Leitsatz (amtlich)

Streiten die Kindeseltern über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder und treffen sie dann in diesem Verfahren eine vorläufige Regelung über den Aufenthalt der Kinder bis zur Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens, so löst dies noch keine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 RVG-VV aus.

 

Normenkette

RVG § 56 Abs. 2 S. 3, § 33 Abs. 3; RVG-VV Nr. 1003

 

Verfahrensgang

AG Menden (Sauerland) (Beschluss vom 24.09.2012; Aktenzeichen 10 F 43/11)

 

Tenor

Tenor:Auf die Beschwerde der Landeskasse vom 10.10.2012 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Menden vom 24.9.2012 teilweise abgeändert.

Auf die Erinnerung der Landeskasse vom 20.7.2012 wird die Festsetzung des AG - Familiengericht - Menden vom 25.3.2012 zugunsten des Rechtsanwalts T dahingehend abgeändert, dass für die Verfahren 10 F 43/11 und 10 F 49/11 insgesamt nur ein Betrag von 693,18 EUR festgesetzt wird. Ein Betrag von 928,80 EUR ist zurückzuzahlen.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 7.2.2011 hat die Antragstellerin beantragt, ihr die elterliche Sorge für das am#.#.##98 geborene minderjährige Kind U zu übertragen. Gleichzeitig hat die Antragstellerin die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Durch Beschluss des AG vom 4.3.2011 ist der Antragstellerin und auch dem Antragsgegner auf seinen Antrag vom 1.3.2011 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Der Verfahrenswert ist auf 3.000 EUR festgesetzt worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 7.2.2011 hat die Antragstellerin im Parallelverfahren (10 F 49/11) beantragt, ihr die elterliche Sorge für das Kind M, geb. am##.#.##96, zu übertragen. Auch in jenem Verfahren ist der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden.

Mit schriftlichen Antrag vom 17.3.2011 hat der der Antragstellerin beigeordnete Rechtsanwalt T beantragt, seine Vergütung auf 810,99 EUR festzusetzen. Neben der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr ist auch eine Einigungsgebühr nach VV 1003 i.H.v. 189 EUR in Ansatz gebracht worden. Am 25.3.2011 hat das AG die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.

Die dem Antragsgegner beigeordnete Rechtsanwältin I hat mit Schriftsatz vom 23.3.2011 beantragt, ihre Vergütung auf 586,08 EUR festzusetzen. Auch insoweit hat das AG am 25.3.2011 die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.

Gegen die Festsetzung der Vergütung hat die Landeskasse Erinnerung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin gegen das Gebot kostensparender Verfahrensführung verstoßen habe, indem er für beide Kinder gesonderte Sorgerechtsanträge gestellt hat. Auch sei eine Einigungsgebühr nicht entstanden. Die Beteiligten hätten lediglich eine bloße Zustimmung zu der vom Gericht beabsichtigten Verfahrensweise erklärt.

Bei der Festsetzung zugunsten von Rechtsanwältin I sei zu beachten, dass nur eine Terminsgebühr angefallen sei, da beide Verfahren in einem Termin gemeinsam verhandelt worden seien. Es sei deshalb nur eine Terminsgebühr bei einem zusammengerechneten Wert von 6.000 EUR entstanden.

II. Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Landeskasse hat teilweise Erfolg.

1. Die Festsetzung des AG zugunsten des Rechtsanwaltes T ist dahingehend zu korrigieren, dass insgesamt ein Betrag von 693,18 EUR festzusetzen ist (für die Verfahren 10 F 43/11 und 10 F 49/11).

a) Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat durch die Einleitung getrennter Verfahren gegen das Gebot der kostensparenden Verfahrensführung verstoßen.

Grundsätzlich kann ein solcher Verstoß nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn für die getrennten Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30.10.2008, FamRZ 2009, 362). Ein Anspruch gegen die Staatskasse ist nämlich immer dann ausgeschlossen, wenn der Rechtsanwalt einen Gebührenanspruch gegen die Partei - wäre nicht Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden - aus Rechtsgründen nicht durchsetzen könnte. Grundsätzlich kann ein Mandant dann die Zahlung verweigern, wenn ein Schadensersatzanspruch gegen den Verfahrensbevollmächtigten besteht, weil dieser überflüssige Gebühren verursacht hat. Ein Rechtsanwalt kann nur solche Gebühren verlangen, die ohne das pflichtwidrige Verhalten angefallen wären.

Im vorliegenden Fall hat der Verfahrensbevollmächtigte mit zwei getrennten Schriftsätzen vom 7.2.2011 Sorgerechtsverfahren betreffend die Kinder U und M einleitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beteiligter, der die Kosten selbst zu tragen müsste, ein einheitliches Verfahren anstrengen würde, wenn es um die Sorge für die gemeinsamen Kinder geht. Dass im vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung erforderlich wäre, ist nicht ersichtlich. Dass bei den Kindern unterschiedliche Aspekte zu p...

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