Leitsatz (amtlich)

Die Zubilligung eines Richtigstellungsanspruchs zugunsten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist auf Fälle zu beschränken, in denen die fortwirkende Rufbeeinträchtigung ein erhebliches Gewicht hat.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 01.09.2006; Aktenzeichen 324 O 932/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.04.2008; Aktenzeichen VI ZR 83/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Geschäftsnummer 324 O 932/05, vom 1.9.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist hinsichtlich des Anspruchs zu I. des angefochtenen Urteils gegen Sicherheit von 140.000 EUR, hins. der Kosten gegen Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird bezüglich des Richtigstellungsanspruchs (Ziff. II. des Tenors des angefochtenen Urteils) zugelassen.

 

Gründe

1. Klägerin ist die Bundesrepublik Deutschland. Sie begehrt von der Beklagten Unterlassung der erneuten Veröffentlichung mehrerer Passagen eines Beitrags, der in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift F. vom 17.9.2005, Nr. 38/05 erschienen ist, sowie den Abdruck einer Richtigstellung, die sich auf den Inhalt dieses Beitrags bezieht.

In diesem Artikel mit der Überschrift "Leck verzweifelt gesucht" wird u.a. berichtet, dass ein Geheimpapier des Bundeskriminalamtes (BKA) über den mutmaßlichen Terroristen S., in welches auch Informationen ausländischer Geheimdienste eingeflossen seien, an die Presse gelangt sei. In diesem Zusammenhang wird weiter berichtet, bei der Fahndung nach einem Verräter in den eigenen Reihen habe das BKA unauffällig streng geheime Dossiers manipuliert und diese sodann als "versteckte Köder" an verschiedene Staatsschutzreferate des BKA verteilt. Im Einzelnen wird hierzu auf den als Anlage K 1 zur Akte gereichten Beitrag verwiesen.

Die Klägerin bestreitet, dass für interne Ermittlungen eine manipulierte "S.-Akte" in Umlauf gebracht worden sei.

Sie hat beantragt, die Beklagte zur Unterlassung hinsichtlich der in ihrer Klageschrift im Einzelnen aufgeführten Äußerungen sowie zum Abdruck einer Richtigstellung gemäß ihrem Klageantrag zu II. zu verurteilen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie behauptet, einer ihrer Redakteure sei von einer ihr als zuverlässige Quelle bekannten Informationsperson aus dem BKA kontaktiert und gewarnt worden, dass das S.-Dossier durch Veränderung einzelner Zahlen manipuliert worden sei, um nachzuvollziehen, wo das Informationsleck sitze. Sie besitze hierüber auch Dokumente, die sie aus Gründen des Informantenschutzes nicht vorlegen könne.

Zum Sachverhalt im Übrigen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Durch Urteil vom 1.9.2006 hat das LG die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung sowie zur Richtigstellung verurteilt.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beanstandet die Interpretation der Erstmitteilung, die Bezeichnung ihres erstinstanzlichen Vortrags zu den angeblichen Manipulationen als unsubstantiiert sowie die Zubilligung eines Richtigstellungsanspruchs zugunsten der Klägerin als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, hilfsweise die angeordnete Schriftgröße der Überschrift.

Die Beklagte beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Im Einzelnen wird hierzu auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze verwiesen.

2. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

a) Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen werden kann, hat das LG entschieden, dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zusteht. Dieser folgt aus §§ 823 Abs. 2, 1004 analog BGB i.V.m. § 186 StGB, da nicht erwiesen ist, dass die in dem Beitrag enthaltenen Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen.

Einem Unterlassungsanspruch steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Betroffenen um eine Bundesbehörde, somit um eine Einheit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt. Der Ehrenschutz einer Person des öffentlichen Rechts ist allerdings nicht aus den Wertentscheidungen von Art. 1 und 2 GG ableitbar, weil sie in Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgabe keine Grundrechtsträgerin sein kann (BVerfG 21,362 ff.; 23,12 ff.; 24,367 ff.; BGH v. 16.11.1982 - IV ZR 122/80, NJW 1983, 1183 ff.). Sie genießt jedoch strafrechtlichen Ehrenschutz nach §§ 185 ff. StGB (vgl. Schönke/Schröder/Lenkner, StGB, Vorbem. vor §§ 185 ff. Rz. 3. m.w.N.) und ist gegen beleidigende Angriffe zivilrechtlich gem. § 823 Abs. 2 BGB geschützt (BGH a.a.O.; Wenzel, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 5, Rz. 126 m.w.N.; Prinz/Peters, Medienrecht Rz. 193; kritisch Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, Rz. 10.19). Bezüglich des strafrechtlichen Ehrenschutzes ergib sich dies bereits aus dem Wortlaut des § 194 Abs. 3 Satz 2 StGB, der die Beleidigungsfähigkeit einer Behörde voraussetzt.

Wie das LG weiter ausgeführt hat, ...

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