Entscheidungsstichwort (Thema)

Einziehung des Erbscheins

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Beschluss vom 05.12.1990; Aktenzeichen 2 T 140/90)

AG Lemgo (Aktenzeichen 11 VI 263/89)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Erblasserin hatte keine Kinder. Sie war in einziger Ehe mit Friedrich … verheiratet; die Ehe ist vor langen Jahren geschieden worden. Die Beteiligte zu 1) ist eine Stieftochter der Erblasserin aus einer früheren Ehe ihres geschiedenen Ehemannes. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind Schwestern der Erblasserin.

Die Erblasserin war befreundet mit Frau … in Köln. Zu ihr fuhr sie am 02.09.1989, um dort ihren Geburtstag zu verbringen. Am 04.09.1989 saß die Erblasserin zusammen mit Frau … beim Kaffeetrinken. Es waren weiter anwesend Frau …, eine Hausmitbewohnerin, sowie Frau …, die Schwester von Frau … Alle drei Frauen sind im Hinblick auf die nachstehend geschilderten Vorgänge im Verfahren als Zeuginnen vernommen worden.

Während des Kaffeetrinkens erlitt die Erblasserin einen schweren Asthmaanfall. Sie rang heftig nach Luft und versuchte sich durch ein von ihr mitgeführtes Spray Erleichterung zu verschaffen. Die Zeuginnen … und … gewannen nach ihren Angaben den Eindruck, daß die Situation der Erblasserin akut lebensbedrohlich war. Die Zeugin …, die früher den Beruf einer Justizangestellten ausgeübt hatte, legte der Erblasserin nahe, ein Testament zugunsten der Beteiligten zu 1) zu errichten. Aus Gesprächen mit der Erblasserin wußte sie, daß diese die Beteiligte zu 1) testamentarisch bedenken wollte. Die Zeugin … errichtete sodann handschriftlich folgende Niederschrift:

„Schriftliche Bekundung einer mündlich getroffenen, letztwilligen Anordnung durch Zeugen: Wir bezeugen hiermit und sind erforderlichenfalls auch zu schwören bereit, daß die uns bekannte … wohnhaft in Bad …, in unserer gleichzeitigen Gegenwart ihren letzten Willen bei schwachen Leibeskräften, hervorgerufen durch große Luftnot, jedoch bei vollem Verstand, am 4. September 1989 dahin eröffnet hat: Sie setzt ihre Tochter … geb. …, geboren am … in …, wohnhaft in … zur Universalerbin ihres gesamten Nachlasses ein.

… den. 4. September …”

Nach den Angaben der Zeuginnen … und … hat erstere den gesamten handschriftlichen Text der Erblasserin vorgelesen. Diese habe genickt und dann gesagt: „Es ist gut”. Die Erblasserin sei nicht in der Lage gewesen, die Niederschrift zu unterschreiben, weil sie zu diesem Zeitpunkt am ganzen Körper gezittert habe. Anschließend wurde die Niederschrift von den Zeuginnen …, und … unterschrieben mit dem jeweils von der Zeugin … hinzugefügten Zusatz „als Testamentszeugin”.

Anschließend erholte sich die Erblasserin von ihrem schweren Asthmaanfall. Nach etwa einer Stunde setzte die Zeugin … mit Schreibmaschine den Text eines Testamentes auf, in dem die Erblasserin wiederum die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin einsetzte. Dieser Text wurde von der Erblasserin sowie von den Zeuginnen … und … unterschrieben; die Zeugin … war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwesend.

Die Erblasserin verstarb am 22.10.1989 in …, ohne ein weiteres Testament errichtet zu haben. Das Amtsgericht hat am 30.11.1989 die Niederschrift vom 04.09.1989 und das maschinenschriftliche Testament vom selben Tage eröffnet (11 IV 381/89).

Die Beteiligte zu 1) hat am 20.11.1989 zur Niederschrift des Rechtspflegers des Amtsgericht die Erteilung eines Erbscheines beantragt, der sie als Alleinerbin der Erblasserin ausweisen soll. Dabei hat sie – wie sich später herausgestellt hat unrichtig – an Eides statt versichert, sie sei die alleinige Tochter der Erblasserin. Dementsprechend hat sie zur Begründung ihres Antrages geltend gemacht, sie sei sowohl nach gesetzlicher Erbfolge als auch aufgrund des Testamentes vom 04.09.1989 zur Alleinerbin der Erblasserin berufen. Das Amtsgericht hat der Beteiligten zu 1) am 04.12.1989 einen entsprechenden Erbschein erteilt.

In der Folgezeit hat die Beteiligte zu 2) durch Eingaben an das Amtsgericht geltend gemacht, die Beteiligte zu 1) sei nicht die leibliche Tochter der Erblasserin. Die Richtigkeit dieses Vorbringens bestätigte sich aufgrund einer von der Beteiligten zu 1) alsdann eingereichten Abstammungsurkunde. Daraufhin hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 06.02.1990 den erteilten Erbschein als unrichtig eingezogen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Niederschrift vom 04.09.1989 könne nicht als wirksames Nottestament gem. 2250 Abs. 2 und 3 BGB angesehen werden, weil sie von der Erblasserin nicht unterschrieben sei.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.02.1990 Beschwerde eingelegt, mit der sie unter Berufung auf die Aussagen der Zeuginnen … und … geltend gemacht hat, das Nottestament vom ...

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