Leitsatz (amtlich)

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass nur in eng zu fassenden Ausnahmefällen gemäß § 36 I Nr. 3 ZPO ein Gericht bestimmt werden kann, bei dem keiner der in Anspruch genommenen Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Eine derartige Ausnahme ist denkbar, wenn die Wahl des durch den Standort des Bauwerks gemäß § 29 ZPO begründeten besonderen Gerichtsstand eine Beweisaufnahme durch die örtliche Nähe zum Objekt der Beweiserhebung spürbar erleichtern würde. Ein derartiger Ausnahmefall kann demgegenüber zu verneinen sein, wenn ein allgemeiner Gerichtsstand eines Verfahrensbeteiligten eine örtliche Nähe zum Bauwerk aufweist und als Gerichtsstand gleichermaßen zweckmäßig und prozessökonomisch ist.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Landgericht X bestimmt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller betreiben gegen die Antragsgegner ein selbständiges Beweisverfahren zu Fragen von Ablagerungen in einem in F gelegenen Schwimmbad. Zum Hintergrund tragen sie in groben Zügen Folgendes vor:

Die Antragsgegnerin zu 1 werde aufgrund einer Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch genommen, die sie für ein zwischenzeitlich insolventes Bauunternehmen gestellt habe. Mit dem Bauunternehmen hätten die Antragsteller einen Vertrag über Fliesenarbeiten im Schwimmbad geschlossen. Da es nach Befüllung des Schwimmbads zu Ablagerungen gekommen sei, gehen die Antragsteller davon aus, dass dem Bauunternehmen bei der Materialauswahl und/oder bei der Ausführung der Arbeiten Fehler unterlaufen seien. Der Antragsgegner zu 2 sei als Generalplaner

mit dem Bauvorhaben befasst gewesen. Die Antragsteller gehen davon aus, dass ihm Planungs- und/oder Überwachungsfehler unterlaufen seien.

Nachdem das Landgericht F die Antragsteller darauf hingewiesen hatte, dass seine Zuständigkeit hinsichtlich des gegen die Antragstellerin zu 1 gerichteten Antrags nicht zu erkennen sei, haben die Antragsteller beim Senat die Zuständigkeitsbestimmung beantragt "- jedenfalls sofern sich die Antragsgegnerin zu 1. nicht rügelos einlässt". Sie schlagen vor, das Landgericht F zu bestimmen. Dort befinde sich zwar nicht der allgemeine Gerichtsstand eines Antragsgegners, allerdings der Gerichtsstand des Erfüllungsorts für den gegen den Antragsgegner zu 2 gerichteten Antrag. Auch für den Bauvertrag, für den die Antragsgegnerin zu 1 die Gewährleistungsbürgschaft abgegeben habe, hätte der Gerichtsstand gem. § 29 ZPO in F bestanden. Schließlich sei die Bestimmung des Landgerichts F wegen der Nähe zum Ort des Bauvorhabens zweckmäßig.

Die Antragsgegner haben sich bislang weder zur Sache noch zur Zuständigkeitsbestimmung geäußert.

II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen, da die für eine Zuständigkeitsbestimmung in Betracht kommenden Gerichtsstände in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen, so dass das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof wäre. Das im hiesigen Bezirk befindliche Landgericht F war als erstes mit der Sache befasst.

Die Antragsgegner sind Streitgenossen im Sinne der §§ 59 f. ZPO. Die Gewährleistungsbürgin des Bauunternehmens und der Architekt werden für Mängel am selben Bauwerk aufgrund eines im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grundes im Sinne des § 60 ZPO in Anspruch genommen.

Es ist kein gemeinsamer Gerichtsstand beider Antragsgegner festzustellen. Der allgemeine Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 1 befindet sich in I, der des Antragsgegners zu 2 mit T im Bezirk des Landgerichts X. Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand lässt sich für den Rechtsstreit nicht zuverlässig feststellen. Insbesondere besteht für den Bürgen kein Gerichtsstand gem. § 29 ZPO am Ort des Bauvorhabens.

Als zuständiges Gericht wird gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das Landgericht X bestimmt.

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf der Grundlage von Erwägungen der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit. Dabei kann gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO regelmäßig nur ein Gericht bestimmt werden, bei dem wenigstens einer der in Anspruch genommenen Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann ein anderes Gericht bestimmt werden (vgl. Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 36 ZPO Rn. 17 f.). Der Senat hält an seiner engen Auslegung der Ausnahmefälle fest: Soweit es in der Kommentierung ohne weitere Einschränkung für zulässig erachtet wird, ein Gericht zu bestimmen, an dem für eine Partei der besondere Gerichtsstand gem. § 29 ZPO eröffnet ist (Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 36 ZPO Rn. 18, auch Zöller/Schultzky, 32. Aufl. 2018, § 36 ZPO Rn. 29), findet diese Auffassung in der dem Senat bekannten Rechtsprechung keine Stütze und entspricht in dieser Allgemeinheit auch nicht der Auffassung des Senats. Allerdings geht der Senat weiterhin wie in dem vo...

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