Verfahrensgang

AG Bochum (Beschluss vom 14.09.1992; Aktenzeichen 61 F 143/91)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Dem Antragsgegner wird für die erstinstanzliche Durchführung eines Zugewinnausgleichsbegehrens in Höhe von 52.000,00 DM Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … bewilligt.

Dem Amtsgericht bleibt vorbehalten, die Nachzahlung der Verfahrenskosten aus dem dem Antragsgegner eventuell zufließenden Vermögen gem. § 120 I ZPO anzuordnen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner Prozeßkostenhilfe mit der Begründung versagt, sein Zugewinnausgleichsbegehren böte keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gem. § 127 ZPO zulässig, der Sache nach auch begründet.

Der Streit der Parteien geht letztlich allein um die Frage, ob die Lebensversicherungssumme in Höhe von insgesamt 121.000,00 DM, die der Antragstellerin als Begünstigte aus der Lebensversicherung ihres Sohnes nach dessen Tod im Jahre 1988 zugeflossen ist, als privilegiertes Anfangsvermögen i.S. d. § 1374 Abs. 2 BGB angesehen werden kann – dann hätte das Zugewinnaugleichsbegehren des Antragsgegners in der Tat keine Aussicht auf Erfolg. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage sollte nicht in dem lediglich summarisch geführten PKH-Verfahren erfolgen, sondern ist dem Hauptverfahren vorbehalten.

Nach dem Wortlaut des § 1374 Abs. 2 BGB ist die Versicherungssumme nicht als privilegiertes Anfangsvermögen zu behandeln. Sie ist der Antragstellerin nicht von Todes wegen, also aufgrund gesetzliches oder gewillkürter Erbfolge zugeflossen, sondern, weil der verstorbene Sohn der Antragstellerin sie als Begünstigte in den Lebensversicherungsvertrag aufgenommen hat.

Das Amtsgericht war daher auch der Auffassung, bei der Versicherungssumme handele es sich um ein Vermögen, daß die Antragstellerin „durch Schenkung” erworben hat. Dies ist jedoch sehr zweifelhaft. Denn eine Schenkung verlangt ebenso wie in § 516 f BGB eine Zuwendung, durch die der Schenker die Substanz seines Vermögens mindert und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt (vgl. Diederichsen, Vermögensauseinandersetzung nach Ehescheidung, 4. Aufl., 1992 S. 42; BGH FamRZ 1987 S. 910). Im Falle eines Lebensversicherungsvertrages, also eines Vertrages zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherungsgesellschaft zugunsten eines Dritten liegt die Vermögensminderung des Schenkers lediglich in der Zuwendung der Versicherungsbeiträge an die Versicherung, so daß nach herrschender Meinung nur diese Beiträge dem Begünstigten „als Schenkung” zufließen (vgl. Palandt Edenhofen § 2301 Anm. 4 b). Dementsprechend wird auch die Versicherungssumme nicht der Erbmasse zugerechnet (Palandt Edenhofen § 1922 Anm. 7).

Dies hat hier jedoch nicht zwingend zur Folge, daß die Versicherungssumme nicht als privilegiertes Anfangsvermögen zu behandeln ist. Zwar enthält § 1374 Abs. 2 BGB grundsätzlich nach herrschender Meinung eine abschließende Aufzählung der privilegierten Erwerbsvorgänge (vgl. Johannsen Henrich § 1374 Rdn. 27). Gleichwohl stellt sich die Frage, ob der Vermögenserwerb durch Begünstigung im Lebensversicherungsvertrag nicht doch wegen seiner nicht bestreitbaren Nähe zu den zitierten Tatbeständen (Schenkung bzw. Vermögenserwerb von Todes wegen) ähnlich behandelt werden sollte. Dies gilt um so mehr, als die Antragstellerin offenbar auch Alleinerbin ihres Sohnes geworden ist. Wäre die Angabe eines Bezugsberechtigten in dem Lebensversicherungsvertrag unterblieben, dann wäre die Lebensversicherungssumme nämlich in den Nachlaß gefallen und wäre der Antragstellerin als Erbin, also i.S. eines privilegierten Erwerbes zugeflossen (Palandt Edenhofen § 1922 Anm. 7). Ob der vorliegende Fall anders behandelt werden kann – oder sollte – ist eine Frage, die durchaus im Hauptverfahren diskutiert werden kann, zumal hierzu eine höchstrichterliche Entscheidung – soweit ersichtlich – nicht vorliegt.

Geht man – im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren – zugunsten des Antragsgegners davon aus, daß die Lebensversicherungssumme mit 121.000,00 DM nicht dem Anfangsvermögen der Antragstellerin zuzurechnen ist, so ergibt sich folgende überschlägige Berechnung:

Endvermögen der Antragsgegnerin wie in dem angefochtenen Beschluß

416.838,00 DM

Anfangsvermögen der Antragsgegnerin aufgrund der erfolgten Erbschaft:

Ausgezahlter Erbteil

263.425,22 DM

Rentaplan

32.000,00 DM

Münzen

47.000,00 DM

Gesamterbe

342.430,22 DM

abzgl. Erbschaftssteuer

27.347,00 DM

verbleibendes Erbe

315.083,22 DM.

Bringt man dieses von dem Endvermögen in Abzug, so verbleibt ein Zugewinn auf Seiten der Antragstellerin in Höhe von etwas mehr als 100.000,00 DM (ohne Berücksichtigung eines Inflationsausgleiches). Zum Ausgleich kleinerer Differenzen,

unter anderem auch wegen des Inflationsausgleichs hat der Senat dem Antragsgegner Prozeßkostenhilfe für ein Begehren in Höhe von rund

52.000,00 DM

bewilligt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

 

Unterschriften

Schlüter, Hermes, Küpperfahrenberg

 

Fundstellen

Dokument-Index HI17...

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