Leitsatz (amtlich)

1. Hilft die Behörde dem in einer Strafvollzugssache eingelegten Widerspruch ab, entscheidet sie gemäß §§ 6 Abs. 1, 3 HmbVwGOAG, 72 VwGO auch über die Kosten.

2. Für die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens in Strafvollzugssachen sind § 80 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG entsprechend anzuwenden. Danach kann grundsätzlich derjenige, der im Vorverfahren erfolgreich ist, Erstattung seiner Kosten, insbesondere der Kosten seines Rechtsanwalts beanspruchen, soweit dessen Zuziehung notwendig war.

 

Normenkette

StVollzG § 109 Abs. 3; HmbVwVfG § 80 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 28.10.2009; Aktenzeichen 607 Vollz 46/08)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 7 - vom 28.10.2009 wird verworfen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdegegners (§ 121 StVollzG).

Der Gegenstandswert wird auf 450,- € festgesetzt.

Der Gegenstandswerts im angefochtenen Beschluss des Landgerichts wird auf 450,- € abgeändert.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die JVA F. dem Beschwerdegegner dessen Anwaltsgebühren für das von ihm betriebene Verwaltungsvorverfahren gem. § 109 Abs. 3 StVollzG zu erstatten hat.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Der Beschwerdegegner ist türkischer Staatsangehöriger und ehemaliger Insasse der JVA F. der Beschwerdeführerin. Er verbüßte seit Oktober 2006 erstmalig eine Freiheitsstrafe, die schließlich durch Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 7 - vom 29.08.08 zum 2/3 Termin zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Nach erfolgter Behandlungsuntersuchung und Vollzugsplanung der JVA F. vom 19.06.07 hielt die JVA den Beschwerdegegner für Lockerungen "derzeit" nicht geeignet und begründete ihre Einschätzung im Vollzugsplan mit einem "noch nicht zufrieden stellend geringen" Missbrauchsrisikos, da dieser seinen Tatbeitrag "auch im Hinblick auf die Gefährlichkeit selbst weicher Drogen" verharmlose und ihm "durch die Straffälligkeit und die Inhaftierung ein Einstieg in das Berufsleben noch erschwert" sei. Wegen bestehender Schulden des Beschwerdegegners, der die Tat nach eigenen Angaben wegen seiner Überschuldung und Geldnot begangen hatte, wurde als notwendige Maßnahme zur Entlassungsvorbereitung die Kontaktaufnahme mit der Schuldnerberatung zwecks Entwicklung eines Tilgungsplanes vermerkt.

Der Beschwerdegegner, der seine Verlegung in den offenen Vollzug der JVA G. anstrebte, versuchte daraufhin zunächst erfolglos, sein Begehren mit Hilfe des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes durchzusetzen.

In der Vollzugsplanfortschreibung vom 05.09.07 stellte die JVA F. erneut eine negative Prognose und wies zur Begründung der Missbrauchsgefahr, ohne jedoch erneut den Gesichtspunkt der Verharmlosung seiner Tat anzuführen, darauf hin, dass die Ursache für die Straffälligkeit des Beschwerdegegners, nämlich seine Verschuldung, noch nicht beseitigt bzw. mit der Schuldenregulierung noch nicht begonnen worden sei.

Nach mehreren anwaltlichen Schreiben, in denen der Rechtsanwalt des Beschwerdegegners ausführte, dass sich der Beschwerdegegner wie gefordert um seine Schuldenregulierung kümmere und zudem Widersprüche in der Vollzugsplanung erkennbar seien, beantragte der Beschwerdegegner durch seinen Rechtsanwalt mit Schreiben vom 04.12.07 formell seine Verlegung in den offenen Vollzug. Diesen Antrag lehnte die JVA F. unter Hinweis auf eine - mangels Vorliegens eines vollständigen Schuldenregulierungsplans - weiterhin bestehende Missbrauchsgefahr mit Bescheid vom 24.01.08 ab.

Gegen diesen abschlägigen Bescheid legte der Beschwerdeführer mit anwaltlichen Schreiben vom 08.02.08 Widerspruch ein.

Nach einem entsprechendem Beschluss in der Vollzugsplankonferenz gab die JVA F. im März 2008 zu verstehen, dass der begehrten Verlegung in den offenen Vollzug nun doch nichts mehr entgegenstehe. Der Beschwerdegegner beantragte gegenüber der JVA sodann mit anwaltlichen Schreiben vom 14.03.08 unter diesbezüglicher Aufrechterhaltung seines Widerspruches, dieser die Kosten des Vorverfahrens aufzuerlegen.

Mit Bescheid vom 17.03.08 half die JVA dem Widerspruch ausdrücklich ab, ordnete aber unter Ziffer 3. und 4. des Bescheids an, dass der Beschwerdegegner die ihm entstandenen Kosten für das Vorverfahren selbst zu tragen habe und die Zuziehung seines Rechtsanwaltes nicht notwendig gewesen sei im Sinne von § 80 Abs. 3 S. 2 HmbVwVfG.

2. Gegen diese Entscheidung der JVA wendete sich der Beschwerdegegner mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.04.08.

Mit der angefochtenen Entscheidung vom 28.10.09 hob das Landgericht entsprechend des Antrages des Beschwerdegegners den Abhilfebescheid der JVA F. in Bezug auf dessen Ziffern 3. und 4. auf und verpflichtete die JVA unter Berufung auf § 80 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 HmbVwVfG, die dem Beschwerdegegner im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten, insbesondere die ihm entstandenen Kosten seines Rechtsanwaltes zu erstatten.

Gegen...

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