Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein mit einer Grunddienstbarkeit belastetes Grundstück mit anderen Grundstücken vereinigt (§ 890 Abs. 1 BGB), so erstreckt sich die bestehende Belastung nicht auf die anderen Teile des neuen Grundstücks.

2. Wird bei der Anlegung des Loseblattgrundbuchs die Beschränkung der Belastung auf die dem früheren Grundstück entsprechende Teilfläche nicht übernommen, so wird das Grundbuch unrichtig; an die Veräußerung der herrschenden Grundstücke kann sich ein gutgläubiger Erwerb in Ansehung der Grunddienstbarkeit anschließen.

3. Weist das Rechtsbeschwerdegericht die Sache zur abschließenden Entscheidung über die Eintragung eines Amtswiderspruchs an das Grundbuchamt zurück, so kann es gleichzeitig gem. § 76 GBO das Grundbuchamt zur Eintragung eines vorläufigen Amtswiderspruchs anweisen.

 

Normenkette

BGB § 890 Abs. 1, §§ 894, 1023; GBO §§ 53, 76

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 25 T 754/00)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Grundbuchamts vom 8.11.2000 werden aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Grundbuchamt zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

Das Grundbuchamt wird im Wege der einstweiligen Anordnung angewiesen, zu dem in Abteilung II laufende Nr. 1 des Grundbuchs eingetragenen Recht in der Sp. 5 (Veränderungen) zugunsten der Herren … und … sowie Frau … in Erbengemeinschaft als Berechtigte einen vorläufigen Amtswiderspruch einzutragen. Der vorläufige Widerspruch richtet sich gegen den Umfang des Rechts, soweit aus der Eintragung nicht ersichtlich ist, dass die Belastung nur die Teile der Flurstücke 428 und 819 Flur 3 erfasst, die aus der ehemaligen Parzelle 510/213 (Grundbuch von Sch., Bd. 14 Bl. 43, laufende Nr. 41 des Bestandsverzeichnisses) hervorgegangen und mit dieser identisch sind.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind in Erbengemeinschaft Eigentümer der im Betreff genannten und der weiteren unter, den laufenden Nrn. 2 und 3 der im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von V. Blatt 0330 eingetragenen Grundstücke (Flur 3 Flurstücke 156 und 164).

Diese Grundstücke sind aus den ehemals im Grundbuch von Sch. Bd 14 Blatt 43 eingetragenen umfangreichen Ländereien hervorgegangen, deren Eigentümerin im Jahre 1914 die Witwe J.S. war. Zu dem Grundbesitz gehörte das im Bestandsverzeichnis unter der laufenden Nr. 41 verzeichnete Grundstück Flur 16 Parzelle 510/213. Dabei handelte es sich um ein Siek, in dessen Mitte sich ein Teich befand, in den benachbarte Grundstücke an der V.-Straße mangels Vorhandenseins einer öffentlichen Kanalisation, über kleine Rinnsale ihre Abwässer einleiteten. Mit notarieller Urkunde vom 19.2.1914 bewilligte Frau S. zugunsten der jeweiligen Eigentümer der in dem Grundbuch von Sch. Bd. 14 Blatt 43 verzeichneten Parzellen Flur 16 Nr. 514/201 und 507/200 sowie der aus diesen Grundstücken gebildeten und noch zu bildenden Teilparzellen die Eintragung einer Belastung des Grundstücks Flur 16 Nr. 510/213 in das Grundbuch mit folgendem auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:

„Das Grundstück Flur 16 No. 510/213 hat sämtliche Abwässer von den Grundstücken Flur 16 No. 514/201 und 507/200 aufzunehmen.”

Das Grundstück 510/213 wurde sodann in 604/213 fortgeschrieben. Nach erfolgter Teilung des Grundstücks wurden die neu gebildeten Grundstücke unter den laufenden Nrn. 112 bis 117 des Bestandsverzeichnisses eingetragen.

Unter der laufenden Nr. 1 der Abteilung II des Grundbuchs erfolgte unter dem Datum des 12.5.1914 folgende Eintragung, wobei in Sp. 3 der Abteilung II (Bezeichnung des belasteten Grundstücks nach der laufenden Nummer der 1. Abteilung) die Angaben 41, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 121 enthalten sind:

„Eigentümer ist verpflichtet, die sämtlichen Abwässer von den Grundstücken Flur 16 No. 592/201, 593/201, 595/201 … und 594/201 … Gemarkung Sch. aufzunehmen. Zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der genannten Parzellen eingetragen mit dem Bemerken, dass die Löschung dieser Grunddienstbarkeit nur mit Genehmigung der Polizeibehörde zu Sch. erfolgen darf.”

In der bei den Grundakten des AG B. betreffend das Grundbuch von Sch. Bd. 14 Blatt 43 befindlichen Grundbuchtabelle ist die Grunddienstbarkeit in Abteilung II unter der laufenden Nummer mit dem Zusatz „auf No. 510/213” (aufzunehmen) verzeichnet.

Mit Vertrag vom 8.11.1918 veräußerte Frau S. an den Großvater des Beteiligten zu 1) neben weiteren im Grundbuch von Sch., Bd. 7 Blatt 16 eingetragenen Grundstücken auch die unter den laufenden Nrn. des Bestandsverzeichnisses 112, 113, 114 und 115 aufgeführten Grundstücke. Diese aus der ursprünglichen Parzelle 510/213 hervorgegangenen Grundstücke wurden am 16.11.1918 in das Grundbuch von V., Bd. 1 Blatt 21 übertragen und dort unter den laufenden Nrn. 5 bis 8 des Bestandsverzeichnisses eingetragen. Unter den Nrn. 1 bis 4 sowie 9 und 10 des Bestandsverzeichnisses waren die weiteren veräußerten Grundstücke verzeichnet. Ebenfalls am 16.11.1918 erfolgte die Fortschrei...

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