Leitsatz (amtlich)

Die örtliche Zuständigkeit für eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung von Kindesunterhalt aus einer notariellen Urkunde richtet sich nach § 797 Abs. 5 ZPO, der insofern die Zuständigkeitsregelung des § 642 ZPO verdrängt.

 

Normenkette

ZPO §§ 12-13, 767, 797 Abs. 5, § 802

 

Verfahrensgang

AG Tecklenburg (Aktenzeichen 1 F 383/02)

 

Tenor

Das AG – FamG – Tecklenburg ist für das Verfahren zuständig.

 

Gründe

Der Kläger begehrt mit seiner Klage, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren notariellen Urkunde des Notars B. vom 30.4.1999, durch welche der Kindesunterhalt der Beklagten tituliert wurde, für unzulässig zu erklären, da er Einwendungen ggü. dem titulierten Anspruch erhebt. Mit Beschluss vom 7.8.2002 erklärte sich das AG I. für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf fernmündlichen Antrag des Klägers an das für den Wohnsitz, des Klägers zuständige AG T. Dieses erklärte sich seinerseits mit Beschluss vom 28.8.2002 unter Hinweis darauf für örtlich unzuständig, dass der Gerichtsstand der minderjährigen Kinder nach § 642 Abs. 1 ZPO ggü. dem des Schuldners aus der vollstreckbaren Urkunde vorrangig sei, und legte die Sache dem OLG Hamm zur Entscheidung über die Zuständigkeit vor.

Das OLG Hamm ist als das ggü. den beiden um die Zuständigkeit streitenden Gerichte im Rechtszug zunächst höhere Gericht für die Entscheidung zuständig. Die Entscheidung folgt aus § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, da hier ein Kompetenzstreit zwischen zwei Gerichten vorliegt, die sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

Das AG T. ist als das Gericht des allgemeinen Gerichtsstands des Klägers, §§ 12, 13 ZPO, für die Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage gem. den §§ 797 Abs. 5, 802 ZPO ausschließlich zuständig. Der BGH (FamRZ 2001, 1705 ff.) hat in seinem Urteil vom 22.8.2001 entschieden, dass für die Vollstreckungsabwehrklagen gegen Unterhaltstitel minderjähriger Kinder auch nach Einführung des § 642 Abs. 1 ZPO das Gericht des ersten Rechtszuges des Verfahrens, das zu dem angegriffenen Titel geführt hat, ausschließlich zuständig ist. Zur Begründung wird ausgeführt, dass durch die besondere Zuständigkeit des Prozessgerichts des ersten Rechtszuges für die Vollstreckungsabwehrklage sichergestellt werden solle, dass die von diesem Gericht im Vorprozess erworbene Sachkunde für die Vollstreckungsabwehrklage ausgenutzt werden könne. Der Gesetzgeber habe, obgleich ihm die Rechtsprechung, die zur Neueinführung des § 621 Abs. 2 ZPO ergangen ist und den Konflikt der beiden ausschließlichen Gerichtsstände dahin gehend gelöst hat, dass es beim Vorrang des Gerichtsstandes der Vollstreckungsabwehrklage verbleiben solle, gleichwohl bei Einführung des § 642 Abs. 1 ZPO die bisherige Zuständigkeit für Vollstreckungsabwehrklagen gegen Kindesunterhaltstitel nicht geändert und sich hierzu auch nicht in diesem Sinne in den Materialien geäußert.

Es ist nicht zu verkennen, dass der vom BGH angesprochene prozessökonomische Zweck, Vollstreckungsabwehrklagen bei dem bereits befassten Gericht anzusiedeln, auf vollstreckbare Urkunden nicht im gleichen Maße zutreffen kann, da diese Titel gerade nicht von einem Gericht errichtet worden sind. Gleichwohl ist der Senat der Auffassung, dass auch bei diesen Vollstreckungsabwehrklagen der grundsätzliche Vorrang der besonderen Zuständigkeitsregelungen des Vollstreckungsrechts deshalb zu beachten ist, weil diese ggü. den allgemeinen Gerichtsständen spezieller sind. Auch hier gilt, dass der Gesetzgeber bei Einführung des § 642 ZPO einen Vorrang des Gerichtsstandes des Kindes ggü. dem des § 797 Abs. 5 ZPO nicht geregelt hat, obgleich ihm bekannt war, dass Kindesunterhalt häufig durch vollstreckbare Urkunden tituliert wird. Im Übrigen scheint auch das AG I. als das für den Wohnsitz der Kinder zuständige Gericht bislang noch nicht mit diesbezüglichen Verfahren befasst gewesen zu sein, da insoweit kein Vermerk über Vorstücke in der Akte befindlich ist, so dass auch im konkreten Fall kein Grund besteht, hier eine vorrangige Sachkompetenz des AG I. anzunehmen.

Völker Finke Kurz

 

Fundstellen

Haufe-Index 1106223

InVo 2003, 362

OLGR Hamm 2003, 104

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