Verfahrensgang

AG Hamburg-Blankenese (Beschluss vom 23.07.2015; Aktenzeichen 571 VI 166/15)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Nachlassgerichts Hamburg-Blankenese vom 23.7.2015 (Az. 571 VI 166/15) wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von EUR 747.643,28. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.

 

Gründe

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg, denn im Ergebnis ist sein Erbscheinsantrag zu Recht zurückgewiesen worden.

I.) Die Erblasserin starb am 29.1.2015 und hinterließ ein Testament vom 29.8.2013 sowie ein weiteres vom 6.10.2014, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Erblasserin war mit dem Beteiligten zu 1) kinderlos verheiratet. Ihre Eltern und Großeltern waren vorverstorben. Des weiteren war ihre einzige Schwester ohne Hinterlassung von Abkömmlingen am 9.1.2015 vorverstorben. Die Beteiligte zu 2) ist eine entfernte Verwandte der Erblasserin (die Großmutter der Beteiligten zu 2) und die Mutter der Erblasserin waren Cousinen).

Der Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, er sei unbeschränkter, alleiniger Vollerbe geworden, weil das Testament vom 6.10.2014, welches das frühere Testament vom 29.8.2013 vollständig ersetzt habe, keine Erbeinsetzung, sondern nur einzelne Zuwendungen enthalte, so dass gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Weder sei die Beteiligte zu 2) Erbin, noch sei sie Nacherbin. Die Beteiligte zu 2) legt das Testament hingegen dahin aus, dass der Beteiligte zu 1) lediglich nicht befreiter Vorerbe geworden sei, die Beteiligte zu 2) Nacherbin.

Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen mit der Begründung, die Erblasserin habe gerade die gesetzliche Erbfolge ausschließen wollen, zumal sie auch kein Berliner Testament verfasst habe. Vielmehr machten die zugewandten Gegenstände den Großteil des Nachlasses aus. Wenn über jedenfalls 70 % des Nachlasses testiert werde, spreche dies gegen die Annahme bloßer Vermächtnisse.

Der Beteiligte zu 1) stützt seine Beschwerde darauf, dass die Erblasserin in dem Testament über zur Zeit der Testamentserrichtung nachweislich vorhandene Vermögenswerte in Höhe von mehr als einem Viertel des Nachlasses nicht verfügt habe. Die Erblasserin habe nach ihren lebzeitigen Äußerungen gerade keine Rechtsgemeinschaft zwischen den Beteiligten entstehen lassen wollen. Weder habe sie die Beteiligten als Miterben einsetzen wollen, noch insgesamt als Vor- und Nacherben. Die Regelung bezüglich des Anteils am Objekt B. sei lediglich als Nachvermächtnis für die Beteiligte zu 2) anzusehen.

II.) Die Beschwerde ist unbegründet, weil der Beteiligte jedenfalls nicht unbeschränkter alleiniger Vollerbe am gesamten Nachlass geworden ist. Ob ein Erbschein in anderer Form erteilt werden könnte und müsste, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nämlich allein der tatsächlich gestellte und zurückgewiesene Erbscheinsantrag. Eine Beschwerde kann nur dann Erfolg haben, wenn gerade der beantragte Erbschein zu erteilen ist. Hingegen kann ein Antragsteller seinen Erbscheinsantrag nicht erst in der Beschwerdeinstanz anpassen oder ändern. Verfolgt werden kann nach allgemeiner Meinung nur der beim Nachlassgericht gestellte Antrag, denn nur insoweit liegt eine Entscheidung erster Instanz im Sinne von § 58 FamFG vor (vgl. Keidel/Zimmermann, 18. Auflage, § 352 Rz. 143 m.w.N.; der dort erwogene Ausnahmefall liegt hier nicht vor, vgl. auch Rz. 144). Auch kann das Beschwerdegericht das Nachlassgericht nicht etwa anweisen, einen bisher nicht beantragten Erbschein zu erteilen.

1.) Mit dem Beteiligten geht das Beschwerdegericht davon aus, dass maßgeblich nur das Testament vom 6.10.2014 ist, denn das neuere Testament wäre inhaltlich nicht als bloße Ergänzung des früheren Testaments vom 29.8.2013 verständlich.

2.) Hat ein Erblasser nicht ausdrücklich einen oder mehrere Erben eingesetzt, sondern lediglich Verfügungen über einzelne Nachlassbestandteile getroffen und erschöpfen die Einzelzuwendungen den Nachlass, ist nach ganz allgemeiner und zutreffender Ansicht davon auszugehen, dass diese Verfügungen auch eine Erbeinsetzung enthalten, weil nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keinen Erben berufen wollte. Die jeweiligen Erbquoten können sich dann aus dem Wertverhältnis des zugewendeten Vermögensteils zum Gesamtnachlass ergeben. Denkbar ist aber eine Auslegung dahin, dass nur eine der bedachten Personen zum Erben bestimmt ist (etwa wenn der Wert eines zugewendeten Gegenstandes den Wert der übrigen Zuwendungen ganz erheblich übertrifft) und die übrigen lediglich als Vermächtnisnehmer zu betrachten sind (statt aller die Nachweise bei Palandt-Weidlich, 72. Auflage, § 2087 Rz. 2, 3, 5).

Für die Entscheidung kommt es wesentlich darauf an, ob der Erblasser dem Bedachten unmittelbar Rechte am Nachlass (als Ganzem oder zu Bruchteilen) und damit eine m...

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