Leitsatz (amtlich)

Eine Gerichtsstandbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann ausgeschlossen sein, wenn zunächst ein gemeinsamer Gerichtsstand gegen die zu verklagenden Streitgenossen bestanden hat, der Kläger sich aber der Möglichkeit einer gemeinsamen Rechtsverfolgung an diesem Gerichtsstand dadurch begeben hat, dass er mit nur einem Streitgenossen einen ausschließlichen anderen Gerichtsstand vereinbart hat.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 38

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 2 O 263/19)

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die in E ansässige Klägerin nimmt die Beklagten, die ihren Wohn- und Geschäftssitz jeweils in C haben, mit einer bei dem Landgericht Dortmund eingereichten Klage als Gesamtschuldner auf Zahlung aus einem Mandatsverhältnis in Anspruch.

Nach dem Vortrag der Klägerin beabsichtigten die Beklagten, die Modalitäten der Veräußerung der Beklagten zu 2) von der Klägerin prüfen zu lassen. Bei dem Beklagten zu 1) handele es sich um den Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Die Parteien schlossen vor diesem Hintergrund am 07.08.2018 eine "Mandatsvereinbarung". In der Vereinbarung, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es unter Ziff. 8.1 u. a.: "Ausschließlicher Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist E."

Die Klägerin meint, gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Beraterhonorars zu haben.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, das Landgericht Dortmund sei jedenfalls für die Klage gegen den Beklagten zu 1) nicht zuständig, weil die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes in Ziff. 8.1 der Mandatsvereinbarung unzulässig sei.

Das Landgericht Dortmund hat mit Verfügung vom 09.01.2020 u. a. darauf hingewiesen, dass die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts hinsichtlich des Beklagten zu 1) nicht gegeben sei. Die Gerichtsstandvereinbarung binde diesen nicht, weil die Voraussetzungen des § 38 ZPO nicht vorlägen. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich auch nicht aus den gesetzlichen Vorschriften.

Die Klägerin hat nach weiterem entsprechendem Hinweis des Landgerichts mit Schriftsatz vom 19.02.2020 mit bei dem Oberlandesgericht Hamm den Antrag gestellt, das Landgericht Dortmund als zuständiges Gericht zu bestimmen. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, es müsse verhindert werden, dass wegen desselben Streitgegenstandes zwei Verfahren vor unterschiedlichen Gerichten geführt würden. Dem Beklagten zu 1) sei es zumutbar, sich vor dem Landgericht Dortmund verklagen zu lassen.

Den Parteien ist mit Verfügung vom 09.03.2020 Gelegenheit zur Stellungnahme zur Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht gegeben worden. Allein die Beklagten haben Stellung genommen und im Wesentlichen ausgeführt, eine Bestimmung des Landgerichts Dortmund als insgesamt zuständigem Gericht komme nicht in Betracht. Es bestehe für beide Beklagten ein gemeinsamer allgemeiner Gerichtsstand bei dem Landgericht Bielefeld. In dessen Zuständigkeitsbereich seien auch alle Leistungen erbracht worden. Das Landgericht Bielefeld möge daher als zuständiges Gericht bestimmt werden. Im Übrigen möge überprüft werden, ob die Gerichtsstandsvereinbarung nicht insgesamt unwirksam sei, weil sie im Hinblick auf den Beklagten zu 1) unwirksam sei.

II. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.

Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug zunächst höhere bestimmt, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

1. Die Beklagten sollen nach dem Willen der Klägerin weder im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden noch haben sie ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten. Der allgemeiner Gerichtsstand der Beklagten liegt aufgrund ihres Wohn- bzw. Geschäftssitzes nach §§ 13, 17 ZPO bei dem Landgericht Bielefeld. Die Klägerin will aber beide Beklagte bei dem Landgericht Dortmund verklagen.

Damit sind nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nicht gegeben.

2. Ein Ausnahmefall, in dem dennoch ein für den Rechtsstreit gegen beide Beklagten zuständiges Gericht bestimmt werden kann, liegt nicht vor.

Für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist kein Raum, wenn der Kläger mit einem der Streitgenossen eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen hat (Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 36 Rn. 24). Nur ausnahmsweise steht die mit einem Streitgenossen geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung einer Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen, wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand mit den übrigen Streitgenossen nie bestanden hat und das im Verhältnis zu einem Streitgenossen prorogierte Ger...

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