Normenkette

BRAGO §§ 6, 13; ZPO §§ 91, 263

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 327 O 133/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 27, vom 22.1.2002 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.

Die von der Klägerin an den Beklagten zu 2) nach dem Vergleich des Hanseatischen OLG vom 31.10.2001 zu erstattenden Kosten werden auf 1.749,86 Euro nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9.6.1998 (BGBl. I S. 1242) seit dem 2.11.2001 festgesetzt.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 3/10, der Beklagte zu 2) 7/10.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat auch in der Sache überwiegend Erfolg. Durch den Wechsel auf der Beklagtenseite kann nicht eine weitere volle Prozessgebühr erstattet verlangt werden. Nach dem durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.11.2001 bereits zu Gunsten des Beklagten zu 1) eine Prozessgebühr als erstattungsfähig anerkannt worden ist, kann der Beklagte zu 2) gem. § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO nur eine weitere 3/10-Prozessgebühr erstattet verlangen.

Es kann zunächst dahinstehen, ob entspr. dem klägerischen Beschwerdevorbringen das Vorgehen der Klägerin einen sog. gewillkürten Parteiwechsel darstellt. Dies allein ist unter kostenerstattungsrechtlichen Gesichtspunkten ohne Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, ob die ausscheidende und die neueintretende Partei auf der Beklagtenseite wenigstens für einen gewissen Zeitraum zusammen von dem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten wurden, oder ob die Beklagte zu 1) bereits ausgeschieden war, bevor ihr Prozessbevollmächtigter von dem Beklagten zu 2) mit der Vertretung beauftragt wurde. Nach ganz überwiegender Meinung in der Rechtsprechung liegt im ersten Fall eine Angelegenheit mit der Besonderheit des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO vor, während im zweiten Fall die erste Angelegenheit mit dem Ausscheiden der zunächst verklagten Partei beendet war. Mit dem danach erteilten Auftrag der weiteren Beklagtenpartei beginnt deshalb eine neue Angelegenheit mit der Folge, dass für den Rechtsanwalt neue Gebühren entstehen (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1978, 369, OLG München v. 7.12.1995 – 11 W 2885/95, OLGReport München 1996, 142 = Rpfleger 1996, 261, OLG Schleswig JurBüro 1997, 584, Göttlich/Mümmler, BRAGO 20. Aufl., Parteiwechsel zu 2.3; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, 15. Aufl., § 13 BRAGO Rz. 31, § 6 Rz. 27).

Ergibt sich bei der Abwehr der Klage durch beide Beklagte eine zeitliche Überlagerung, so handelt es sich um die selbe Angelegenheit, weil sie in dem selben gerichtlichen Verfahren verfolgt wird und innerlich zusammengehört. Dass die Aufträge zu verschiedenen Zeiten erteilt wurden, steht der Beurteilung als derselben Angelegenheit nicht entgegen (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, § 13 Rz. 5 m.w.N.). Eine solche zeitliche Überlagerung der Verteidigung beider Beklagter ist im vorliegenden Fall gegeben. Der im Schriftsatz der Klägerin vom 8.11.2000 angeführte gewillkürte Parteiwechsel mit dem Ziel, die Klage anstelle gegen die Beklagte zu 1) nunmehr gegen den Beklagten zu 2) zu richten, stellt eine Klagänderung dar und nicht eine Klagrücknahme gegen die Beklagte zu 1) mit der Folge, dass diese nicht sofort aus dem Prozess ausschied. Dies ergibt sich deutlich aus dem Protokoll des LG vom 23.1.2001, worin auf Beklagtenseite sowohl die Beklagte zu 1) wie auch der Beklagte zu 2) aufgeführt sind und von demselben Rechtsanwalt vertreten wurden. Weiterhin hat die Klägervertreterin nach dem Inhalt des Protokolls in dieser Verhandlung die Klage gegen die Beklagte zu 1) zurückgenommen.

Zumindest in der mündlichen Verhandlung vom 23.1. 2001 waren somit beide Beklagte von ein und demselben Prozessbevollmächtigten vertreten, so dass der Beklagte zu 2) lediglich eine 3/10-Prozessgebühr gem. § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erstattet verlangen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Kniep

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105754

MDR 2002, 1339

AGS 2003, 198

KammerForum 2003, 271

OLGR-BHS 2003, 102

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