Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgegennahme von Verteidigerhonorar als Geldwäsche

 

Leitsatz (amtlich)

›Ein Strafverteidiger, der sich Vermögenswerte, die sein Auftraggeber aus einer rechtswidrigen Tat nach § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB erworben hat, in Kenntnis ihrer Herkunft ausschließlich zur Befriedigung seiner Honorarforderung verschafft, macht sich regelmäßig dann nicht wegen Geldwäsche nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar, wenn nicht einem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, der durch die Honorarzahlung vorsätzlich oder leichtfertig vereitelt, gefährdet oder erschwert würde.‹

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 28.09.1999; Aktenzeichen 629 KLs 4/99 6500 Js 20/99)

 

Gründe

A. Der Angeschuldigte ist Strafverteidiger in Hamburg. Nach dem Vorwurf der Anklageschrift vom 4. Juni 1999 (6500 Js 20/99) soll er sich am 19. Februar 1999 anläßlich eines Mandats, bei dem er für eine in K. inhaftierte Drogenkurierin auftreten sollte, durch die Entgegennahme eines Verteidiger-Honorarvorschusses in Höhe von 5.000 DM der Geldwäsche (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB) schuldig gemacht haben.

Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Seiner Auffassung nach ist es dem Angeschuldigten nach den bisherigen Ermittlungen nicht hinreichend sicher nachzuweisen, daß er bei Annahme des Honorarvorschusses bösgläubig im Sinne von § 261 Abs. 2 oder Abs. 5 StGB gewesen sei, d.h. gewußt, in Kauf genommen oder jedenfalls leichtfertig die Augen davor verschlossen habe, daß das entgegengenommene Geld aus einer Betäubungsmittelstraftat im Sinne von § 261 Abs. 1 Nr. 2 b) StGB hergerührt habe. Insoweit sei der Angeschuldigte jedenfalls hinsichtlich des subjektiven Tatbestands der Geldwäsche nicht hinreichend tatverdächtig.

Dies beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrer rechtzeitig erhobenen sofortigen Beschwerde. Sie führt darin umfangreich aus, weshalb ihrer Ansicht nach die Ermittlungen, insbesondere Erkenntnisse aus einer Telekommunikationsüberwachung, hinreichende Belege für die Annahme böten, der Angeschuldigte habe sich zumindest leichtfertig (§ 261 Abs. 5 StGB) darüber hinweggesetzt, daß er aus Mitteln bezahlt worden sei, die mittels Drogengeschäften erwirtschaftet worden seien.

Das nach § 210 Abs. 2 StPO statthafte Rechtsmittel bleibt im Ergebnis erfolglos. Denn jedenfalls aus Rechtsgründen kann der Angeschuldigte hier nicht wegen Geldwäsche verurteilt werden und ist deshalb ein hinreichender Tatverdacht zu verneinen. Das folgt aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Danach darf die genannten Strafvorschrift hier keine Anwendung finden.

B. Zugrunde liegt folgendes:

Bei dem Versuch, ein knappes Kilogramm Kokaingemenge aus den Niederlanden nach K. zu schmuggeln, wurde am 10. Februar 1999 eine Holländerin in K. verhaftet. Aufgrund einer laufenden Telefonüberwachung geriet in der Folgezeit der frühere Mitbeschuldigte des Angeschuldigten, der Kolumbianer R. P., in Verdacht, einer der Hintermänner des von der Polizei unterbundenen Kokaingeschäfts zu sein. Er erfuhr spätestens am 12. Februar 1999 von der Festnahme der Drogenkurierin. Zu dieser Zeit hielt auch er sich hochwahrscheinlich in K. auf (vgl. dazu TÜ-SB IX, Gespräch vom 11. Februar 1999, 16.54 Uhr, Bl. 297 d. LA). Fortan führte P. zahlreiche - überwachte - Telefongespräche mit diversen Gesprächspartnern. Dabei brachte er - meist die Inhaftierte als krank gewordene Patientin umschreibend - mehrfach sein Bestreben zum Ausdruck, eine Haftverschonung zu erreichen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ergeben sich aus den Telefonaten jedoch auch hinreichende Hinweise darauf, daß P. vorwiegend daran interessiert war zu erfahren, was die Inhaftierte ausgesagt und ob sie insbesondere ihn, P., dabei belastet habe.

Am 18. Februar 1999 beauftragte P. den Angeschuldigten, als Rechtsanwalt in dieser Sache tätig zu werden. Der Inhalt dieses Auftrages ist streitig. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, Zweck der Beauftragung sei es gewesen, daß der Angeschuldigte sich zwar für die Inhaftierte habe legitimieren sollen, in Wahrheit aber vorwiegend für P. habe herausfinden sollen, was die Drogenkurierin ausgesagt habe. Der Angeschuldigte läßt vortragen, sein Auftrag habe allein darin bestanden, die in K. einsitzende Frau zu verteidigen.

Jedenfalls erhielt der Angeschuldigte für diesen Auftrag von P. am 19. Februar 1999 einen Honorarvorschuß in Höhe von 9.000 DM. Auch die Herkunft dieses Geldes ist streitig. P. hat zuletzt in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung angegeben, er habe das Geld lediglich von einem nicht ermittelten "Havier" (oder "Javier") erhalten und weitergeleitet. Jener sei auch der eigentliche Auftraggeber des Verteidigermandats gewesen. Der Angeschuldigte läßt sinngemäß vortragen, er habe jedenfalls keinen ausreichenden Anlaß gehabt, zu erkennen, daß das Geld möglicherweise aus Drogengeschäften gestammt habe.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, P. selbst sei mit dem angeblichen "Havier"...

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