen, an denen er den LKW seiner Arbeitgeberin führte, zum Fahrpersonal. Dies ergibt sich allein schon aus dem Umstand, dass er seinen Namen in die Schaublätter eintrug. Dadurch erstreckte sich der sachliche Geltungsbereich des FPersG auch auf seine Person. Nach der Definition des § 1 Abs. 1 Satz 2 FPersG gehören Fahrer, Beifahrer und Schaffner zu den Mitgliedern des Fahrpersonals. Dazu gehört nach Art. 1 Nr. 3 VO (EWG) 3820/85 jede Person, die ein Fahrzeug, sei es auch nur für kurze Zeit, selbst lenkt oder sich in dem Fahrzeug befindet, um es gegebenenfalls lenken zu können wie etwa der Beifahrer. Das Gesetz differenziert dabei nicht zwischen Berufskraftfahrern, Kraftfahrern, Aushilfen oder sonst auf Kraftfahrzeugen tätigen Personen. Vielmehr will es im Interesse der Sicherheit des Fahrpersonals selbst aber auch der anderen Verkehrsteilnehmer jeden, der aktuell ein nachweispflichtiges Fahrzeug lenkt, den Sozialvorschriften im Straßenverkehr unterwerfen.

Mithin war der Betroffene als Mitglied des Fahrpersonals nach § 4 Abs. 3 Satz 2 FPersG auch verpflichtet, die Tätigkeitsnachweise, die nicht mehr mitzuführen waren, unverzüglich der Unternehmerin auszuhändigen.

Am Kontrolltage hätten sich - wäre der Betroffene selbst gefahren - nach § 6 Abs. 6 FPersG jedoch nur die Tätigkeitsnachweise der laufenden Woche (02.08.2004 und 03.08.2004) sowie des letzten Arbeitstages der Vorwoche (30.07.2004) im Fahrzeug befinden dürfen. Alle anderen Tätigkeitsnachweise hatte der Betroffene der Unternehmerin unverzüglich auszuhändigen.

Dieser Verpflichtung ist der Betroffene nach Auffassung des Gerichts nicht nachgekommen, indem er die Tätigkeitsnachweise nach Beendigung der Fahrt in das Handschuhfach einlegte.

Zum einen spricht bereits die wörtliche Auslegung dafür, dass unter "unverzüglichem Aushändigen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 FPersG eine persönliche Übergabe der Tätigkeitsnachweise durch die Mitglieder des Fahrpersonals und eine Entgegennahme durch die Unternehmerin ohne schuldhaftes Verzögern bedeutet. Zwar muss dies nicht bedeuten, dass sich der jeweilige Fahrer und der Unternehmer bzw. sein Beauftragter (§...

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