Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtspflichten des Notars beim Vollzug eines Grundstückskaufvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der einseitige Widerruf einer Vollzugsanweisung einer der Vertragsparteien darf von dem Notar grundsätzlich nicht beachtet werden.

2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nicht bereits dann vor, wenn die Vertragsparteien über die Wirksamkeit des von dem Verkäufer nach Fristsetzung gem. § 323 Abs. 1 BGB erklärten Rücktritts vom Vertrag streiten.

3. Im Falle der Unbeachtlichkeit des einseitigen Widerrufs hat der Notar den Vollzug des Vertrages weiter durchzuführen. Eine entsprechende Anwendung des § 54c Abs. 3 BeurkG, die zu einem Stillstand der weiteren Vollziehung führen könnte, kommt im Bereich des Grunbuchvollzugs gem. § 53 BeurkG nicht in Betracht.

 

Normenkette

BeurkG §§ 53, 54c Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 01.06.2005; Aktenzeichen 7 T 685/04)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1)-7) gegen den Vorbescheid des Notars Dr. H. in F. vom 3.11./6.11.2004 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1)-7) haben den Beteiligten zu 8) die ihnen im Verfahren der Erstbeschwerde entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht statt.

Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der ersten und weiteren Beschwerde auf jeweils 100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch Grundstückskaufvertrag vom 12.2.2004, den der Notar Dr. H. mit Amtssitz in F. unter der UR-Nr. .../2004 beurkundete, veräußerten die Beteiligten zu 1)-7) den ihnen gehörenden Grundbesitz N.-Straße in F. an die Beteiligten zu 8) zu einem Kaufpreis von 1.180.000 EUR. Die Zahlung des Kaufpreises hatte nach II. des Vertrages mit befreiender Wirkung ggü. sämtlichen Veräußerern auf das Konto Nr. ..1 des Bankhauses P. in L. zu erfolgen. Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Zahlung sollte nach dem Kaufvertrag der Tag des Geldeinganges auf dem Konto der Zahlungsempfänger sein. Hinsichtlich der Fälligkeit vereinbarten die Beteiligten, dass diese unter bestimmten Bedingungen eintreten sollte, frühestens jedoch zum 31.3.2004. Zwischen ihnen ist unstreitig, dass die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung zum 24.4.2004 eingetreten ist.

Unter IV. des Vertrages erklärten die Beteiligten die Auflassung und wiesen den Notar an, "den Umschreibungsantrag dem Grundbuchamt erst dann vorzulegen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises vom Verkäufer bestätigt oder vom Erwerber nachgewiesen wurde."

Die Beteiligten zu 8) konnten bei Fälligkeit den Kaufpreis nicht zahlen. Über die Frage, wie weiter vorzugehen sei, fanden Verhandlungen mit einem umfangreichen Schriftwechsel statt. Die Beteiligten zu 8) zahlten bis zum 1.10.2004 auf das im Kaufvertrag angegebene Konto durch vier Überweisungen insgesamt 1.080.000 EUR ein. Im Rahmen der geführten Korrespondenz forderte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1)-7) die Beteiligten zu 8) mit Schreiben vom 6.8.2004 u.a. auf, Verzugszinsen zu zahlen und versicherte insoweit anwaltlich, dass eine Geldempfangsvollmacht vorliege. Mit einem weiteren Schreiben vom 8.10.2004 an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) setzte er diesen eine Frist zur Zahlung des Restkaufpreises. In diesem Schreiben heißt es u.a.:

"Ich setze hiermit ihren Mandanten eine Frist zur vollständigen Kaufpreiszahlung, wobei fristwahrend nur der Zahlungseingang ist und zwar bis zum 20.10.2004. Nach Ablauf dieser Frist ohne vollständige Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und der zwischenzeitlich weiter gehend fällig gewordenen Beträge, werden sich meine Mandanten von dem Kaufvertrag lösen."

Am 20.10.2004 erschienen die Beteiligten zu 8) im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1)-7). Sie übergaben der dort tätigen Rechtsanwältin I. ein Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20.10.2004 mit einem Verrechnungsscheck über 100.000 EUR, der nach dem Schreiben zur Erfüllung des restlichen Kaufpreises dienen sollte. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1)-7) gab mit Schreiben vom 21.10.2004 an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) den Scheck "zu seiner Entlastung" zurück und erklärte zugleich den Rücktritt von dem Kaufvertrag vom 12.2.2004. Diese Rücktrittserklärung ging dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) spätestens am 28.10.2004 zu, als dieser den auf einer Poststelle zur Abholung bereit liegenden Einschreibebrief abholte. Ob bereits am 25.10.2004 ein vergeblicher Zustellversuch im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) durchgeführt, dieser darüber mit einem Benachrichtigungsschein unterrichtet worden ist und deshalb ggf. bereits zu einem vor dem 28.10.2004 liegenden Zeitpunkt von einem Zugang der Rücktrittserklärung auszugehen ist, ist zwischen den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht streitig. Mit weiterem Schreiben vom 21.10.2004 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1)-7)...

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