Leitsatz (amtlich)

1. Klagen gegen einen rechtsfähigen Verein sind an seinem Verwaltungssitz nur zulässig, wenn die Satzung keinen Vereinssitz bestimmt.

2. Für die örtliche Zuständigkeit einer Klage gegen einen Verein kommt es nicht darauf an, von welchem Ort aus der Verein seine satzungsmäßige oder eine geschäftliche Tätigkeit entfaltet.

3. Zwar genügt bereits der Anschein einer Niederlassung, wenn im Rechtsverkehr von der beklagten Partei zurechenbar der Rechtsschein erweckt wird, das "Stammhaus" unterhalte eine auf Dauer angelegte, selbstständige Außenstelle, die aus eigener Entscheidung zum Abschluss gewerblicher Geschäfte berechtigt sei.

4. Abmahntätigkeiten, die ein Gemeinwohlinteresse verfolgen (hier: Richterverein mahnte aufsichtsrechtliches Tätigwerden einer Rechtsanwaltskammer an), stellen jedoch keine gewerbliche Tätigkeit dar.

 

Verfahrensgang

AG Hamm (Aktenzeichen 19 C 160/18)

AG Duisburg (Aktenzeichen 71 C 3553/18)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Duisburg.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein in Frankfurt am Main niedergelassener Rechtsanwalt, nimmt den Beklagten in seiner Eigenschaft als Interessenvertretung der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen vor dem Amtsgericht Hamm in Anspruch. Er begehrt die Feststellung, dass dem Beklagten kein Unterlassungsanspruch in Bezug auf einen auf der Internetseite "anwalt.de" veröffentlichten Beitrag zusteht. Darin hatte der Kläger die Meinung vertreten, dass ein Rechtsanwalt die Privatadresse eines Richters an den Mandanten herausgeben dürfe. Dies nahm der Beklagte zum Anlass, sich an die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main zu wenden, deren Mitglied der Kläger ist, und diese dazu aufzufordern, im Rahmen der Berufsaufsicht Maßnahmen gegen die Veröffentlichung des vorgenannten Beitrags zu ergreifen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen (BI. 9 ff., 14 ff. d.A.).

1. Nach Eingang der Klageschrift hat das Amtsgericht Hamm mit Verfügung vom 15.10.2018 darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit bestünden, da sich der Sitz des Beklagten laut der Eintragung im Vereinsregister im Bezirk des Amtsgerichts Duisburg befinde (BI. 545 f. d.A.). Diese Verfügung und die Klageschrift wurden dem Beklagten am 17.10.2018 zugestellt (BI. 548R d.A.).

Der Kläger hat den Beklagten daraufhin um Stellungnahme dazu gebeten, ob die Eintragung im Vereinsregister noch aktuell sei, da als Geschäftssitz auf seiner Homepage die Stadt Hamm aufgeführt sei (BI. 550 ff. d.A.).

Der Beklagte ist dem nicht nachgekommen und hat die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamm gerügt (BI. 558 f. d.A.). Sein im Vereinsregister eingetragener Sitz i.S.v. § 57 Abs. 1 BGB befinde sich in Duisburg. Daher sei das Amtsgericht Duisburg gem. § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO örtlich zuständig.

Das Amtsgericht Hamm hat den Rechtsstreit daraufhin mit Beschluss vom 29.10.2018 "auf Antrag des Klägers sowie mit Zustimmung der anderen Partei" an das Amtsgericht Duisburg verwiesen, da es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuständig sei (BI. 560 f. d.A.).

2. Nach Eingang der Akte bei ihm hat das Amtsgericht Duisburg mit Verfügung vom 13.11.2018 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hamm zurückzuverweisen, da eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Duisburg nicht gegeben und der Verweisungsbeschluss vom 29.10.2018 willkürlich und daher nicht bindend sei (BI. 578 f. d.A.). Es fehle an einem satzungsmäßig bestimmten Verwaltungssitz, da beim Amtsgericht Duisburg das Vereinsregister für alle Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks Duisburg geführt werde. Auch durch Auslegung der Satzung des Beklagten lasse sich nicht ermitteln, welches der drei Amtsgerichte in Duisburg gemeint sei, da dort kein bestimmter Stadtteil erwähnt werde. Da demnach kein satzungsmäßiger Verwaltungssitz vorliege, sei gem. § 17 Abs. 1 S. 2 ZPO der Ort maßgeblich, wo die Geschäfte tatsächlich geführt würden, was unzweifelhaft im Bezirk des Amtsgerichts Hamm der Fall sei.

Der Kläger hat der mit dieser Verfügung mitgeteilten Rechtsauffassung zugestimmt und mit Schriftsatz vom 19.11.2018 die Verweisung an das örtlich zuständige Gericht sowie hilfsweise eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO beantragt (BI. 606 d.A.).

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.11.2018 näher ausgeführt, dass mit der Bezeichnung in der Satzung das Amtsgericht Duisburg-Mitte gemeint sei (BI. 625 ff. d.A.). Dafür spreche insbesondere, dass dieses in der Öffentlichkeit gemeinhin verkürzt als "Amtsgericht Duisburg" bezeichnet werde, wohingegen die anderen beiden Amtsgerichte "Duisburg-Hamborn" und "Duisburg-Ruhrort" mit den Stadtteilbezeichnungen angegeben würden. Hilfsweise hat der Beklagte eine Gerichtsstandbestimmung gem. §§ 36 Abs. 1 Nr. 2, 37 ZPO beantragt, da jedenfalls aus Sicht des Amtsgerichts Duisburg objektiv Zweifel darüber bestünden, in welchem Gerichtsbezirk eine für den Rechtsstreit maßgebliche Örtlichkeit liege.

Dem ist das Amtsgericht Dui...

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