Leitsatz (amtlich)

1. Sowohl eine Verwaltungsgesellschaft als auch ein dieser nachgeordneter Hausmeisterdienst (und diesem nachgeordnet ein Mitarbeiter) sind grundsätzlich - und so hier - als selbstständige Unternehmen nicht Verrichtungsgehilfen einer Grundstückseigentümerin im Sinne des § 831 BGB (im Anschluss an BGH Urt. v. 13.12.2019 - V ZR 43/19, NJW 2020, 1798 Rn. 11; BGH Urt. v. 6.11.2012 - VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002 Rn. 15 f.).

2. Überträgt die Grundstückseigentümerin ihre Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten (Delegation), verengte sich ihre Verkehrssicherungspflicht auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht, die sich darauf erstreckt, ob der Dritte die übernommenen Sicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat (im Anschluss an BGH Urt. v. 13.12.2019 - V ZR 43/19, NJW 2020, 1798 Rn. 9; BGH Urt. v. 22.1.2008 - VI ZR 126/07, NJW 2008, 1440 Rn. 9). Diese ist nicht verletzt, wenn der Dritte erst am Tag vor dem Schadenstag seinerseits einer Sicherungspflicht nicht nachgekommen ist.

3. Eine Ablösung im Sinne von § 836 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor, wenn ein auf dem Grundstücksboden befestigter Parkbügel durch einen Anstoß ungewollt, aber entsprechend seiner vorgesehenen Funktion kippt.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1, §§ 831, 836

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 19 O 426/19)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Zurecht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Einwendungen der Klägerin, bezüglich derer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsbegründung (Bl. 43 ff. der zweitinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte, im Folgenden: eGA II-43 ff.) verwiesen wird, greifen im Ergebnis nicht durch.

1. Es besteht kein Anspruch aus § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB, da der Zeuge A nicht - weder unmittelbarer noch mittelbarer - Verrichtungsgehilfe der Beklagten war.

Sowohl die Verwaltungsgesellschaft als auch dieser nachgeordnet der Hausmeisterdienst (und diesem nachgeordnet der Zeuge A) sind als selbstständige Unternehmen nicht Verrichtungsgehilfen (vgl. BGH Urt. v. 13.12.2019 - V ZR 43/19, NJW 2020, 1798 Rn. 11; BGH Urt. v. 6.11.2012 - VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002 Rn. 15 f.). Auch war der Zeuge A nicht unmittelbar im Rahmen der konkreten Tätigkeit Verrichtungsgehilfe der Beklagten.

Maßgebend für die Einordnung als Verrichtungsgehilfe sind die faktischen Verhältnisse. Verrichtungsgehilfe im Sinne von § 831 BGB ist nur, wer von den Weisungen seines Geschäftsherrn abhängig ist. Ihm muss von einem anderen, in dessen Einflussbereich er allgemein oder im konkreten Fall ist und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht, eine Tätigkeit übertragen worden sein. Das dabei vorausgesetzte Weisungsrecht braucht nicht ins Einzelne zu gehen. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit in einer organisatorisch abhängigen Stellung vorgenommen wird. Es genügt, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann. Der Personenkreis, der nach diesen Grundsätzen "zu einer Verrichtung bestellt" ist, unterscheidet sich von dem Kreis der Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB durch den Mangel an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Während selbständige Unternehmen ohne weiteres Erfüllungsgehilfen sein können, setzt die Qualifikation als Verrichtungsgehilfe Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit voraus. Daran fehlt es in der Regel bei selbständigen Unternehmen (BGH Urt. v. 6.11.2012 - VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002 Rn. 15 f.).

Die Übertragung von Aufgaben auf ein bestimmtes Unternehmen dient regelmäßig gerade dem Zweck, durch die selbständige - nicht weisungsgebundene - Erledigung der Aufgabe sich selbst zu entlasten (BGH Urt. v. 6.11.2012 - VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002 Rn. 16).

Vorliegend waren weder Verwaltungsgesellschaft noch Hausmeisterdienst und auch im konkreten Einzelfall nicht der Zeuge A in Abhängigkeit zur Beklagten und dieser gegenüber weisungsgebunden. Sie waren auch nicht in den Organisationskreis der Beklagten eingebunden.

Die Klägerin hat insoweit keine konkreten Umstände aufgezeigt, die eine Abweichung von dem für selbständige Unternehmen geltenden Grundsatz rechtfertigten. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Zeuge A selbst zu Protokoll gegeben hat, dass auch "C" - gemeint ist die Beklagte - in die Beschaffung eines Absperrsteins (Protokoll vom 26.11.2021 Seite 7 Abs. 4, eGA I-284) und die Errichtung eines Pfostens (Protokoll vom 26.11.2021 Seite 8 Abs. 6, eGA I-285) eingebunden gewesen ist. Denn dies betraf gerade nur die Freigabe in grundstücksgestalterischer - die Platzierung war dem Zeugen überlassen - und auch finanzieller Hinsicht, macht den Zeugen aber nicht abhängig und weisu...

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