Leitsatz (amtlich)

1. Sieht die Teilungserklärung ein Stimmrecht in der Eigentümerversammlung nach Anzahl der Sondereigentumseinheiten vor, so führt die Unterteilung eines Wohnungseigentums nicht zu einer Stimmrechtsvermehrung.

2. Allein der Umstand, dass das Sondereigentum an drei räumlich selbstständigen Wohnungseinheiten besteht, lässt nicht eine Auslegung der Teilungserklärung zu, dass die Unterteilung des betreffenden Wohnungseigentums zu einer Stimmrechtsvermehrung führen solle.

 

Normenkette

WEG § 25 Abs. 2, § 8

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 9 T 449/01 WEG)

AG Kamen (Aktenzeichen 9 II 141/01 WEG)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses teilweise abgeändert wird. Außergerichtliche Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die weitere Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten zu 3) und 4) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 10.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind Wohnungseigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage, wobei die Beteiligten zu 2) a) und b) Erben des verstorbenen früheren Wohnungseigentümers und Beteiligten Y. sind.

Mit der ursprünglichen Teilungserklärung vom 30.11.1990 hatte die Beteiligte zu 3) Wohnungseigentum für 4 Wohnungseigentumseinheiten begründet. In dieser Teilungserklärung heißt es in § 15:

„Das Stimmrecht der Wohnungseigentümer wird mit einer Stimme pro Eigentumswohnung bemessen.”

Unter dem 29.5.1992 ist diese Teilungserklärung dahin geändert worden, dass die Aufteilung des Eigentums statt in 4 in 3 Miteigentumsanteile erfolgte. Die Beteiligte zu 3) hat mit notarieller Erklärung vom 5.8.1996 ihr Wohnungseigentum aufgeteilt in der Weise, dass aus ihrem Wohnungseigentum zwei Wohnungseigentumseinheiten geschaffen wurden. Die zweite, neu geschaffene Wohnungseigentumseinheit hatte die Beteiligte zu 3) sodann an die Beteiligte zu 4) veräußert.

Die Beteiligten streiten über die Stimmrechtsverhältnisse in der Wohnungseigentumsanlage nach dieser Veräußerung. Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss entspr. dem Antrag der Beteiligten zu 1) und des früheren Beteiligten Y. festgestellt, dass den Beteiligten zu 3) und 4) hinsichtlich ihrer Wohnungseigentumsanteile nur je 1/2 Stimmrecht zusteht. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 11.9.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) und 4), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.10.2001 bei dem LG eingelegt haben.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 3) und 4) folgt bereits daraus, dass ihre sofortige Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3) und 4) ausgegangen. Auch in der Sache hält die Entscheidung des LG rechtlicher Nachprüfung stand.

Der Senat tritt der Rechtsauffassung des LG bei, dass den Beteiligten zu 3) und 4) nur jeweils lediglich 1/2 Stimmrecht zusteht.

Im vorliegenden Fall gilt für das Stimmrecht nach § 15 der Teilungserklärung weder das Wertprinzip (Bemessung des Stimmrechtes nach Miteigentumsanteilen) noch das Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 S. 1 WEG, sondern das sog. Objektprinzip, wonach auf jedes Wohnungseigentum grundsätzlich eine Stimme entfällt. Damit stellt sich die vom LG zutreffend aufgeworfene Frage, ob durch die Unterteilung eines Wohnungseigentums eine Stimmrechtsvermehrung eintritt oder das – selbstständige – Stimmrecht der Erwerber aufzuteilen ist.

Gegen die von dem Beteiligten zu 3) und 4) vertretene Auffassung, die Erwerber hätten jeweils ein (volles) Stimmrecht mit der Folge, dass eine Stimmrechtsvermehrung stattfindet, bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Durch die Unterteilung eines Miteigentumsanteils darf sich nämlich grundsätzlich der Status der übrigen Wohnungseigentümer nicht verändern; auch muss bei Abstimmungen die ursprüngliche Stimmenzahl deshalb grundsätzlich gleich bleiben. Die Rechtsstellung der übrigen Miteigentümer darf nämlich nach der Begründung von neuem Wohnungseigentum durch Teilung des bisherigen Wohnungseigentums nicht verschlechtert werden. Diese Auffassung entspricht der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Lit. (vgl. OLG Düsseldorf v. 24.1.1990 – 3 Wx 571/89, MDR 1990, 633 = NJW-RR 1990, 521; BayObLG v. 17.1.1991 – BReg.2 Z 161/90, NJW-RR 1991, 910; KG NZM 1999, 850 [852]; OLG Köln WE 1992, 259 [260]; Bärmann/Merle, 8. Aufl., § 25 WEG R...

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