Leitsatz (amtlich)

Für eine Gerichtsstandbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus Anlass einer Klage gegen mehrere natürliche Personen hat der Kläger regelmäßig den allgemeinen Gerichtsstand (gem. §§ 12, 13 ZPO, i.V.m. § 7 BGB den Wohnsitz) der Beklagten zu ermitteln und vorzutragen. Mit der Angabe einer anderen Anschrift (z.B. der der Arbeitsstelle der Beklagten) genügt er diesen Anforderungen nicht. Eine Amtsermittlung durch das für die Gerichtsstandbestimmung zuständige Gericht erfolgt insoweit nicht. Unterlässt der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises die Ermittlung des allgemeinen Gerichtstands, ist der Gerichtsstandbestimmungsantrag - derzeit - zurückzuweisen.

 

Normenkette

BGB § 7; ZPO §§ 12-13, 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Aktenzeichen 2 O 257/19)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bestimmung des zuständigen Gerichts aus der Klageschrift vom 18.09.2019 wird - derzeit - zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer angeblich fehlerhaften Heilbehandlung auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch.

1. Ihr Ehemann hatte am 13.02.2001 einen Schlaganfall erlitten und befand sich in ständiger ambulanter Dialysebehandlung. Am 20.06.2018 stürzte er in der Dusche und schlug gegen die Armaturen. Am 12.07.2018 wurde er notfallmäßig in einer Klinik in I aufgenommen und auf Anordnung des Beklagten zu 1), der dort als Chefarzt angestellt ist, am nächsten Tag wieder entlassen. Nachdem sich sein Gesundheitszustand daraufhin verschlechterte und er vermehrt an starken Schmerzen und Atemnot litt, wurde er am 17.07.2019 mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus in N gefahren und dort in der Intensivstation aufgenommen. Dort wurde er beatmet und künstlich ernährt, bis sich sein Gesundheitszustand verbesserte. Am 30.07.2018 wurde er auf die allgemeine Station verlegt. Am 07.08.2019 wurde er entlassen und kam auf die geriatrische Station des Krankenhauses "J" in C, bei dem der Beklagte zu 2) als Chefarzt angestellt ist. Während dieses Aufenthalts verstarb er am 15.08.2018. Die Klägerin ist seine einzige Erbin.

Der Verstorbene war privat versichert. Die Klägerin macht sowohl vertragliche als auch deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend, da mit den ihnen als in den Krankenhäusern in I und C behandelnden Chefärzten Behandlungsverträge zustande gekommen seien. Dem Beklagten zu 1) wirft sie vor, dass die Entlassung aus dem Krankenhaus in I zu früh erfolgt sei, da die Beschwerden, wegen derer ihr Ehemann vorstellig geworden sei, zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeklungen und ausreichend behandelt worden seien. Die Behandlung durch den Beklagten zu 2) verstoße gegen die ärztlichen Pflichten, da die Medikation ihres Ehemanns in der Klinik in C nicht adäquat und fachgerecht erfolgt sei. Zudem habe das Pflegepersonal keine ausreichenden Maßnahmen gegen die bei Aufnahme ihres Ehemanns bestehende Hitze getroffen, wodurch sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. In der Gesamtschau dieser Versäumnisse sieht die Klägerin einen groben Behandlungsfehler. Sie ist der Ansicht, die Beklagten hafteten als Gesamtschuldner, da sie den Schaden entweder als gemeinsam handelnde Mittäter im Sinne von § 830 Abs. 1 S. 1 BGB oder als unabhängig voneinander handelnde Nebentäter im Sinne von § 840 Abs. 1 S. 1 BGB verursacht hätten. Wegen der starken Schmerzen, Luftnot und Todesangst, unter denen ihr Ehemann insbesondere in den letzten Tagen vor seinem Tod gelitten habe, hält sie ein Schmerzensgeld von 20.000,- EUR für angemessen.

2. Da die Lungenklinik in I, bei dem der Beklagte zu 1) tätig ist, im Bezirk des Landgerichts Hagen liegt, und das städtische Krankenhaus in C, bei dem der Beklagten zu 2) beschäftigt ist, zum Bezirk des Landgerichts Arnsberg gehört, hat die Klägerin bereits in der Klageschrift hat die Klägerin beantragt, gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht das für den Rechtsstreit örtlich zuständige Gericht zu bestimmen.

Mit prozessleitender Verfügung vom 22.10.2019 hat das Landgericht Hagen das schriftliche Vorverfahren angeordnet, die Zustellung der Klageschrift veranlasst und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm unter Bezugnahme auf den Antrag der Klägerin zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt (Bl. 471 ff. d.A.).

3. Der Senat hat die Klägerin auf Bedenken hingewiesen, die gegen die Zulässigkeit bzw. Begründetheit ihres Antrags aus seiner Sicht bestehen und den Beklagten rechtliches Gehör zu diesem Antrag gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 12.11.2019 hingewiesen (Bl. 480 f. d.A.).

Die Klägerin hat dazu Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 02.12.2019 Bezug genommen (Bl. 514 f. d.A.).

Der Beklagte zu 1) hat darum gebeten, das Landgericht Hagen für örtlich zuständig zu erklären (Bl. 513 d.A.).

Der Beklagte zu 2) hat zur Frage der Zuständigkeitsbestimmung keine Stellungnahme abgegeben.

II. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3...

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