Verfahrensgang

AG Hamburg-Harburg (Aktenzeichen 631 FH 1/18)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 16. November 2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - Harburg, vom 16. Oktober 2018 aufgehoben.

II. Der Antragstellerin wird mitgeteilt, dass zulässige Einwendungen erhoben worden sind.

III. Von der Erhebung von Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Festsetzung von Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren.

Die Antragstellerin macht Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 im vereinfachten Unterhaltsverfahren geltend. Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 11. April 2018 hat der Antragsgegner auf den Antrag der Antragstellerin vom 12. März 2018 mitgeteilt: "Der Antragsgegner ist zur Zahlung des geforderten Betrages nicht leistungsfähig." Auf den abstrakten Hinweis des Amtsgerichts vom 24. Juli 2018: "die von den Antragsgegner gemachten Einwendungen gemäß § 252 Abs. 4 FamFG sind nach wie vor unzulässig (s. § 252 Abs. 2 FamFG)." hat er mit Schreiben vom 1. August 2018 auf die eingereichten Gehaltsnachweise verwiesen und gebeten darzulegen, warum die Einwendung nicht zulässig sei. Darauf hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 6. August 2018 mitgeteilt: "hinsichtlich ihrer Anfrage vom 01.08.2018 wird auf § 252 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 FamFG verwiesen." Der Antragsgegnervertreter hat darauf unter dem 3. September 2018 mitgeteilt: "hat der Antragsgegner [...] dargelegt, dass er für Unterhaltszahlungen nicht leistungsfähig ist. Es wird daher hiermit ausdrücklich erklärt, dass der Antragsgegner Unterhalt nicht schuldet und sich daher auch nicht zur Erfüllung eines vermeintlichen Unterhaltsanspruches verpflichtet." In diesen Erklärungen hat das Amtsgericht keine ausreichende Erklärung gemäß § 252 Abs. 2 FamFG gesehen, die Einwendung damit als im vereinfachten Unterhaltsverfahrens als unzulässig gewertet und den Unterhalt gemäß § 253 FamFG festgesetzt.

Gegen diese Festsetzung vom 16. Oktober 2018 wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 16. November 2018 erhobenen Beschwerde.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 58ff, 256 FamFG zulässig, insbesondere statthaft, weil er zulässige Einwendungen gemäß § 252 Absatz 2 bis 4 FamFG geltend macht. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Gemäß § 252 Abs. 2 FamFG sind Einwendungen nach den Absätzen 3 und 4 nur zulässig, wenn der Antragsgegner zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet. Hierdurch soll der Antragsgegner angehalten werden, sich über die Berechtigung des Unterhaltsanspruchs Klarheit zu verschaffen und sich dazu gegebenenfalls rechtlich beraten zu lassen. Die Erklärung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen und nach §§ 133, 157 BGB entsprechend ausgelegt werden, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Erklärung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, in welchem Umfang der Antragsgegner die Unterhaltsforderung gegen sich gelten lassen will. Der Antragsgegner kann auch die Erklärung abgeben, keinen Unterhalt zahlen zu wollen, da er insgesamt leistungsunfähig ist(vgl. Macco in: MükoFamFG, 3. Auflage 2018, § 252 Rn. 14).

Letzterem ist der Antragsgegner durch seine Erklärung nachgekommen. Er hat ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass er meint, im geltend gemachten Zeitraum für Unterhaltszahlungen nicht leistungsfähig gewesen zu sein und dass er gar keinen Unterhalt zahlen müsse. Dementsprechend ist der Beschluss des Amtsgerichts gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 FamFG aufzuheben und der Antragstellerin gemäß § 254 FamFG mitzuteilen, dass zulässige Einwendungen erhoben worden sind. Eine darüber hinausgehende Entscheidung in der Sache kann durch das Beschwerdegericht nicht getroffen werden. Dies beruht auf den Besonderheiten des vereinfachten Verfahrens, in dem eine materiellrechtliche Prüfung von zulässigen Einwendungen im Sinne von § 252 Abs. 2 FamFG nicht vorgesehen ist. Vielmehr werden die Beteiligten zu entscheiden haben, ob sie gemäß § 255 FamFG ins streitige Verfahren übergehen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird aufgrund der unrichtigen Sachbehandlung durch das Amtsgericht abgesehen. Im Weiteren bleibt die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten auch des Beschwerdeverfahrens dem Amtsgericht vorbehalten (vgl. Sternal in: Keidel, FamFG, 19. Auflage 2017, § 69 Rn. 39a). Gemäß § 255 Abs. 5 FamFG sind die Kosten des vereinfachten Verfahrens Teil der Kosten eines streitigen Verfahrens.

 

Fundstellen

FamRZ 2019, 1152

FuR 2019, 4

FuR 2020, 177

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