Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidungstitel "Unrichtige Sachbehandlung gem. § 21 GKG bei verfahrensfehlerhaftem Teilurteil"

 

Leitsatz (amtlich)

Aus einem Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit zwischen Teilurteil und Schlussurteil folgt noch nicht ohne weiteres eine unrichtige Sachbehandlung gem. § 21 GKG (anders als OLG Köln, Beschluss v. 31.7.1991, Aktz. 2 U 53/91)

 

Normenkette

GKG § 21; ZPO § 301

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 304 O 207/10)

 

Tenor

Die Erinnerung der Klägerinnen gegen die Kostenrechnung der Justizkasse vom 21.8.2012 (Kassenzeichen 1812021031882) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Erinnerung ist gem. § 66 Abs. 1 und 5 GKG zulässig. Dieses Verfahren ist statthaft zur Klärung der Frage, ob die hier angegriffenen Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gem. § 21 GKG nicht erhoben werden dürfen (Hartmann, KostenG, 42. Aufl., § 66 Rz. 23, Stichwort â EUR-Nichterhebungâ EUR- und § 21 Rz. 54; BGH, Beschluss v. 15.8.2002 zum Aktz. I ZA 1/01, Rz. 2, zit. nach juris). In der Sache bleibt die Erinnerung jedoch erfolglos.

Die Klägerinnen machen mit ihrer Erinnerung geltend, dass die Gerichtskosten in der Berufungsinstanz nicht hätten erhoben werden dürfen, weil das mit der Berufung angegriffene Teilurteil in verfahrensfehlerhafter Weise ergangen sei. Das LG habe gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil verstoßen und in unzulässiger Weise nur über die Hauptanträge und nicht auch über die Hilfsanträge entschieden.

Eine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. § 21 GKG ist nicht schon dann zu bejahen, wenn das Gericht einen Fehler gemacht hat. Vielmehr ist es nach der Rechtsprechung des BGH erforderlich, dass das Gericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen hat, insbesondere einen schweren Verfahrensfehler begangen hat, der offen zutage tritt (BGH, Beschluss v. 10.3.2003 zum Aktz. IV ZR 306/00, Rz. 4; BGH, Beschluss v. 4.5.2005 zum Aktz. XII ZR 217/04, Rz. 4, beide zit. nach juris; Hartmann, a.a.O., § 21 Rz. 8 m.w.N.).

Vorliegend vermag die Einzelrichterin einen Verstoß gegen eine klare gesetzliche Regelung und einen offen zu Tage tretenden Verfahrensmangel im Sinne dieser Rechtsprechung nicht zu erkennen. Die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gem. § 301 ZPO -Anspruchshäufung und Entscheidungsreife eines Teils dieser Ansprüche -lagen ersichtlich vor. Das Gebot der Widerspruchsfreiheit zwischen Teilurteil und Schlussurteil ist demgegenüber nicht gesetzlich geregelt, so dass ein Verstoß gegen eine klare gesetzliche Regelung bereits fehlt. Nach Auffassung der Einzelrichterin kann auch nicht die Rede davon sein, dass ein etwaiger Verstoß des LG gegen dieses Gebot hier einen schweren Verfahrensmangel darstellt, der offen zutage tritt. Die Erinnerung macht im Wesentlichen geltend, dass die gleichen Mängel der Grundstücke, die der Beklagte den Klägerinnen verkauft hat, sowohl Gegenstand der Klaganträge zu Ziff. 1 -8 gewesen seien, die durch das Teilurteil abgewiesen worden sind, als auch Gegenstand der noch nicht beschiedenen Klaganträge zu Ziff. 10-14. Es bestünde die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen des OLG und des LG über das Vorliegen derselben Mängel.

Das LG hat jedoch die Klaganträge zu Ziff. 1 - 8, die auf Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages gerichtet waren, nicht deshalb abgewiesen, weil es das Vorliegen der Mängel verneint hat, sondern weil es die Auffassung vertreten hat, dass die Mängel selbst bei ihrem Vorliegen jedenfalls nicht ausreichten, um ein Rücktrittsrecht zu begründen (S. 87, S. 91 ff. LGU). Hinsichtlich der mit den Klaganträgen zu Ziff. 10 -14 verfolgten Ansprüche auf Erstattung von Mängelbeseitigungskosten, Verwendungen, Aufwendungen und sonstiger Schäden hielt das LG hingegen noch eine Beweiserhebung über die Mängel für erforderlich, weil es insoweit offenbar Schadensersatzansprüche aus Ziff. 4.2 des Kaufvertrages für möglich hielt (S. 86 und 88 LGU). Die Vorgehensweise des LG mag bei genauer Analyse -insbesondere der Aussagen zu einzelnen Mangelpositionen - zwar verfahrensfehlerhaft wegen Verstoßes gegen das Widerspruchsfreiheit zwischen Teilurteil und Schlussurteil gewesen sei, ein offen zutage tretender schwerer Verfahrensmangel im Sinne der Rechtsprechung des BGH liegt jedoch keinesfalls vor.

Gleiches gilt für die Beanstandung, dass das LG nicht die Hauptanträge hätte abweisen dürfen, ohne die Hilfsanträge zu bescheiden. Grundsätzlich ist diese Vorgehensweise -wie auch die Erinnerung einräumt -in der Rechtsprechung des BGH nämlich anerkannt, wenn auch umstritten (BGH, Urteil v. 12.5.1995 zum Aktz. V ZR 34/94, Rz. 10, zit. nach juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 301 Rz. 8). Nur wenn aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Erlass des Teilurteils miteinander unvereinbare Entscheidungen zur Folge habe, könne eine andere Beurteilung geboten ...

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