Leitsatz (amtlich)

1. Der in den Mietvertrag nach § 566 BGB eingetretene Erwerber kann nur gemeinsam mit dem vom Mieter bei Vertragsschluss getäuschten Veräußerer die Anfechtung des Mietvertrags nach § 123 Abs. 1 BGB erklären.

2. Das Anfechtungsrecht des Veräußerers gem. § 123 Abs. 1 BGB kann nicht an den Erwerber abgetreten werden.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.01.2012; Aktenzeichen 333 O 12/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 33, vom 17.1.2012 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe eines gewerblichen Mietobjekts in Anspruch.

Die Beklagte als Mieterin schloss mit der Voreigentümerin unter dem 10./12.5.2010 einen Mietvertrag über Geschäftsräume im Haus Reeperbahn 155 in Hamburg. Das Mietverhältnis ist fest abgeschlossen bis zum 30.6.2020. Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Die Klägerin erwarb das Grundstück von der Voreigentümerin mit Kaufvertrag vom 17.8.2010 und wurde am 15.10.2010 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Im Rahmen der zwischen der Beklagten und der Voreigentümerin vor Abschluss des Mietvertrages geführten Verhandlungen, deren Einzelheiten streitig sind, legte die Beklagte ein Konzept vor, wonach sie beabsichtige, in den Räumen einen "Wacken Store" zu betreiben, in dem Produkte zum Verkauf angeboten werden, die im Zusammenhang mit dem Wacken Open Air Hardrock Festival stehen. In § 2 des Mietvertrages wurde als Mietzweck vereinbart der Betrieb von

"Infocenter - Ticketcenter - Fanshop - Einzelhandel". Das Konzept des Betriebs eines Wacken Store setzte die Beklagte nicht um. Mit Schreiben ihrer Hausverwaltung vom 15.9.2010 ließ die Voreigentümerin der Beklagten wegen vertragswidriger Nutzung eine Abmahnung erteilen. Die Abmahnung wurde damit begründet, dass die Beklagte in den Räumen einen sog. Headshop betreibe. Headshops sind in Deutschland legale Geschäfte, die Zubehör für den Konsum von Cannabis verkaufen, ohne dass dort Drogen selbst verkauft werden. Die Klägerin ließ mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.11.2010 wegen des Betriebs eines Headshops eine erneute Abmahnung sowie die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung erklären. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 4 verwiesen. Vorsorglich ließ die Klägerin wegen der Nichteinhaltung des vereinbarten Vertragszwecks mehrfach die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages erklären, u.a. mit Schreiben vom 17.12.2010. Im Verlauf des Rechtsstreits erklärte sie mit unterschiedlichen Begründungen zahlreiche weitere außerordentliche Kündigungen.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte betreibe in dem Mietobjekt einen Headshop. Damit sei weder die Voreigentümerin noch sie, die Klägerin, einverstanden gewesen. Die Beklagte habe von Anfang an nicht vorgehabt, in den Räumen einen Wacken Store zu eröffnen. Das Konzept sei nur vorgeschoben worden, um ein Mietverhältnis für die gewünschten Geschäftsräume eingehen zu können und dann einen Headshop zu betreiben. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung über den Gegenstand des Geschäftsbetriebs der Beklagten wirksam sei, jedenfalls sei der Mietvertrag wirksam außerordentlich gekündigt worden.

Die Beklagte hat sowohl die Anfechtung des Mietvertrages als auch die außerordentlichen Kündigungen für unwirksam gehalten. Sie hat behauptet, sie würde in erster Linie ein Touristcenter, Infocenter, Souvenircenter und Ticketcenter in den Räumen betreiben, und sie würde eine Fülle kiezüblicher Souvenirprodukte anbieten, u.a. auch Raucherzubehör und Wasserpfeifen. Jedenfalls im Zeitpunkt des Zugangs der ersten Kündigung hätten sich keine Produkte in ihrem Sortiment befunden, die einen Bezug zum Konsum von Cannabis gehabt hätten. Sie, die Beklagte, habe Bedenken gehabt, den Betrieb eines Wacken Store als Mietzweck im Mietvertrag aufzunehmen, da sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages insoweit noch keine rechtsverbindlichen Vereinbarungen getroffen habe. Letztlich seien die Verhandlungen über die Errichtung eines Wacken Store aus finanziellen Gründen gescheitert. Beide Gesellschafter der Klägerin seien am 16.11.2010 bei der Beklagten erschienen und hätten geäußert, sie würden das Mietverhältnis wegen einer Täuschung über den Mietzweck beenden, es sei denn, die Beklagte sei bereit, für die Fortsetzung des Mietvertrages einen erhöhten Mietzins von EUR 5.100 nettokalt anstelle von EUR 3.756 nettokalt zu zahlen.

Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen des Tatbestandes, der Anträge der Parteien und der Entscheidungsgründe Bezug genommen wir...

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