Leitsatz (amtlich)

Allein aus einem Globalverzicht folgt auch bei einem objektiv offensichtlichen Ungleichgewicht der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht zwangsläufig die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages, wenn ein Fall gestörter Vertragsparität nicht vorliegt.

 

Normenkette

BGB § 1410 Abs. 1, §§ 138, 242; VersAusglG § 7 Abs. 1, 3, 6, § 8

 

Verfahrensgang

AG Iserlohn (Beschluss vom 10.03.2010; Aktenzeichen 15 F 387/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 10.3.2010 verkündeten Beschluss des AG - Familiengericht - Iserlohn wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen des Scheidungsverbundes über die Wirksamkeit eines zwischen ihnen geschlossenen Ehevertrages, in dem sie u.a. den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben.

Der am 21.10.1948 geborene Antragsteller und die am 29.9.1961 geborene Antragsgegnerin lernten sich 1985 kennen. Im Jahr 1990 gründeten sie einen gemeinsamen Haushalt. Die Eheschließung erfolgte am 12.4.1995. Die Ehe blieb kinderlos. Die Parteien trennten sich im Oktober 2008. Der Scheidungsantrag des Ehemannes ist der Ehefrau am 21.11.2009 zugestellt worden.

Beide Parteien waren zuvor schon einmal verheiratet. Die Ehe der Antragsgegnerin wurde 1985 geschieden. Sie hat keine Kinder. Der Antragsteller ist Vater einer volljährigen Tochter. Seine erste Eheschließung erfolgte im Jahr 1976. Die Ehe wurde 1990 geschieden.

Als die Parteien sich kennenlernten, arbeitete der Antragsteller als angestellter Arzt in einem Krankenhaus in B. Im Jahr 1989 gründete er eine eigene Praxis in J, welche er auch weiterhin betreibt. Er verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. mindestens etwa 6.000 EUR. Seit Beginn der Selbständigkeit des Antragstellers führte die Antragsgegnerin die Buchhaltung für die Praxis.

Die Ehefrau ist seit 1984 als Finanzbeamtin tätig. Am 28.11.1995 stellte sie einen Antrag auf Teilzeit - wie von beiden Parteien bereits vor der Eheschließung beabsichtigt -, dem zum 1.1.1996 stattgegeben wurde. Nach der Trennung nahm die Antragsgegnerin ihre Vollzeitbeschäftigung wieder auf. Sie wird nach der Besoldungsgruppe A 9 bezahlt und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. ca. 2.300 EUR.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung besaß der Antragsteller ein Vermögen im Wert von rund 500.000 DM. Die Antragsgegnerin hatte kein eigenes Vermögen. Der Antragsteller zahlt für seine Altersversorgung seit 1983 Beiträge an die Ärzteversorgung. Über weitere private Altersversorgungen verfügt er nicht. Für die Antragsgegnerin schloss er am 1.10.1992 eine Versicherung bei der D-Versicherung ab. Es handelt sich um eine aufgeschobene Rentenversorgung mit einem monatlichen Rentenbetrag i.H.v. 500 DM oder einem Kapital i.H.v. 102.000 DM. Seit 1999 sind keine Beiträge mehr gezahlt worden. Die garantierte Rente beträgt nunmehr 112,23 EUR monatlich, der Kapitalwert 18.317 EUR (Stand 15.7.2009).

Vor der Eheschließung bestand der Antragssteller auf dem Abschluss eines Ehevertrages. Dieser wurde am 10.4.1995 von dem Vertreter des Notars H, Rechtsanwalt I, in J (Urkundenrolle Nr. 120/1995) beurkundet. Der Vertrag beinhaltet folgende Regelungen:

"I. Wir schließen für unsere künftige Ehe den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus und vereinbaren, dass für unsere Ehe der Güterstand der Gütertrennung gelten soll.

...

II. Für unsere Ehe schließen wir den Versorgungausgleich aus.

...

III. Nach Belehrung über Inhalt und Bedeutung der Vorschrift des § 1585c BGB wollen wir für den Fall der Scheidung unserer Ehe eine Vereinbarung über die Unterhaltpflicht treffen. Wir erklären in diesem Zusammenhang, dass wir beide in gesicherten Vermögensverhältnissen leben und in der Lage sind, ebenso den eigenen Unterhaltsanspruch sicherzustellen als auch eine ausreichende Altersversorgung aufzubauen.

Dies vorausgeschickt, vereinbaren wir wegen der beiderseitigen nachehelichen Unterhaltspflichten und - rechte folgendes:

a) Wir verzichten gegenseitig und - mit Ausnahme des unter Ziffer b) geregelten Falles - auf jeglichen nachehelichen Unterhalt, auch für den Fall der Not.

b) Der zuvor vereinbarte Unterhaltsverzicht entfällt jedoch für die Ehefrau solange und soweit, als sie vom Ehemann Unterhalt nach § 1570 BGB wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes oder mehrerer gemeinschaftlicher Kinder verlangen kann.

Für diesen Fall vereinbaren die Beteiligten zur Unterhaltshöhe, dass sich das Unterhaltsmaß nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach den Einkommensverhältnissen einer Sekretärin mit einem Monatsgehalt, das z. Zt. 3.000 DM brutto beträgt, richtet. Für den hinzukommenden Kindesunterhalt gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

Nach Ende der Betreuungszeit, die für jedes Kind spätestens mit der Vollendung des 14. Lebensjahres eintreten soll, soll der unter a) vereinbarte Unterhaltsverzicht im vollen Umfang wieder aufleben.

c) Im Fall und während der Dauer eines etwaigen Getrenntlebens vereinbaren die Beteiligten einen Trennu...

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