Verfahrensgang

AG Bochum (Entscheidung vom 27.10.2009; Aktenzeichen 35 Cs-61 Js 749/09-275/09)

 

Tenor

Die Revision wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bochum verurteilte den Angeklagten am 27. Oktober 2009 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 15,00 €, entzog ihm die Fahrerlaubnis, zog seinen Führerschein ein und wies die Straßenverkehrsbehörde an, ihm vor Ablauf von noch zehn Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte befuhr am 14. Juni 2009 gegen 06.45 Uhr mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen #######, die G-Straße in C3. Dort fand eine polizeiliche Kontrolle im Hinblick auf Alkoholfahrten statt. Bei einem freiwillig durchgeführten Atemalkoholtest wurde bei dem Angeklagten eine Atemalkoholkonzentration von 0,76 mg festgestellt. Die daraufhin von dem Polizeibeamten und Zeugen I angeordnete, um 07.10 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,49 Promille. An diesem Tag, einem Sonntag, begann der richterliche Eildienst, wie dem Zeugen I bekannt war, erst um 7.30 Uhr. Ein Versuch einer telefonischen Kontaktierung eines Richters oder Staatsanwalts fand nicht statt.

Gegen dieses, seinem Verteidiger am 23. März 2010 zugestellte Urteil hat der Angeklagte durch anwaltlichen Schriftsatz vom 02. November 2009, am 03. November 2009 bei dem Amtsgericht Bochum eingegangen, Rechtsmittel eingelegt.

Dieses hat er mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 16. Dezember 2009, am

17. Dezember 2009 bei dem Amtsgericht Bochum eingegangen, als Revision bezeichnet und begründet. Mit näheren Ausführungen rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er macht insbesondere die Verletzung des § 244 Abs. 1, 2 i.V.m. § 81 a Abs. 2 StPO durch die willkürliche Annahme von Gefahr im Verzug bei der Anordnung der Blutentnahme durch den Zeugen PK I sowie die Verletzung des § 81 a Abs. 2 StPO (hilfsweise i.V.m. §§ 105 Abs. 1 Satz 1, 104 Abs. 3 StPO analog) wegen der willkürlichen Nichteinrichtung eines ordnungsgemäßen Bereitschaftsrichterdienstes zur Tagzeit am Amtsgericht Bochum geltend.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Revision ist zwar zulässig, erweist sich aber als unbegründet.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere ist die Auffassung des Amtsgerichts, das zu Lasten des Angeklagten verwertete Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung unterliege keinem Beweisverwertungsverbot, rechtlich nicht zu beanstanden.

1.

a)

Die erhobene Verfahrensrüge, die dem Angeklagten entnommene Blutprobe sei wegen der Verletzung des Richtervorbehalts nach § 81 a Abs. 2 StPO nicht verwertbar gewesen, entspricht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO. Insbesondere enthält die Verfahrensrüge auch die erforderlichen Angaben, dass der Angeklagte der Verwertung des Ergebnisses der Blutprobe in der Hauptverhandlung rechtzeitig, nämlich bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt, widersprochen hat (vgl. hierzu ausführlich die Beschlüsse des hiesigen 3. Strafsenats vom 25. August 2008 - 3 Ss 318/08 -, abgedruckt in NJW 2009, 242 f., und vom 26. Februar 2009

- 3 Ss 7/09 -; OLG Hamburg NJW 2008, 2597 = NZV 2008, 362). Zudem teilt der Revisionsführer den genauen Wortlaut der Erklärung mit, mit der er der Verwertung der Blutprobe in der Hauptverhandlung vor der Verlesung des Blutalkoholgutach-

tens widersprochen hat (vgl. hierzu Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom

26. Februar 2009 - 3 Ss 7/09).

b)

Die Verfahrensrüge muss jedoch in der Sache erfolglos bleiben.

aa)

Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei die Ergebnisse der Blutalkoholuntersuchung auf Grund der am 14. Juni 2010 von dem Polizeibeamten I ohne weiteres selbst angeordneten Blutentnahme zu Lasten des Angeklagten verwertet. Die Beweiserhebung - die Entnahme der Blutprobe - ist zwar unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81 a Abs. 2 StPO erfolgt. Dies zieht jedoch vorliegend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls kein Beweisverwertungsverbot nach sich.

(1)

Nach den Urteilsfeststellungen lagen bei der durch den Polizeibeamten wegen Gefahr im Verzug selbst angeordneten Blutentnahme zu Beweiszwecken zwar aufgrund des vorher freiwillig durchgeführten Atemalkoholtests mit einem Ergebnis von 0,76 mg die materiellen Eingriffsvoraussetzungen des § 81 a Abs. 1 StPO vor, jedoch sind die formellen Voraussetzungen des § 81 a Abs. 2 StPO nicht beachtet worden.

Gemäß § 81 a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu. Nur bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch die vorherige Einholung einer richterlichen Entscheidung infolge der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung kann ein solcher Eingriff ausnahmsweise durch ...

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