Leitsatz (amtlich)

1. Ansprüche auf Nutzungsentschädigung nach rechtskräftiger Scheidung, die der Antragsteller mit seinem Antrag geltend macht, folgen mangels einer Anspruchsgrundlage in § 1568a BGB aus § 745 Abs. 2 BGB und haben den Charakter einer Familienstreitsache in Gestalt der sonstigen Familiensachen i.S.d. §§ 112 Nr. 3, 266 FamFG, für welche die Familiengerichte sachlich zuständig sind, die sich aber nach den besonderen Verfahrens- und Rechtsmittelvorschriften gem. den §§ 113 ff., 117 FamFG i.V.m. den anwendbaren Vorschriften der ZPO richten (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.11.2010 - 5 UF 300/10).

Für die Beteiligung an den Hauskosten gem. § 426 Abs. 2 S. 1 BGB gilt Entsprechendes.

2. Langjährig wiederholt erhobene Missbrauchsvorwürfe, die ein jeder für sich objektiv geeignet sind, den Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und sein Leben gravierend zu beeinträchtigen bis hin zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz, können die vollständige Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 3 BGB nach sich ziehen.

 

Normenkette

BGB § 426 Abs. 2 S. 1, § 1579 Nr. 3; FamFG § 266 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Dorsten (Beschluss vom 09.04.2013; Aktenzeichen 12 F 161/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG Dorsten vom 9.4.2013 teilweise wie folgt abgeändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 12.099,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.443,95 EUR seit dem 1.10.2010 sowie aus 5.655,46 EUR seit dem 29.11.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Die Entscheidung ist sofort wirksam.

Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 42.156,37 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind seit 2002 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der 1980 geschlossenen Ehe sind vier mittlerweile volljährige Kinder (K, *...; T, *...; K1, *...; B, *...) hervorgegangen. Nach wie vor zahlt der Antragsteller für seine Kinder B und K Unterhalt i.H.v. 488 EUR bzw. 480 EUR monatlich.

Der Antragsteller arbeitet als Ingenieur bei der Firma I in P.

Die Antragsgegnerin ist gelernte Kinderkrankenschwester, war jedoch seit der Geburt des ältesten Kindes im Jahr 1983 nicht mehr erwerbstätig. Ab dem 20.10.2009 bezog sie Krankengeld. Mit Bescheid vom 23.2.2011 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund einen Antrag auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente ab. Ab März 2011 bezog die Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB XII.

Im Jahr 1999 trennten sich die Beteiligten. In der Folgezeit behauptete die Antragsgegnerin wiederholt, der Antragsteller habe die gemeinsame Tochter B sexuell missbraucht oder belästigt. Daraufhin wurde der Umgang des Antragstellers mit dem Kind vorübergehend dahingehend eingeschränkt, dass er nur noch in Anwesenheit der Geschwister K und T stattfinden durfte (AG Dorsten, Beschl. v. 4.10.2000 - 13 F 137/00, vormals 13 F 95/00). Im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens 13 F 137/00 wurden sodann ein kinderpsychiatrisch-psychologisches Gutachten der Sachverständigen Dr. N und X vom 14.5.2001 und ein familienpsychologisches Gutachten der Sachverständigen G vom 29.8.2001 eingeholt. Beide Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass es keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Kindes durch den Antragsteller gebe. Am 1.9.2001 erklärte die Antragsgegnerin trotz Kenntnis zumindest des erstgenannten Gutachtens gegenüber der im gleichen Haus wie der Antragsteller lebenden Vermieterin, dieser sei ein "Kinderschänder". Der Antragsteller erstattete deshalb Strafanzeige gegen die Antragsgegnerin, woraufhin diese am 9.9.2001 durch die Polizei als Beschuldigte vernommen wurde. Zu dem gegen sie erhobenen Vorwurf machte sie keine Angaben, erstattete jedoch zugleich erneut Anzeige gegen den Antragsteller wegen Kindesmissbrauchs. Am 18.2.2002 erklärte sie gegenüber dem ältesten Sohn der Beteiligten sowie dessen damaliger Freundin, der Antragsteller habe pädophile Neigungen. Diese Äußerung wiederholte sie am 18.8.2002 gegenüber der Lebensgefährtin des Antragstellers. Zwischen dem 12. und 24.9.2002 äußerte sie gegenüber dem Jugendamt der Stadt E erneut den Verdacht, der Antragsteller habe die gemeinsame Tochter B sexuell missbraucht. Gegen die Antragsgegnerin wurden aufgrund ihrer Aussagen bzgl. des angeblichen Kindesmissbrauchs zwei Strafverfahren geführt. Beide wurden gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt (AG Dorsten, Az. 23 Ds 49 Js 1154/01 - 13/02; Staatsanwaltschaft Essen, Az. 49 Js 1024/02). Am 6.2.2003 verurteilte das LG Duisburg (Az. 12 O 24/02) die Antragsgegnerin aufgrund der gegenüber der damaligen Vermieterin des Antragstellerin, der Lebensgefährtin und dem Jugendamt gemachten Äußerungen, es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu äußern, der Antragsteller sei ein Kinderschänder. In einem Verhandlungstermin im Rahmen eines zivilgerichtlichen Ver...

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