Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Aktenzeichen HRB 6354)

 

Tenor

Das Amtsgericht wird angewiesen, die Bedenken seiner Zwischenverfügung vom 6. Januar 2011 fallen zu lassen und die Eintragung der am 30.12.2010 angemeldeten Kapitalerhöhung nicht von der Volleinzahlung des erhöhten Stammkapitals abhängig zu machen.

Der Beschwerdewert wird auf 11.250,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) ist unter der Firma H für Kraftverkehr Weiterbildung UG (haftungsbeschränkt) im Handelsregister des Amtsgerichts Recklinghausen mit einem Stammkapital von 10.000,00 € eingetragen. Deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der Beteiligte zu 2). Er meldete mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 30.12.2010 die Erhöhung des Stammkapitals um 15.000,00 € auf 25.000,00 €, sowie Änderungen der Firma und der Satzung zum Handelsregister an und versicherte, von dem von ihm selbst übernommenen neuen Geschäftsanteil von 15.000,00 € seien 25 %, mithin 3.750,00 € zu seiner freien Verfügung überwiesen. Mit der angefochtenen Verfügung vom 6.1.2011 beanstandete das Amtsgericht unter Berufung auf die Entscheidung des OLG München vom 23.9.2010, Az. 31 Wx 149/10 (u.a. in ZIP 2010, 1991), die angemeldete Änderung von Satzung, Firma und Stammkapital der Beteiligten zu 1) könne nicht eingetragen werden, da eine Erhöhung des Stammkapitals, die die Beschränkungen des § 5 a I bis IV GmbHG aufhebe, die vorherige Volleinzahlung eines Stammkapitals i. H. v. mindestens 25.000,00 € erfordere.

Die dagegen namens der Beteiligten zu 1) und 2) durch den Urkundsnotar fristgerecht erhobene Beschwerde führt zur Begründung an, das Gesetz biete weder nach seinem Wortlaut noch seiner Begründung eine Grundlage dafür, bei der Aufstockung des Kapitals einer UG die Erleichterung des § 7 II GmbHG - Ausreichen der hälftigen Einzahlung des gesetzlichen Mindestkapitals von 25.000 € - zu versagen.

II.

Die gemäß §§ 382 II, 58 FamFG statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet.

Die Eintragung der angemeldeten Kapitalerhöhung ist nicht nach § 5 a II GmbHG von der Volleinzahlung der Mindestsumme des Stammkapitals gemäß § 5 I GmbHG abhängig. Vielmehr entfällt dieses Erfordernis gemäß § 5 a V GmbHG bereits für die Kapitalerhöhung, mit der ein satzungsmäßiges Stammkapital von 25.000,00 € erst erreicht wird. Die gegenteilige Auffassung des OLG München in seinem Beschluss vom 23.9.2010 (Az.: 31 WX 149/10; u. a. veröffentlicht in ZIP 2010, 1991), auf den die angefochtene Zwischenverfügung gestützt ist, ebenso u.a. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 19. Aufl. 2010, Rz. 33 zu § 5a, nach der die Sondervorschriften des § 5 a I - IV GmbHG erst dann keine Anwendung mehr finden, nachdem durch eine zuvor vollzogene Barkapitalerhöhung tatsächlich eine Stammeinlage von mindestens 25.000,00 € erbracht sei, überzeugt nicht.

Der in der Literatur zu dieser Frage geführte Meinungsstreit ist in dem vorgenannten Beschluss des Oberlandesgerichts München umfassend wiedergegeben und braucht deshalb hier nicht erneut dargestellt zu werden.

Für die vom Senat vertretene Ansicht spricht schon der Wortlaut des § 5 a V GmbHG, indem er die Anwendung der Absätze 1 - 4 außer Kraft setzt, wenn die Gesellschaft ihr Stammkapital auf den Betrag des Mindestkapitals "erhöht", und nicht erst dann, wenn sie das Kapital "erhöht hat"; vgl. Miras, DB 2010, 2488/2491. Das OLG München meint in seinem Beschluss nur deshalb, den Wortlaut für seine gegenteilige Auffassung in Anspruch nehmen zu können, weil es - bereits interpretierend - in ihn hineinliest, die Norm stelle auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Erhöhung ab. Tatsächlich steht das nicht im Text des Abs. 5, dessen Zeitform - "erhöht" - vielmehr seine Anwendung auf den "Erhöhungsvorgang" selbst und nicht auf die Zeit ab seiner rechtlichen Vollendung beinhaltet.

Insbesondere besteht aber nach Sinn und Zweck des Gesetzes kein sachlicher Grund für die Anwendung des § 5 a II GmbHG auf eine Kapitalerhöhung, die das Mindestkapital nach § 5 I GmbHG erreicht oder überschreitet. Die Rechtfertigung der strengeren Regeln für die Kapitalaufbringung der Unternehmergesellschaft entfällt, sobald sich diese mit der beschlossenen Kapitalerhöhung einer regulären GmbH gleich stellt. Die Gegenansicht stellt die Gesellschafter einer Unternehmergesellschaft beim Übergang in eine reguläre GmbH schlechter als bei der sofortigen Gründung einer solchen (S2 in N2 GmbHG 2010, Rz. 40 zu 3 5a) und würde für eine Kapitalerhöhung weit über das Mindestkapital hinaus auch zu unnötigen praktischen Erschwernissen führen, indem sie die Gesellschafter zu einer zweistufigen Kapitalerhöhung zwänge, wenn sie sich die Möglichkeit der Halbeinzahlung erhalten wollen; vgl. Miras, a. a. O. S. 2491.

Dass dies, wie Fastrich a. a. O. meint, "systembedingt der Preis für Wahl des Einstiegsmodells" sei, ist kein Argument, sondern die zu begründende These. Warum nach dem Willen des Gesetzgebers für das Gleichziehen mit der regulären GmbH ein höherer Preis gezahlt werden soll, ist nicht erkennba...

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