Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt für die Ermittlung des maßgeblichen Erbstatuts im Rahmen der Klage eines nichtehelichen Kindes auf vorzeitigen Erbausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch für den vorzeitigen Erbausgleich gem. § 1934 d BGB ist das anzuwendende Recht nach dem Erbstatut des Art. 25 EGBGB zu beurteilen. Danach ist auf das Recht des Staates abzustellen, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte. Für den vorzeitigen Erbausgleich ist der für die Beurteilung des Erbstatuts maßgebliche Zeitpunkt vorzuverlegen. Andernfalls wäre der vorzeitige Erbausgleich auch bei einem deutschen Vater generell deshalb in Frage gestellt, weil die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes niemals mit letzter Sicherheit vorhergesagt werden kann.

2. Für die Ermittlung des maßgeblichen Erbstatuts ist im Falle des vorzeitigen Erbausgleichs in entsprechender Anwendung des Art. 25 I EGBGB nicht auf die Anhängigkeit, sondern auf die Rechtshängigkeit der Klage abzustellen. Für den Fall, dass der Vater (Beklagter) nach Anhängigkeit aber vor Rechtshängigkeit die Staatsangehörigkeit wechselt, entfällt ein vorzeitiger Erbausgleich.

 

Normenkette

BGB §§ 1934d, 1934e; EGBGB Art. 25 Abs. 1; ZPO §§ 23, 27, 270 III

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.04.1994; Aktenzeichen 302 O 140/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 2, vom 28. April 1994 (Aktenzeichen 302 O 140/93) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 9.000,– abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 24.846,–.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am … Januar 1968 geborene Klägerin, die nichteheliche Tochter des Beklagten, nimmt diesen auf vorzeitigen Erbausgleich gemäß § 1934 d BGB in Höhe von DM 24.846,– nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Januar 1991 in Anspruch.

Die Vaterschaft wurde von dem Beklagten mit notarieller Erklärung vom 19. Oktober 1990 anerkannt (Anlage 1). Der Anerkennung der Vaterschaft durch den Beklagten hat die Klägerin mit notarieller Erklärung vom 29. Oktober 1990 zugestimmt (Anlage 2). Nach Eintritt der Volljährigkeit hatte die Klägerin zunächst ihre eheliche Abstammung vom Ehemann der Mutter erfolgreich angefochten.

Der Beklagte hat noch eine weitere Tochter aus einer früheren Ehe.

Am 9. Januar 1991 ging bei Gericht ein Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine dem Antrag beigefügte Klage auf vorzeitigen Erbausgleich ein. In dem Prozeßkostenhilfeantrag wird darauf hingewiesen, daß die Klage nur in dem Umfang erhoben werden solle, als Prozeßkostenhilfe bewilligt werde. Diese wurde durch Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 2, vom 28. Oktober 1993 (FamRZ 1994, 403 = NJW-RR 1994, 1098) gewährt. Vorgerichtlich hatte der Beklagte vergleichsweise DM 18.000,– als vorzeitigen Erbausgleich angeboten.

Die Zustellung der Klage erfolgte am 8. November 1993.

Seit 25. Januar 1993 ist der Beklagte kanadischer Staatsangehöriger (Anlage B 3). Er hat die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende deutsche Staatsangehörigkeit gemäß der Auskunft der Freien und Hansestadt Hamburg, Einwohner-Zentralamt, mit dem Erwerb der kanadischen Staatsangehörigkeit verloren. Der Beklagte war 1988 nach Kanada übergesiedelt und hat dort geheiratet.

Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige.

Bis zu seiner Auswanderung nach Kanada betrieb der Beklagte eine chirurgische Praxis in Hamburg, wo er seinen letzten Wohnsitz hatte. Diese veräußerte er 1988.

Weiter verfügte der Beklagte über ein Grundstück in Hamburg-Othmarschen, das er ebenfalls vor seiner Übersiedlung nach Kanada veräußerte.

Bis Ende 1993 bezog der Beklagte eine Berufsunfähigkeitsrente aufgrund eines Lebensversicherungsvertrages bei der … Lebensversicherung AG in Hannover. Zwischen den Parteien ist im Berufungsverfahren unstreitig geworden, daß die Versicherungssumme dem Beklagten erst nach Mitte November 1993 nach Kanada ausgezahlt worden ist.

Wie in der Berufungsinstanz weiter vorgetragen wurde, war der Beklagte zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zumindestens Mitinhaber eines Kontos bei der Apotheker- und Ärztebank in Hamburg mit einem Guthaben von DM 769,10 und verfügte weiter über einen Genossenschaftsanteil bei dieser Bank in Höhe von DM 2.000,–. Das Konto ist zwischenzeitlich gekündigt.

Nach seiner Übersiedlung nach Kanada erwarb der Beklagte dort ein Haus für einen Kaufpreis von umgerechnet ca. DM 730.000,–.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Beklagte auf der Basis der Jahre 1981 bis 1986 an die Klägerin einen durchschnittlichen Jahresunterhalt in Höhe von insgesamt DM 8.282,– hätte zahlen müssen, wenn er die Vaterschaft vorher anerkannt hätte.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen:

Das angerufene Geric...

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