Leitsatz (amtlich)

Der Widerruf eines Anerkenntnisses kann im anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht werden, auch wenn noch keine strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist

 

Verfahrensgang

AG Olpe (Beschluss vom 10.08.2016; Aktenzeichen 22 F 207/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Olpe vom 10.8.2016 und das Verfahren aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen.

Das AG hat auch über die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Frage zugelassen, ob für den Widerruf eines Anerkenntnisses im Beschwerdeverfahren gegen den nicht rechtskräftigen Anerkenntnisbeschluss die Voraussetzungen des § 581 ZPO erfüllt sein müssen.

 

Gründe

I. Die verheirateten Beteiligten leben seit 2010 getrennt. Aus der Ehe sind drei minderjährige Kinder hervorgegangen, die im Haushalt der Antragsgegnerin leben. Zu Gunsten der Kinder ist gegen den Antragsteller Kindesunterhalt in Höhe von 120 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzgl. hälftiges Kindergeld tituliert.

Zunächst mit Vergleich vom 16.8.2012 vor dem OLG Hamm (Aktenzeichen 4 UF 12/12) vereinbarten die Beteiligten die Verpflichtung des Antragstellers, an die Antragsgegnerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 700,- EUR zu zahlen. Sodann wurde der Antragsteller unter Abänderung dieses Vergleichs mit Beschluss des OLG Hamm vom 26.2.2015 (Aktenzeichen 4 UF 74/14) verpflichtet, an die Antragsgegnerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 922,- EUR zu zahlen. Im Scheidungsverfahren vor dem AG Olpe mit dem Aktenzeichen 22 F 413/11 erklärten die Beteiligten am 13.10.2015 zu Protokoll, dass der Antragsteller nur noch monatlich 485,- EUR Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin ab November 2015 zahlt; dies stellte keine abschließende Berechnung dar, vielmehr sollten Mehr- oder Minderbeträge später ausgeglichen werden.

Der Antragsgegner ist seinem weiteren Kind K, geboren am ....... 2014, und deren Mutter, mit denen er in einem gemeinsamen Haushalt lebt, zum Unterhalt verpflichtet. Nach Geburt des Kindes befand sich die Mutter in Elternzeit und bezog Elterngeld.

Der Antragsteller hat behauptet, sowohl bei ihm als auch bei der Antragsgegnerin seien Einkommensänderungen eingetreten.

Erstinstanzlich hat der Antragsteller die Abänderung des Beschlusses vom 26.2.2015 dahingehend begehrt, dass er an die Antragsgegnerin ab Zustellung (8.4.2016) keinen Trennungsunterhalt mehr zahlen muss.

Dem ist die Antragsgegnerin zunächst entgegengetreten und hat insgesamt Antragszurückweisung beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 10.8.2016 hat sie anerkannt, dass der Trennungsunterhalt ab Antragstellung auf monatlich 540,- EUR reduziert wird, und im Übrigen Antragszurückweisung beantragt.

Das AG hat einen Teilanerkenntnisbeschluss erlassen und in Abänderung des Beschlusses des OLG Hamm vom 26.2.2015 festgestellt, dass der Antragsteller aus dem Vergleich vom 16.8.2012 der Antragsgegnerin ab dem 8.4.2016 zur Zahlung eines Trennungsunterhalts in Höhe von monatlich 540,- EUR verpflichtet ist.

Nach der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin das abgegebene Anerkenntnis widerrufen und Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das AG eingelegt.

Dazu behauptet sie, Grundlage des Anerkenntnisses sei die Erklärung des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung gewesen, dass seine unterhaltsberechtigte Lebensgefährtin ihre Elternzeit verlängert habe und keiner Erwerbstätigkeit nachgehe. Diese Erklärung sei jedoch falsch. Tatsächlich arbeite die Lebensgefährtin - was unstreitig ist - seit April oder Mai 2016 an zwei Wochentagen und erziele monatlich zwischen 1.400,- EUR und 1.600,- EUR netto. Damit sei das Anerkenntnis der Antragsgegnerin aufgrund eines vollendeten Verfahrensbetruges durch den Antragsteller verursacht worden.

Der Antragsteller verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Er behauptet, das Anerkenntnis entspreche der materiellen Rechtslage, da die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf einen Trennungsunterhalt von mehr als 540,- EUR monatlich habe. Das Einkommen seiner Lebensgefährtin sei nicht zu berücksichtigen, da es aus überobligatorischer Tätigkeit stamme.

II.1. Die Beschwerde ist zulässig.

Der angefochtene Beschluss des AG ist als Teilanerkenntnisbeschluss auszulegen, obwohl er nicht als solcher bezeichnet wurde. Dies ergibt sich zum einen aus der Kostenentscheidung, die der Schlussentscheidung vorbehalten wurde, und zum anderen aus dem Verlauf der mündlichen Verhandlung, in der ein Teilanerkenntnis durch die Antragsgegnerin erklärt und vom Antragsteller der Erlass eines Teilanerkenntnisbeschlusses beantragt wurde. Die Beteiligten, zwischen denen der Beschluss seine Wirksamkeit entfalten soll, ergeben sich aus der Verfahrensakte; der Beschluss enthält kein Rubrum und wurde bislang nicht mit einem Rubrum ausgefertigt. Lediglich das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in dem der Beschlusstenor aufgenommen wurde,...

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