Entscheidungsstichwort (Thema)

Familienrechtliche Zuständigkeit für Antrag auf Zahlung von Nutzungsentgelt für Ehewohnung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Entscheidung über den Antrag auf Zahlung von Nutzungsentgelt gegen den nach rechtskräftiger Ehescheidung in der Ehewohnung der Parteien verbliebenen Ehegatten ist das Familienrecht auch dann funktional zuständig, wenn der in Anspruch genommene Ehegatte die Ehewohnung, die im Alleineigentum des antragstellenden Ehegatten steht, freiwillig aufgegeben hat und sich der Anspruch auf Nutzungsentschädigung auf einen Zeitraum bezieht, in welchem die Parteien noch keine endgültige und umfassende Einigung über die Nutzung der Ehewohnung getroffen haben.

 

Normenkette

GVG § 23b Abs. 1 Nr. 8; HausratsVO § 1 Abs. 1, §§ 2-3; HausratsVO § 11 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Steinfurt

 

Tenor

Sachlich und funktional zuständig ist das AG - FamG - Steinfurt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin Nutzungsentschädigung für die Weiternutzung des in seinem Alleineigentum stehenden - von den Parteien als Ehewohnung genutzten - Einfamilienhauses nach der Ehescheidung am 13.9.2006.

Mit Antrag vom 27.7.2007 hat der Antragsteller beim AG - FamG - Steinfurt einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt und angekündigt, dass er nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen werde, ihm das in seinem Alleineigentum stehende - von den Parteien vormals als Ehewohnung genutzte - Einfamilienhaus in N2 zur alleinigen Nutzung zuzuweisen, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Immobilie zu räumen und an ihn herauszugeben sowie an ihn eine Nutzungsentschädigung für die Zeit vom Beginn des auf die Rechtskraft der Scheidung der Ehe folgenden Monats, das ist die Zeit ab dem 1.10.2006, i.H.v. 544,70 EUR monatlich zu zahlen. Nachdem die Antragsgegnerin mit den beiden gemeinsamen Kindern der Parteien am 1.8.2007 aus der Ehewohnung ausgezogen ist, beantragt er nunmehr, ihm Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 31.7.2007 i.H.v. insgesamt 5.447 EUR nebst Zinsen zu bewilligen. Über sein Prozesskostenhilfegesuch ist noch nicht entschieden worden.

Das AG - FamG - Steinfurt hat das bei ihm anhängig gemachte Verfahren nach Anhörung der Parteien am 20.8.2007 formlos an die allgemeine Zivilabteilung desselben Gerichts abgegeben. Diese hat die Sache nach Anhörung des Antragstellers durch den Parteien zugestellten Beschluss an das LG Münster verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 27.12.2007 (Bl. 29 d.A.) Bezug genommen. Das LG hat sich nach Anhörung beider Parteien durch begründeten und den Parteien zugestellten Beschluss vom 5.2.2008 für unzuständig erklärt und die Sache gem. § 281 ZPO an das AG - FamG - Steinfurt verwiesen. Mit den Parteien zugestellten Beschluss vom 14.2.2008 hat das AG - FamG - Steinfurt die Übernahme abgelehnt und die Akten dem OLG übersandt.

II.a) Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung sind nach § 36 I Nr. 6 ZPO gegeben, da sich sowohl das LG Münster als auch das AG - FamG - Steinfurt durch begründeten und den Parteien zugestellten Beschluss für unzuständig erklärt haben. Dem steht nicht entgegen, dass das zugrunde liegende Verfahren bisher nicht rechtshängig geworden ist, weil ein Hauptsacheantrag noch nicht gestellt und über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers noch nicht entscheiden worden ist, denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Vorschrift des § 36 I Nr. 6 ZPO auf Verfahren, die sich noch im Prozesskostenhilfeprüfungsstadium befinden, entsprechend anwendbar (vgl. OLG Hamm FamRZ 1989, 641).

b) Die Bestimmung des AG - FamG - Steinfurt als für die Entscheidung in der Hauptsache zuständiges Gericht ist weder durch die Bitte um Übernahme seitens der Familienabteilung vom 20.8.2007 noch durch den Verweisungsbeschluss der allgemeine Zivilabteilung vom 27.12.2007 gehindert.

aa) Die allgemeine Zivilabteilung des AG war durch die Abgabeverfügung der Familienabteilung vom 20.8.2007 nicht daran gehindert, die Sache an das LG zu verweisen, denn die formlose Abgabe innerhalb eines Gerichts bindet die Abteilung, an die die Sache abgegeben worden ist, nicht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 281 Rz. 4 m.w.N.). 9

bb) Das LG war durch den Verweisungsbeschluss der allgemeinen Zivilabteilung des AG nicht daran gehindert, die Sache schon im Prozesskostenhilfeverfahren an die Familienabteilung des AG zurückzuverweisen.

In Rechtsprechung und Literatur ist zwar anerkannt, dass § 281 ZPO - der gem. §§ 621 I Nr. 7, 621a I 2 ZPO auch im FGG-Verfahren nach der Hausratsverordnung Anwendung findet (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 621a Rz. 11) - im Prozesskostenhilfeverfahren entsprechend anwendbar ist mit der Folge, dass ein im Prozesskostenhilfeverfahren erlassener Verweisungsbeschluss Bindungswirkung für dieses, allerdings nicht auch für das nachfolgende Hauptsacheverfahren entfalten kann (vgl. BGH NJW-RR 1992, 59 f.; Zöller/Philippi, a.a.O., § 281 Rz. 16b).

Die Bin...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge