Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 404 HKO 43/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. 10. 2017, Geschäfts-Nr. 404 HKO 43/17, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. 10. 2017, Geschäfts-Nr. 404 HKO 43/17, und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 10.900 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 ZPO i.V.m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat das Bestehen eines Anspruchs in Höhe von 10.900 EUR zu Recht angenommen.

Der Anspruch beruht auf Art. 17 CMR. Die Haftungsbeschränkungen des Art. 23 CMR kann die Beklagte nicht für sich in Anspruch nehmen, da hier qualifiziertes Verschulden im Sinne von Art. 29 CMR vorliegt. Die Ware ist unstreitig im Obhutszeitraum verlustig gegangen, ohne dass es hierzu nähere Kenntnisse gibt. Beweispflichtig für qualifiziertes Verschulden ist zwar die Klägerin. Die Beklagte trifft aber eine sekundäre Darlegungslast (vgl. dazu BGH TranspR 2012, 463, zitiert nach juris, Tz. 17). Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen. Der Vortrag der Beklagten beschränkt sich auf Folgendes (Seite 2 des Schriftsatzes vom 6. 6. 2017 = Bl. 27 d.A.): "Der Verbleib der (kleinen) Sendung konnte von der Streitverkündeten nicht aufgeklärt werden. Dies wurde unabhängig von einer Haftung versucht. Die Streitverkündete geht davon aus, dass wenn die Sendung übernommen wurde, versehentlich falsch geroutet, weitergeleitet wurde. Dies kann passieren und rechtfertigt nicht den Vorwurf des groben Verschuldens". Daraus ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, was tatsächlich passiert ist. Auch die Aussage der Streitverkündeten L. in der E-Mail des Herrn V. vom 24. 3. 2017 (Anlage K 21) "I loaded the goods in the iln truck without mistakes" enthält nicht die erforderlichen Informationen. So wird nicht ausgeführt, wann, wo und in den Truck welchen (weiteren) Frachtführers die Ware verladen worden sein soll. Wenn es dort weiter heißt "when you have a lot of partners for the same transport operation, you have a lot of transfers of responsabilities", zeigt das nur die Notwendigkeit von Schnittstellenkontrollen (vgl. dazu BGH TranspR 2015, 33, zitiert nach juris, Tz. 36), zu denen hier jeder Vortrag fehlt. Wenn der Verlust völlig "im Dunkeln" bleibt, ist der sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass dann von qualifiziertem Verschulden auszugehen ist (vgl. BGH NJW 2003, 3626, juris-Tz. 32; OLG Düsseldorf TranspR 2015, 285, juris-Tz. 27; OLG Stuttgart TranspR 2003, 308, juris-Tz. 35, OLG Bamberg TranspR 2005, 358, juris-Tz. 28).

Da im vorliegenden Fall qualifiziertes Verschulden zu bejahen ist, greift auch die Verjährungseinrede der Beklagten nicht durch, da die Verjährungsfrist gemäß Art. 32 CMR dann drei Jahre beträgt. Da der Schaden im Jahr 2016 eingetreten ist und die Klage - mit Offenlegung der Prozessstandschaft - im Jahr 2017 erhoben worden ist, ist die Verjährung gemäß Art. 32 Abs. 3 CMR i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt worden.

Die Beklagte ist als Vertragspartnerin der T. Logistik GmbH auch passivlegitimiert. Auf Art. 36 CMR kann sich die Beklagte nicht berufen. Es wird die Auffassung vertreten, dass gemäß Art. 36 CMR auch der Hauptfrachtführer in Anspruch genommen werden darf, selbst wenn dieser den gesamten Auftrag weitergegeben hat (vgl. Koller, Transportrecht, 9. Aufl., Art. 36 CMR, Rn. 2). Dann wäre die Beklagte ohnehin passivlegitimiert. Dies kann letztlich dahinstehen, weil Art. 36 CMR im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Art. 36 CMR ist nämlich nur unter den Voraussetzungen des Art. 34 CMR anwendbar (vgl. Koller, a.a.O., Art. 36 CMR, Rn. 1; Jesser-Huß in Münchener Kommentar, HGB, Transportrecht, 3. Aufl., Art. 36 CMR, Rn. 3). Art. 34 CMR setzt aber die Ausstellung eines wirksamen durchgehenden Frachtbriefs voraus (Koller, a.a.O., Art. 34 CMR, Rn. 3; Jesser-Huß in Münchener Kommentar, a.a.O., Art. 34 CMR, Rn. 8). Daran fehlt es hier.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist berechtigt, die Forderung im eigenen Namen einzuklagen und Zahlung an sich zu verlangen.

Ursprüngliche Forderungsinhaberin war die Versicherungsnehmerin (T.). Deren Anspruch ist auf die Transportversicherer von T. übergegangen (§ 86 VVG). Gezahlt haben zwar nicht die Versicherer selbst, sondern die Klägerin. Als Anlage K 15 ist der Überweisungsbeleg in Kopie vorgelegt, als Anlage K 16 der entsprechende Kontoauszug. Angesichts dieser Unterlagen ist das Bestreiten der Beklagten nicht ausreichend substantiiert. Die Beklagte beruft sich nicht darauf, dass es sich bei den eingereichten Unterlagen um Fälschungen handelt. Sie meint vielmehr, dass sich aus den Anlagen nicht ergebe, dass tatsächlich gezahlt worden sei (Schriftsatz vom 4. 12. 2019 = Bl. 155 d...

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