Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustandekommen des Versicherungsvertrags nach § 5a VVG aF; VN bestreitet Zugang des Versicherungsscheins

 

Leitsatz (amtlich)

1. Behauptet der Versicherer einen Vertragsschluss nach dem sog. Policenmodell gem. § 5a Abs. 1 VVG aF und bestreitet der Versicherungsnehmer den Zugang des Versicherungsscheins, so genügt der Versicherungsnehmer seiner prozessualen Last aus § 138 Abs. 2 ZPO nicht, wenn er hierzu lediglich erklärt, der Versicherungsschein finde sich nicht bei seinen Unterlagen. Der Versicherungsnehmer hat in einem solchen Fall greifbare Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass er den Versicherungsschein nicht bekommen hat. Bloße Vermutungen genügen nicht.

Bestreitet der Versicherungsnehmer den Zugang des Versicherungsscheins mit Nichtwissen, so hat er glaubhaft zu machen, dass er keine Erinnerung mehr an die Vorgänge nach Antragstellung hat.

2. Hat der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsantrag über einen dazu bevollmächtigten Makler gestellt, so ist ihm die Kenntnis des Maklers von den Bedingungen des Versicherers gem. § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.

3. Leistungsbegrenzungen für Zahnersatz stellen in der Krankheitskostenversicherung übliche Einschränkungen des Versicherungsschutzes dar, die nicht als ungewöhnlich iSd § 305c BGB anzusehen sind.

Solche Leistungsbegrenzungen widersprechen auch nicht dem gesetzlichen Leitbild der Krankenversicherung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

4. Eine mit der Berufung geltend gemachte Klageerweiterung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen wird.

 

Tenor

Die Berufung ist nach diesem Hinweisbeschluss zurückgenommen worden.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat, soweit sie sich gegen das angefochtene Urteil richtet, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist auch sonst nicht geboten.

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Krankenversicherung auf Erstattung von Zahnarztrechnungen sowie auf die Feststellung in Anspruch, dass die tarifgemäßen Leistungseinschränkungen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind.

Unstreitig beantragte die Klägerin am 02.07.2007 über einen Versicherungsmakler bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung zum Tarif KVG 2 ab dem 01.01.2008. Der gewählte Tarif sieht in Ziffer 3.1 die Erstattung von "Zahnbehandlungen" zu 100 % vor.

Als Zahnbehandlungen gelten danach:

"Allgemeine zahnärztliche Leistungen, prophylaktische Leistungen, konservierende Leistungen (mit Ausnahme von Kronen und Einlagefüllungen), chirurgische Leistungen, Leistungen bei Erkrankungen der Mundschleimhaut und des Parodontiums sowie Röntgenuntersuchungen."

Ziffer 3.2 schreibt für "Zahnersatz und Kieferorthopädie" demgegenüber eine Erstattung zu 50 % sowie jährliche Erstattungshöchstbeträge vor, ab dem siebten Versicherungsjahr in Höhe von 2.500,00 Euro pro Jahr. Dazu heißt es:

"Als Zahnersatz gelten:

Prothetische Leistungen einschließlich Kronen und Einlagefüllungen(auch bei Versorgung eines Einzelzahns), Eingliederung von Aufbissbehelfen und Schienen, funktionsanalytische und funktionstherapeutische sowie implantologische Leistungen."

Zu Ziffer 3.1 und 3.2 der Tarifbedingungen sind die Leistungen zudem auf die Regelhöchstsätze der jeweils gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ) begrenzt.

Schließlich ist unter Ziffer 4.1 für den Tarif KVG 2 ein jährlicher Selbstbehalt von 300,00 Euro festgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten vorgelegten AVB und Tarifbedingungen (Anlagen B 1 und B 4) verwiesen.

Unstreitig nahm die Beklagte den Antrag der Klägerin an und policierte den Vertrag mit Versicherungsschein vom 09.07.2007, wobei der Zeitpunkt des Zugangs an die Klägerin streitig ist.

Im Jahr 2014 beabsichtigte die Klägerin, ihre Zähne von der Zahnarztpraxis C sanieren zu lassen, und reichte der Beklagten einen Behandlungs- und Kostenplan vom 02.06.2014 über einen Gesamtbetrag von 15.060,74 Euro ein. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 14.07.2014, sie werde für Zahnersatzleistungen den Erstattungshöchstbetrag von 2.500,00 Euro erbringen.

Die Klägerin stellte sich daraufhin mit anwaltlichen Schreiben vom 20. und 25.08.2014 auf den Standpunkt, die Leistungseinschränkungen der Tarifbedingungen seien unwirksam, weshalb sie Anspruch auf volle Kostenübernahme habe.

Dennoch erstattete die Beklagte auf die von der Klägerin eingereichte Rechnung der Praxis C vom 11.09.2014 iHv 5.953,46 Euro lediglich einen Betrag iHv 2.704,21 Euro, woraufhin die Klägerin Klage erhob. Ihre zahnärztliche Behandlung wurde während des Verfahrens von einer Zahnarztpraxis in...

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