Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung wegen Vorliegens eines die Versteigerung hindernden Rechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein zugedachtes Vermächtnis verschafft lediglich ein Forderungsrecht, das nicht unter § 771 ZPO fällt.

2. Auch wenn dem Kläger als Nacherbe bzw. Erbe nach dem Tode seines Großvaters das betroffene Grundstück erhalten soll, greifen §§ 2113 BGB, 771 ZPO weder direkt noch in entsprechender Anwendung ein.

 

Normenkette

ZPO §§ 567, 771; BGB § 2113

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 03.11.1993; Aktenzeichen 312 O 465/93)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 3. November 1993 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 58.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde, die sich gegen Zurückweisung des Antrages auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung richtet, ist als einfache Beschwerde (§ 567 ZPO) zulässig (HansOLG FamRZ 1989, 298; FamRZ 1990, 1379; FamRZ 1990, 431 = NJW RR 90, 394).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Zwangsversteigerungsverfahren über das Grundstück Q. (Grundbuch von B. Bl. …) ist einstweilen nicht einzustellen, da nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ein die Versteigerung hinderndes Recht des Klägers nicht bejaht werden kann, gleich ob die dem Kläger zugedachte Zuwendung in den letztwilligen Verfügungen seiner Großeltern Gerda und Friedrich M. vom 12. Dezember 1985 und 27. Dezember 1985 als Vermächtnis oder aber als (Nach-)Erbeinsetzung anzusehen ist.

1. Das Vermächtnis, das dem Kläger erst nach dem Tod des Großvaters Friedrich M. zufallen soll, verschafft ihm lediglich ein noch nicht fälliges Forderungsrecht, das nicht unter § 771 ZPO fällt (Soergel-Wolf, BGB, 12. Aufl., § 2174 Rn. 15).

2. Auch wenn die letztwilligen Verfügungen der Eheleute M. dahin auszudeuten sind, daß der Kläger als Nacherbe bzw. Erbe nach dem Tode seines Großvaters das betroffene Grundstück erhalten soll, greifen §§ 2113 BGB, 771 ZPO weder direkt noch in entsprechender Anwendung ein.

Eine direkte Anwendung des § 2113 BGB scheidet aus, da die Erblasserin nicht Eigentümerin des Grundstücks Q. war, das sie letztlich dem Kläger zugedacht hat; sie war vielmehr an einer BGB-Gesellschaft beteiligte der das Grundstück gehörte, ihre im Erbschein vom 5. März 1993 ausgewiesenen Erben sind, je nachdem wie der Gesellschaftsvertrag der Eheleute M. aufzufassen ist, in die BGB-Gesellschaft eingetreten oder aber die Gesellschaft ist gem. § 727 BGB aufgelöst worden; die Erben sind dann lediglich in die vermögensrechtliche Beziehung der Erblasserin eingetreten und können ihre Verwaltungsrechte wahrnehmen bis zur Liquidation der BGB-Gesellschaft (RGZ 106, 65; Staudinger-Keßler, BGB, 12. Aufl., § 727 Anm. 9 b aa, bb).

Eine entsprechende Anwendung des § 2113 BGB ist nach den überzeugenden Ausführungen des BGH (NJW 1976, 893; NJW 1978, 698) aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit abzulehnen. Der Schutz des Nacherben, der nach § 2042 BGB vor Eintritt des Nacherbfalles nicht einmal die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verhindert, kann nicht dazu führen, daß eine BGB-Gesellschaft nicht auseinandergesetzt werden kann, nur weil ein Teil der BGB-Gesellschafter (bzw. ein Teil der Mitglieder der Liquidationsgesellschaft) einer Vorerbenbeschränkung unterliegt.

3. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang auf ein Auseinandersetzungsverbot der Erblasserin nach § 2044 Abs. 1 Satz 1 BGB, das eine Drittwiderspruchsklage rechtfertigen könnte, wenn die Erblasserin Alleineigentümerin des Grundstücks gewesen wäre (Zeller/Stöber, ZVG, 14. Aufl., § 180 Rn. 9). Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kann der Kläger aber auch insoweit nicht erreichen.

Zum einen ist zweifelhaft, ob sich aus den letztwilligen Verfügungen der Erblasserin überhaupt ein derartiges Auseinandersetzungsverbot ergibt. Die Erblasserin hatte ihren Ehemann und Mitgesellschafter Friedrich M. zum Alleinerben eingesetzt und brauchte sich keine Gedanken über eine Auseinandersetzung der Erbschaft zu machen. Ihr Ehemann wäre mit dem Erbfall Alleineigentümer des Grundstücks geworden, das nach seinem Tode dem Kläger zufallen sollte.

Käme man durch Ausdeutung der letztwilligen Verfügungen zu einem Auseinandersetzungsverbot für die Ersatzerben, so könnte der angeordnete Ausschluß als Teilungsanordnung gegenüber dem Beklagten unwirksam sein, da der ihm unter diesen Beschränkungen hinterlassene Erbteil die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt (§ 2306 BGB). Im übrigen weist das Landgericht zutreffend darauf hin, daß eine für die Erbengemeinschaft angeordnete Ausschließung die aus der Erbengemeinschaft und einem Dritten zusammengesetzte (fortbestehende oder sich in Liquidationbefindliche) BGB-Gesellschaft nicht hindern kann, die Auseinandersetzung der BGB-Gesellschaft zu betreiben, und zwar aus den vom BGH in NJW 1976, 893 und NJW 1978, 698 dargelegten Gründen.

Die Kostenentscheidung b...

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