Entscheidungsstichwort (Thema)

Anita

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat ist unverändert der Auffassung, dass die Nutzung eines Musikstücks als Handy-Klingelton urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse des Berechtigten berührt, weil das Musikstück nicht zur sinnlichen Wahrnehmung eingesetzt, sondern als funktionales Medium verwendet wird (im Anschluss an: Senat GRUR-RR 02, 249 - Handy-Klingeltöne; OLG Hamburg GRUR 2006, 323 - Handy-Klingeltöne II). Hierfür ist es ohne Bedeutung, ob es sich um monophone bzw. polyphone Klingeltöne oder mastergestützte Realtones handelt.

2. Bei der Nutzung urheberrechtlich geschützter Melodien in Form von Handy-Klingeltönen ist eine Trennung der Rechteeinräumung im Hinblick auf die allgemeinen urheberrechtlichen Verwertungsrechte (durch die GEMA) sowie die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse (durch die Berechtigten selbst bzw. deren Vertreter) im Rahmen eines zweistufigen Lizenzierungsverfahrens zulässig und sachlich geboten.

 

Normenkette

UrhG §§ 23, 39, 97 Abs. 1; UrhWahrnG § 11; GEMA-BV §§ 1h, 1k

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 29.12.2006; Aktenzeichen 308 O 292/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.03.2010; Aktenzeichen I ZR 18/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 29.12.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 320.000 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist Musikverlegerin, die u.a. über konzernverbundene Gesellschaften Rechte an den Kompositionen nationaler und internationaler Künstler hält. Die Beklagte ist mit der Deutschen Telekom AG konzernverbunden. Sie bietet als Mobilfunknetzbetreiber u.a. entgeltliche Mobilfunkdienste und in diesem Zusammenhang z.B. über ihre Internetseite www.t-zones.de auch diverse Musiktonfolgen an, die von den Nutzern zu unterschiedlichen - überwiegend funktionalen - Zwecken im Telekommunikationsbereich genutzt werden können.

Die Parteien waren in der Vergangenheit - u.a. im Hinblick auf die Senatsentscheidung vom 4.2.2002 (Senat GRUR-RR 02, 249 ff. - Handy-Klingeltöne) - über die Nutzung von sog. Handyklingeltönen durch eine Vereinbarung vom 3./11.10.2002 miteinander verbunden (Anlage K8). Diese Vereinbarung hatte die Klägerin zum 31.12.2005 durch Kündigung beendet. Gegenstand der Auseinandersetzung der Parteien ist die Befugnis der Beklagten, auch in Zukunft derartige Handyklingeltöne zu verwerten.

Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens 308 O 26/06 haben die Parteien u.a. darüber gestritten, inwieweit die Beklagte berechtigt ist, sog. monophone bzw. polyphone Klingeltöne anzubieten, denen Musikstücke von Künstlern zugrunde liegen, die bei der Klägerin unter Vertrag stehen bzw. deren Rechte sie in Deutschland wahrnimmt.

Gegen das Urteil in dem Verfügungsverfahren hatte die Beklagte zunächst Berufung eingelegt, die vor dem Senat zu dem Aktenzeichen 5 U 65/06 anhängig war. Im Hinblick auf eine (Teil)Vergleichsvereinbarung der Parteien (Anlage K19) hat die Beklagte dieses Rechtsmittel sodann zurückgenommen.

In dem vorliegenden Hauptsacheverfahren streiten die Parteien insbesondere über die Frage, ob die Beklagte ohne gesonderte Zustimmung der Klägerin berechtigt ist, Musikrepertoire von Künstlern als mastergestützte Klingeltöne (sog. Realtones), als Freizeichenuntermalungsmelodien (sog. Soundlogos) oder als videogestützte Klingeltöne (sog. Videotones) kommerziell anzubieten. Im Vergleich zu monophonen bzw. polyphonen Klingeltönen geben Realtones das - allerdings gekürzte, in Teilen "geloopte" bzw. sonst wie veränderte - Originalwerk in seiner ursprünglichen Intonation und nicht nur als Melodielinie wieder. Freizeichenuntermalungsmelodien sind Stücke von Musiktiteln, mit denen das Telekommunikations-Freizeichen unterlegt wird, während der Anrufer auf eine Verbindung wartet.

Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, für eine derartige Nutzung sei ihre bzw. die Zustimmung der Urheber in jedem Einzelfall notwendig. Die Einräumung der Rechte durch die GEMA sei nicht rechtswirksam möglich, selbst wenn § 1h) Abs. 4 des GEMA Berechtigungsvertrages aus dem Sommer 2005 nunmehr vorsehe, dass die GEMA auch Rechte an Handyklingeltönen wahrnehme.

Die Klägerin hat (soweit im Rahmen der Berufung noch von Bedeutung) in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, Melodien und/oder Werkteile von Musikwerken aus dem Verlagsrepertoire der Klägerin - wie im Folgenden aufgelistet - in mastergestützten Auswertungsformen als Handyklingelton und/oder Videotone und/oder Freizeichenuntermalungsmelodie zu v...

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