Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligung der Strafgefangenen an Stromkosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 49 Abs. 3 HmbStVollzG ermöglicht es lediglich, Gefangene an den Stromkosten zu beteiligen, die durch die Nutzung von Elektrogeräten entstehen, die über den von der JVA kostenfrei zu gewährenden Grundbedarf hinausgehen.

2. Eine Beteiligung an diesen Stromkosten kann durch Kostenpauschalen erfolgen.

3. Die Höhe der Kostenpauschale darf die bei durchschnittlichem Gebrauch der Elektrogeräte tatsächlich entstehenden Stromkosten nicht erreichen.

 

Normenkette

HmbStVollzG § 49 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 18.11.2010; Aktenzeichen 607 Vollz 66/10)

 

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 7 als Strafvollstreckungskammer, vom 18.11.10 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Bescheids vom 23.02.10 und des Widerspruchsbescheids vom 12.05.10 der JVA Fuhlsbüttel richtet.

2. Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss aufgehoben, soweit die JVA Fuhlsbüttel verurteilt wurde, an den Beschwerdegegner 31,00 € zu zahlen. Insoweit wird die JVA Fuhlsbüttel verpflichtet, über den Anspruch auf Folgenbeseitigung hinsichtlich der Bescheide vom 23.02.10 und 12.05.10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

3. Die Kosten der Rechtsbeschwerde sowie die insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschwerdegegners fallen der Staatskasse zur Last. Der Gegenstandswert beträgt 48,00 €.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer pauschalierten Beteiligung des Beschwerdegegners an den Stromkosten der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel (im Folgenden JVA). Der Beschwerdegegner verbüßt in der JVA der Beschwerdeführerin eine langjährige Freiheitsstrafe.

Am 19.02.10 erließ die Beschwerdeführerin eine Allgemeinverfügung, der zufolge den Gefangenen der Betrieb von drei netzbetriebenen Elektrogeräten als zum Grundbedarf gehörig weiterhin kostenfrei gestattet wurde. Für jedes weitere Gerät sollten zukünftig 1,00 € pro Gerät und Monat von den Gefangenen erhoben werden.

Zu der Höhe der Pauschale gelangte die Beschwerdeführerin durch eine Musterkalkulation, der sie einen Strompreis von 0,13 € pro kWh zugrunde legte und in die sie die ihrer Auffassung nach am häufigsten durch die arbeitenden Gefangenen verwendeten Elektrogeräte unter Einbeziehung von deren Leistung und durchschnittlicher täglichen Nutzungsdauer einstellte. Auf dieser Basis gelangte die Beschwerdeführerin zu durchschnittlichen Stromkosten von 1,68 € pro Gerät und Monat.

Im Einzelnen liegt diesem Durchschnittspreis folgende Berechnung zugrunde:

Geräte

Hersteller

Wattleistung

Laufzeit pro Tag

kWh pro Jahr

Stromkosten pro Jahr

Stromkosten pro Monat

Kosten-beteiligung

TV (LCD)

JVC

58

9 Stunden

190,53

24,77 €

2,06 €

1,00 €

Wasserkocher

Siemens

2.200

15 Minuten

200,75

26,10 €

2,17 €

1,00 €

Kaffeemaschine

Siemens

1.100

30 Minuten

200,75

26,10 €

2,17 €

1,00 €

Minikompaktanlage

Grundig

90

9 Stunden

295,65

38,34 €

3,20 €

1,00 €

Portables CD-Radio

Grundig

6

9 Stunden

19,71

2,56 €

0,21 €

1,00 €

DVD/Videoplayer

JVC

8

9 Stunden

26,28

3,42 €

0,29 €

1,00 €

gesamt

für

6

Geräte

10,10 €

Durchschnitt

pro

Gerät

1,68 €

Im Haftraum des Antragstellers wurden am 23.02.10 anlässlich einer Zellenrevision 7 Elektrogeräte, nämlich ein LCD-Fernseher der Marke LG (50 Watt), eine Minianlage der Marke Panasonic (130 Watt), eine Wandleuchte mit Dimmer (40 Watt), ein Handmixer (max. 210 Watt), ein Akkunetzrasierer der Marke Philips (25 Watt), eine Schreibmaschine der Marke Brother (15 Watt) und ein Wasserkocher der Marke Bomann (850 Watt) festgestellt. In der JVA der Beschwerdeführerin sind generell lediglich Wasserkocher bis zu einer Leistung von 1.000 Watt zugelassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.10 setzte die JVA für 4 kostenpflichtige Geräte eine Kostenbeteiligung von monatlich 4,00 €, fällig jeweils zum Ende des Monats, fest und forderte den Beschwerdegegner gleichzeitig auf, sein Einverständnis zur monatlichen Abbuchung dieser Kosten, wahlweise zulasten seines Hausgeld- oder Eigengeldkontos, zu erklären. In diesem Schreiben wurde er ferner darüber belehrt, dass die Genehmigung zum Besitz der Geräte widerrufen werde, wenn er das Einverständnis zur Abbuchung nicht erteile. Der Beschwerdegegner erklärte unter dem 26.02.10 sein Einverständnis zur Abbuchung von seinem Eigengeldkonto.

Von März 2010 bis Juni 2010 wurden 4,00 € monatlich vom Eigengeldkonto des Beschwerdegegners für die Stromkosten abgebucht. Im Juni gab er seinen inzwischen defekten Handmixer zur Vernichtung frei, so dass von Juli bis November 2010 monatlich 3,00 € abgebucht wurden.

Der Widerspruch des Beschwerdegegners wurde mit Widerspruchsbescheid der JVA vom 12.05.10 verworfen.

Dagegen wendete er sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 19.05.10, in dem er beantragt hat,

den Bescheid vom 23.02.10 und den Widerspruchsbescheid vom 12.05.10 aufzuheben und

die JVA zu verpflichten, die von dem Beschwerdegegner eing...

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