Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Unterhaltstitels ab 1.1.2008

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für bis zum 31.12.2007 titulierte Unterhaltsansprüche ist weiterhin das bisherige Recht maßgebend (Art. 36 Nr. 7 EGZPO).

2. Führt das Ergebnis der Billigkeitsprüfung nach § 1578b BGB zu einer Beschränkung des Unterhaltsanspruchs, ist im Rahmen einer weiteren Zumutbarkeitsprüfung zu ermitteln, ob und ab wann der Unterhaltsberechtigten der gänzliche Wegfall des nachehelichen Unterhaltsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zugemutet werden kann.

 

Normenkette

EGZPO Art. 36 Nr. 7; BGB §§ 1578, 1578b; EGZPO Art. 36 Nrn. 2, 1; BGB § 1574

 

Verfahrensgang

AG Essen-Borbeck (Aktenzeichen 12 F 177/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird dem Kläger unter Beiordnung von Rechtsanwalt N in E ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er eine Beschränkung/Begrenzung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 1.1.2010 erstrebt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Auslagen werden nicht erstattet; die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt einen Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab Dezember 2007, hilfsweise ab dem 1.1.2008. Das AG hat dies im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, es sei keine Änderung der dem abzuändernden Urteil vom 3.2.2006 zugrunde liegenden Tatsachen eingetreten. Zudem liege eine Ehe von langer Dauer mit ehebedingten Nachteilen der Antragsgegnerin vor, bei der nicht aus Billigkeitsgründen eine nachträgliche Befristung des Unterhaltsanspruchs erfolgen könne, auch nicht in Ansehung der jüngeren Rechtsprechung des BGH und der Unterhaltsreform.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Die Wertung des AG überzeuge nicht.

Die Beschwerde hat in gewissem Umfang Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Für die Zeit bis Ende Dezember 2007 bleibt die Beschwerde erfolglos. Zwar erfasst die Unterhaltsreform auch "Altfälle" (dazu BT-Drucks. 16/1830, 32); insoweit ist allerdings eine Stichtagsregelung getroffen worden: gem. § 36 Nr. 7 EGZPO ist für die bis zum 31.12.2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche weiterhin das bisherige Recht maßgebend. Insoweit kommt nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH eine nachträgliche Befristung eines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 V BGB a.F. zwar prinzipiell auch bei Ehen in Betracht, die länger als zwanzig Jahre gedauert haben, wobei es darauf ankomme, ob ehebedingte Nachteile vorliegen. Dies stellt der Antragsteller aber in Abrede.

Mit der entsprechenden Einwendung dürfte er indessen gem. § 323 II ZPO ausgeschlossen sein, weil ihm - jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundessgerichtshofs - entsprechender Sachvortrag und entsprechende Einwendungen schon im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung hinsichtlich des angegriffenen Urteils vom 3.2.2006 möglich waren. Denn nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH war spätestens seit seiner Rechtsprechungsänderung hinsichtlich der Anwendung lediglich der Differenz- anstelle der Anrechnungsmethode im Jahre 2001 ersichtlich, dass infolge der jetzt wertvoller empfundenen Haushaltstätigkeit auch die Frage einer Befristung neu zu überdenken sei (BGH, Urt. v. 28.2.2007, XII ZR

II. Für die Zeit ab Januar 2008 ist das neue Recht in der Fassung der Unterhaltsreform anzuwenden. Diese betont zum einen den auch bisher schon geltenden Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit der früheren Partner nach dem Eheende noch stärker. Insbesondere wollte der Gesetzgeber damit aber bewusst korrigierend eingreifen, als er den lebenslangen nachehelichen Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehepartners als besondere Ausnahme für die Fälle einer besonderen Unbilligkeit eines früheren Wegfalls ausgestalten wollte und von der Wahrung des bisherigen Standes nach Maßgabe der ehelichen Verhältnisse abgerückt ist. Deshalb hat er neben einer engeren Fassung des § 1574 BGB, soweit zumutbar auszuübende Erwerbstätigkeiten angesprochen sind, die früheren Beschränkungsmöglichkeiten des § 1578 I 2, 3 BGB und die früheren Befristungsmöglichkeiten beim Aufstockungsunterhalt nach § 1573 V BGB zusammengefasst und für auf alle nachehelichen Unterhaltstatbestände anwendbar erklärt und im Übrigen durch Aufnahme der vom BGH entwickelten Rechtsprechung zu den ehebedingten Nachteilen diese Rechtsprechung auch normativ sanktioniert.

Wie sich die Rechtsprechung entwickeln wird, ist derzeit noch nicht zuverlässig abzusehen. Allerdings wird auf die jüngere Rechtsprechung des BGH seit April 2006 zurückgegriffen werden können. Dabei ist festzuhalten, dass der BGH sich nie auf eine konkrete Zeitdauer einer Ehe festgelegt hat, von der an die Ehe als "lang" anzusehen sei. Er hat allerdings schon recht früh (BGH FamRZ 1990, 857, 858) nach Einführung der Befristungsmöglichkeiten im Jahre 1986 ausgeführt, dass der "Grenzbereich" einer Ehe von langer Dauer etwa bei zehn Jahren beginne. Die jüngere Rechtsprechung deutet allerdings...

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