Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung gegen Verurteilten zugunsten des Nebenklagebeistands. Erstattungsfähigkeit von Auslagen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der nach § 397a Abs. 1 StPO dem Nebenkläger als Beistand bestellte Rechtsanwalt kann seinen über die gesetzliche Vergütung aus der Staatskasse gezahlten Beträge hinausgehenden Gebührenanspruch gegen den rechtskräftig verurteilten Angeklagten selbst beitreiben und festsetzen lassen (Anschluss OLG Hamm, Beschluss vom 05. Juli 2012 - III-2 Ws 136/12 -, [...]).

2. § 53 Abs. 2 S. 1 RVG lässt nur die Geltendmachung von Gebühren eines gewählten Beistands gegen den Verurteilten zu, gewährt aber keinen Anspruch auf Zahlung von Auslagen.

 

Normenkette

StPO § 397a Abs. 1; RVG § 53 Abs. 2 S. 1; StPO § 464b

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Entscheidung vom 23.08.2013; Aktenzeichen 31 Ks 11 Js 813/12 - 1/13)

 

Tenor

Die angefochtenen Beschlüsse werden aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die von dem durch Urteil des Landgerichts Siegen vom 23.08.2013 (31 Ks 11 Js 813/12 - 1/13) rechtskräftig verurteilten S an den für die Nebenklägerin I als Beistand bestellten Rechtsanwalt T in L zu zahlenden Gebühren werden auf insgesamt 733,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 09.02.2016 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Verurteilte und der Nebenklagebeistand jeweils zur Hälfte, wobei die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren um die Hälfte ermäßigt wird. Im Übrigen findet eine Erstattung der den Beteiligten im Beschwerdeverfahren notwendigen Auslagen nicht statt.

Der Beschwerdewert wird auf 1.545,81 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts - Schwurgericht - Siegen vom 23.08.2013, das seit dem 11.10.2013 rechtskräftig ist, wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Dem Verurteilten wurden außerdem die Kosten des Verfahrens und die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Verurteilte am 03.12.2012 seiner früheren Schwiegermutter, der damals 70 Jahre alten I, im Verlauf eines in ihrem Haus geführten und von ihm - von ihr unbemerkt - als enttäuschend und kränkend empfundenen Gesprächs im Zustand der infolge eines plötzlichen "Affektsturms" erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit zunächst mit einem massiven hölzernen Fleischschneidebrett von hinten mindestens drei Mal wuchtig auf den Kopf eingeschlagen, bis das Brett in zwei Teile zerbrach. Anschließend setzte er sich auf die nun mit blutenden Kopfverletzungen auf dem Bauch liegende Geschädigte und drückte ihr mehrfach ein Stofftuch und zeitweise auch seine Hände von Nase und Mund, bis er von einer Nachbarin der Geschädigten überrascht wurde und daraufhin von der Geschädigten abließ. Die durch die Tat noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung erheblich körperlich und psychisch beeinträchtigte Geschädigte verlor während dieses Geschehens beinahe das Bewusstsein und schwebte in akuter Lebensgefahr, nachdem ihr der Verurteilte wenigstens einmal für mindestens 10 bis 15 Sekunden die Luftzufuhr unterbunden hatte.

Die Geschädigte wurde durch Beschluss des Landgerichts Siegen vom 16.05.2013 als Nebenklägerin zugelassen. Mit Beschluss vom 14.06.2013 wurde ihr der für sie bereits im Ermittlungsverfahren tätige Rechtsanwalt T in L als Beistand nach § 397 a Abs. 1 Nr. 1 StPO bestellt.

Am 31.10.2013 wurde entsprechend dem Antrag des Nebenklagebeistands vom 05.09.2013 (Bl. 612 f. d. A.) die an diesen als gerichtlich bestellten Beistand der Nebenklägerin zu zahlende Vergütung (Gebühren und Auslagen) aus der Staatskasse auf 3.466,89 € (Gebührenanteil ohne Mehrwertsteuer: 2.466,00 €) festgesetzt und die Auszahlung dieses Betrages angewiesen.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2016 (Bl. 678 f. d. A.) beantragte der Nebenklagebeistand, "die Kosten gegen den Angeklagten gem. § 126 ZPO festzusetzen", und zwar in Höhe von 4.763,99 € abzüglich der "bereits im Wege der Beiordnung erhaltenen Kosten". Entsprechend der im Festsetzungsantrag in Ansatz gebrachten Gebühren und Auslagen hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Siegen mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.05.2016 (Bl. 689 f. d. A.) die aufgrund des Urteils vom 23.08.2013 "von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden Kosten" auf 1.297,10 € (= 4.763,99 € - 3.466,89 €) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 09.02.2016 festgesetzt.

Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Verurteilte noch am Tag der Zustellung mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.05.2016, der am selben Tag bei dem Landgericht Siegen eingegangen ist, "Erinnerung" eingelegt (Bl. 693 f. d. A.), insbesondere da - wie mit Schreiben vom 05.04.2016 eingewandt worden war (Bl. 684 f. d. A.) - nicht erkennbar sei, dass der Nebenklagebeistand...

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