Entscheidungsstichwort (Thema)

Tribenuronmethyl

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wer ein parallelimportiertes Pflanzenschutzmittel in Deutschland in den Verkehr bringt, für welches er in Bezug auf ein bestimmtes Referenzmittel durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter Zuteilung einer PI-Nummer die Verkehrsfähigkeit - allgemein - bescheinigt erhalten hat, muss im Streitfall zumindest in Ansätzen nachvollziehbar darlegen, dass es sich bei dem von ihm - konkret - nach Umverpackung vertriebenen Produkt um ein Originalprodukt handelt, das in seinem Herkunftsland über eine entsprechende Zulassung verfügt.

2. Eine vergleichbare Situation besteht, wenn der Parallelimporteur sein Produkt darüber hinaus ausdrücklich mit dem Hinweis auf eine "chemische Identität" in Bezug auf das Referenzprodukt bewirbt. Diese Grundsätze gelten jedenfalls dann, wenn der Original-Hersteller durch eigene Untersuchungen substantiiert belegt hat, dass die behauptete chemische Identität nicht besteht.

3. Ist ein Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG zum Teil verjährt, so kann ein unselbständiger Auskunftsanspruch aus § 242 BGB in Bezug auf den verjährten Zeitraum nicht mehr durchgesetzt werden.

 

Normenkette

PflSchG § 16c Abs. 1, § 11; UWG § 4 Nr. 10, § 5 Abs. 1, § 11; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 416 O 289/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.02.2012; Aktenzeichen I ZR 81/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 29.4.2008 unter Abweisung der weitergehenden Klage abgeändert. Ziff. 3 des Tenors erhält folgenden Wortlaut:

"Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in Bezug auf das in Ziff. I bezeichnete Produkt Auskunft zu erteilen über die Menge der Erzeugnisse, die sie nach dem 24.9.2009 erhalten hat, und hierzu entsprechende Belege vorzulegen."

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte 23/25, die Klägerin trägt 2/25.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. EUR 250.000, die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. EUR 2.000 abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist ein u.a. in der Forschung, Entwicklung und Produktion von Pflanzenschutzmitteln tätiges Unternehmen. Die Klägerin bringt in Deutschland u.a. das Herbizid POINTER® in den Verkehr, das in der Landwirtschaft zur Anwendung gegen Unkräuter im Winter- und Sommergetreide zugelassen ist. POINTER® enthält den aktiven Wirkstoff Tribenuronmethyl. Dieses Herbizid ist in Deutschland durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter der Zulassungsnummer 3939/00 zugelassen (Anlage K 1).

Die Beklagte ist ein Importeur von Pflanzenschutzmitteln. Sie bringt nach dem Umpacken in neue Verpackungen unter ihrem eigenen Handelsnamen parallel importierte Produkte in Deutschland auf den Markt, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugelassen und mit in Deutschland zugelassenen Produkten identisch sind bzw. sein sollen. Die Namen der von der Beklagten so vertriebenen Produkte setzen sich aus ihrem Namen ("Realchemie") sowie dem generischen Namen der aktiven Wirkstoffe der betreffenden Pflanzenschutzmittel zusammen (Anlage K 2).

Die Beklagte bringt u.a. unter dem Namen "Realchemie Tribenuronmethyl" ein Produkt auf den Markt, das mit dem Herbizid POINTER® der Klägerin identisch ist (bzw. sein soll). Hierfür hat die Beklagte vom BVL die Parallelimport-Nummer PI-Nr. 023939-00/013 erhalten, die im Falle der chemischen Identität die Verkehrsfähigkeit bestätigt (Anlagen K 3 und B 3). Auf der Produktverpackung findet sich der Hinweis "chemisch identisch mit POINTER®" sowie der weitere Hinweis "Zulassungsinhaber: Du Pont de Nemours (Deutschland) GmbH".

Die Klägerin wirft der Beklagten vor, sie habe in Deutschland ihr Produkt in einer Zusammensetzung auf den Markt gebracht, welche - entgegen den Angaben auf der Produktverpackung - nicht chemisch identisch mit POINTER® sei.

Wegen dieses Vorfalls hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 3.7.2007 vorprozessual abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage K 8). Dieser Aufforderung ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe im März 2007 in einem Landhandelsbetrieb in Deutschland eine Flasche des Produkts "Realchemie Tribenuronmethyl" erworben. Untersuchungen durch ihr Analyselabor hätten ergeben, dass dieses von der Beklagten in Deutschland vertriebene Produkt entgegen dem auf der Plastikflasche abgedruckten Hinweis nicht mit dem Produkt POINTER® chemisch identisch gewesen sei. Tatsächlich hätten substantielle Abweichungen bestanden. Insbesondere seien die Gewichtsanteile bzw. Konzentration...

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