Leitsatz (amtlich)

1. Wenn eine Zeitschrift mit den Zahlen der Allensbacher Werbeträgeranalyse (AWA) wirbt, muss sie sich auch an die dortige Einteilung der Marktsegmente halten. Sie darf die Marktsegmente nicht so verändern, insbesondere verkleinern, dass sie als „Marktführerin” erscheint.

2. Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Widerruf einer irreführenden Spitzenstellungsberühmung

 

Normenkette

UWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 30.10.2001; Aktenzeichen 312 O 534/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg – Zivilkammer 12 – vom 30.10.2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von EUR 3600.- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 51.129 EUR festgesetzt (100.000 DM).

 

Tatbestand

Die Klägerin gibt die Zeitschrift „Computer BILD Spiele” heraus, die Beklagte die Zeitschrift „PC Games”. Die Zeitschrift der Beklagten befasst sich nur mit PC-Spielen, die Zeitschrift der Klägerin neben PC-Spielen auch mit Video- und Konsolenspielen. Nach den Zahlen der Allensbacher Werbeträgeranalyse (AWA) für das Jahr 2001 erreichte die Klägerin mit ihrer Zeitschrift 1,88 Mio Leser, die Beklagte 970.000 Leser (Anlage Bk 1).

Die Beklagte behauptete im Editorial ihrer Ausgabe 9/2001 und in einer Pressemitteilung vom 31.7.2001, dass sie das meistgelesene PC-Spielemagazin und Marktführerin sei. Die Klägerin erwirkte daraufhin am 10.8.2001 eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg, womit der Beklagten diese Behauptungen verboten wurden (Aktz. 312 O 502/01). Die Beklagte erkannte die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung an (Anlage Bk 3).

Mit dem vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte auf Widerruf der verbotenen Behauptungen als unwahr in Anspruch, und zwar durch Abdruck des Widerrufs im Editorial der Zeitschrift „PC-Games” und außerdem durch Zusendung an die Empfänger der Pressemitteilung. Außerdem begehrt sie Auskunft über die Empfänger der Pressemitteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten aus der Verbreitung der Behauptungen.

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Parteivortrags und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage bezüglich der Auskunft und der Schadensersatzfeststellung stattgegeben. Die Widerrufsanträge hat es zurückgewiesen, da jedenfalls der begehrte Widerruf in der konkreten Fassung über das zur Störungsbeseitigung Erforderliche hinausgehe. Das LG hatte den Parteien zuvor als Vergleichsvorschlag einen geänderten Text übermittelt, welcher jedoch von der Beklagten nicht akzeptiert worden war. Eine Änderung des Widerrufstextes im Sinne dieses Kompromissvorschlages durch Urteil hat das LG für unzulässig gehalten.

Gegen das ihr am 1.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 16.11.2001 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Im Wesentlichen macht sie geltend:

Die begehrten Widerrufe stünden ihr zu. Die Beklagte nehme eine unzulässige Aufteilung des Marktes für Computerzeitschriften vor, wenn sie das Marktsegment „reine” PC-Spiele-Zeitschriften bilde und sich darin als Königin kröne. Wenn die Beklagte mit AWA-Zahlen werbe, müsse sie sich auch an die AWA-Marktsegmente halten, die die Zeitschriften der Parteien in einem Segment erfassten. Die durch die unzulässige Werbung der Beklagten verursachte Beeinträchtigung der Klägerin dauere auch an, weil gerade die Behauptung einer Marktführerschaft eine besondere Anziehungskraft auf Anzeigenkunden ausübe. Angesichts der Zahlenverhältnisse liege eine besonders krasse Form der Irreführung vor. Zudem hätten sich – unstreitig – noch am 8.1.2002 die Pressemitteilung vom 31.7.2001 und eine weitere Pressemitteilung vom 11.7.2001, die ebenfalls die Behauptung enthielte, dass „PC Games” das meistgelesene PC-Spielemagazin sei, auf der Homepage der Beklagten im Internet befunden.

Der Vergleichsvorschlag des LG sei als Minus in den Widerrufsanträgen enthalten gewesen, so dass zumindest Berichtigungsansprüche in der vom LG vorgeschlagenen Form hätte zuerkannt werden müssen.

Die Klägerin beantragt (wobei die Hilfsanträge dem Textvorschlag des LG entsprechen), unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. in der nächsten, für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift „PC Games” den nachfolgenden Widerruf abzudrucken:

„Widerruf

In der Ausgabe 09/2001 von „PC Games” haben wir behauptet, „PC Games” sei auch weiterhin Deutschlands meist gelesenes PC-Spiele-Magazin. Diese Behauptung widerrufen wir hiermit als unwahr.

C. AG

Der Vorstand”

Der Widerruf ist im Editorial an gleicher Stelle und in der gleichen Schriftart und Schriftgröße...

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