Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 308 O 110/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 08.07.2016 abgeändert.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren auf EUR 6.196,86 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger und Widerbeklagte (im Folgenden: Kläger) hat von dem Beklagten und Widerkläger (im Folgenden: Beklagter) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ................................ GmbH & Co. Tankschiff KG (im Folgenden: Schuldnerin) die Feststellung einer Forderung iHv EUR 6.135,50 zur Tabelle als Hauptforderung im Rang des § 38 InsO begehrt. Widerklagend nimmt der Beklagte den Kläger wegen erhaltener Ausschüttungen in Höhe von EUR 3.067,76 auf Zahlung in Anspruch.

Erstinstanzlich hat das Landgericht die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage hin zur Zahlung von EUR 3.067,76 verurteilt.

Hiergegen hat der Kläger zunächst vollumfänglich Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des Senats hat der Kläger seine Berufung hinsichtlich seines abgewiesenen Klagantrags zurückgenommen.

Die Parteien streiten jetzt in erster Linie noch über die Frage, ob der Kläger verpflichtet ist, seine Einlage im Hinblick auf erhaltene Liquiditätsausschüttungen wieder aufzufüllen.

Der Kläger beantragt wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung des Klägers ist begründet, da dem Beklagten der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zusteht.

1. Zwar hat der Kläger die von ihm anfänglich geleistete Einlage aufgrund von Liquiditätsausschüttungen im Sinne des § 172 Abs. 4 HGB teilweise zurückerhalten. Gleichwohl ist der Beklagte nur insoweit berechtigt, auf den Kläger als Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 2 HGB bis zur Höhe seiner Einlage zurückzugreifen, als dies zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2011). Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass er die zurückbezahlte Einlage in Höhe von restlichen EUR 3.067,76 für die Begleichung der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten (§§ 54, 55 InsO) und für die Befriedigung von Gläubigerforderungen benötigt. Nach dem Vortrag des Beklagten steht ihm eine Insolvenzmasse von zumindest EUR 2.173.846,00 zur Verfügung. Dem stehen Verfahrenskosten in Höhe von EUR 266.141,15 und Masseverbindlichkeiten in Höhe von EUR 1.585.159,80 gegenüber. Die verbleibende Insolvenzmasse in Höhe von EUR 322.545,05 genügt, um sämtliche vom Beklagten zur Insolvenztabelle festgestellten Gläubigerforderungen in Höhe von EUR 71.530,54 (vgl. Vortrag des Beklagten Bl. 469 d.A.). Soweit der Beklagte darauf verweist, dass über die von ihm festgestellten Forderungen weitere Gläubigerforderungen in Höhe von rund 530.000,- zur Tabelle angemeldet worden seien, so dass bei der Geltendmachung der Kommanditistenhaftung Forderungen in Höhe von rund EUR 600.000,- zu berücksichtigen seien, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Der Beklagte bezieht sich bei seiner Auffassung, die zur Tabelle angemeldeten Forderungen seien unabhängig davon, ob diese (bereits) festgestellt oder (noch) bestritten seien, zu berücksichtigen auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.12.2015 - IX ZR 143/13). Dem vorgenannten Urteil kommt allerdings keine Aussagekraft für die hier zu beurteilende Frage zu, welche Gläubigerforderungen der Insolvenzgläubiger im Rahmen der §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB bei der Inanspruchnahme eines Kommanditisten heranziehen kann. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte allein über den Umfang der Sperr- und Ermächtigungswirkung des § 93 InsO zu entscheiden; er hat dort zu Lasten eines anmeldenden Gläubigers entschieden, dass ein Insolvenzverwalter die Haftungsforderungen der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern auch dann geltend machen könne, wenn eine angemeldete Forderung später bestritten werde. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Sperr- und Ermächtigungswirkung des § 93 InsO, sondern um die Frage, ob ein Insolvenzverwalter auch dann angemeldete Forderungen zu Lasten des Gesellschafters geltend machen kann, wenn er diese - wie vorliegend - ausdrücklich bestritten hat. Ein solches Recht kann dem Insolvenzverwalter jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zugesprochen werden. Der Beklagte bringt durch seine Widersprüche gegen die angemeldeten Forderungen zum Ausdruck, dass er sie nach der ihm obliegenden sorgfältigen Prüfung für unberechtigt hält. Dann aber kann der Beklagte nicht - ohne sich dem Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens auszusetzen - die Inanspruchnahme des Klägers für diese von ihm bestrittenen Forderungen geltend machen. Daher können bei verständiger Betrachtung nur anerkannte oder sonst rechtskräftig festgestellte, nicht aber vom Insolvenzverwalter bestrittene Gläubigerforderungen berücksichtigt werden (so auch OLG Schles...

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