Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Verwendung von Teilen eines urheberrechtlich geschützten Werks als Handy-Klingelton steht nicht die Wahrnehmung der Tonfolge als Musikwerk in Form eines sinnlich-klanglichen Erlebnisses im Vordergrund, sondern – wie auch bei anderen Signaltönen – die Nutzung als rein funktionales Erkennungszeichen.

2. Die Nutzungs einer Melodie als Handy-Klingelton stellt sich gegenüber der herkömmlichen Darbietung eines Musikwerks als „neue Nutzungsart” i.S.v. § 31 Abs. 4 UrhG dar.

3. Eine solche Nutzungsart kann nicht ohne nähere Konkretisierung über eine allgemeine „Öffnungsklausel” zur Erfassung „künftiger technischer Entwicklungen” wirksam Gegenstand bereits bestehender GEMA-Berechtigungsverträge werden.

 

Normenkette

UrhG § 31 Abs. 4, §§ 8, 13-14, 23-24, 39 Abs. 2, § 51 Nr. 3, § 61

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 308 O 112/01)

 

Tenor

1. Die außergerichtlichen Kosten der Parteien – einschließlich der der Streithelferin – werden gegeneinander aufgehoben, die Gerichtskosten werden zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin geteilt.

2. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 26.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gem. § 91a ZPO nur noch über die entstandenen Kosten zu entscheiden. Nach bisherigem Sach- und Streitstand entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.

Zwar hätte jedenfalls der Antragsteller zu 2) mit seinem Kernbegehren (Unzulässigkeit der Verwendung des Werks als Handyklingelton) bei weiterer streitiger Fortführung des Rechtsstreits voraussichtlich obsiegt. Jedoch hatte er bei Eintritt des erledigenden Ereignisses bis zu der Neufassung des Antrags in der Senatssitzung am 19.12.2001 einen erheblich zu weiten Verfügungsantrag verfolgt. Dieser Antrag wäre in der reduzierten Fassung – jedenfalls nach dem Erkenntnisstand bei Eintritt des erledigenden Ereignisses – zudem auch nur in seiner Person begründet gewesen, während die Aktivlegitimation der Antragstellerin zu 1) nicht hinreichend dargetan war. Bei dieser Sachlage entspricht es der Billigkeit, die Antragsteller gleichgewichtig mit den Parteien auf der Gegenseite in die Verteilung der Kosten einzubeziehen. Eine höhere Kostenbeteiligung der Antragsteller erscheint nicht gerechtfertigt, weil es sich bei dem zu weiten Verfügungsantrag lediglich um einen „Überschuss” im Verhältnis zu dem erkennbar verfolgten Rechtsschutzziel gehandelt hat und nicht um ein aliud. Im Einzelnen ist zur Begründung der Entscheidung folgendes anzuführen:

1. Soweit der Senat in der mündlichen Verhandlung noch Bedenken zum Verfügungsgrund geäußert hatte, sind diese im Anschluss an die Erörterungen mit den Parteivertretern allerdings ausgeräumt. Zwar oblag den Antragstellern die Darlegung der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Voraussetzungen; denn nach ständiger Rechtsprechung des 3. ZS des Hanseatischen OLG gilt die wettbewerbsrechtliche Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG im Bereich des Urheberrechts auch nicht analog (OLG Hamburg GRUR 1999, 717 – Wagner-Familienfotos; so auch Köhler/Piper, § 25 Rz. 14 und Baumbach/Hefermehl, § 25, Rz. 5, anders wohl OLG Karlsruhe v. 13.6.1994 – 6 U 52/94, CR 1994, 607 = NJW-RR 1995, 176). Die Antragsteller haben im Senatstermin aber völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung im Hinblick auf bereits eingetretene und weiterhin drohende Verletzungen des Urheberpersönlichkeitsrechts dringend geboten war. Insoweit kann bei Verletzungen des Urheberpersönlichkeitsrechts nichts anderes gelten als für sonstige Persönlichkeitsrechtsverletzungen, für die, wie etwa im Bereich des Presserecht seine Eilbedürftigkeit nach §§ 935, 940 ZPO i.d.R. aus der Natur der Sache anerkannt ist.

2. Der von den Antragstellern in erster Instanz und bis zur Verhandlung vor dem Senat verfolgte Verfügungsantrag war zudem erheblich zu weit gefasst, so dass die Antragsteller schon aus diesem Grund zu einem erheblichen Teil unterlegen wären.

Durch die Neufassung ihres Antrags nach Hinweis durch den Senat in der Sitzung vom 19.12.2001 hätten sie nachteiligen Kostenfolgen nicht mehr entgehen können, denn der Sache nach beinhaltet ihr neuer Antrag eine Teilklagerücknahme gegenüber dem ursprünglichen Antrag, weswegen die Antragsteller insoweit gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten zu tragen gehabt hätten. Mit ihrem Ursprungsantrag wollten die Antragsteller nicht etwa nur die Verwendung des Musikwerks als Handyklingelton verboten wissen, sondern sie hatten sich ganz allgemein gegen die Vervielfältigung und Verbreitung dieses Werks „in bearbeiteter Form” gewandt. Sowohl die Nutzung als Handyklingelton als auch die Herausgabe der CD-ROM „Handy Hits Charts Vol. 1” waren insoweit lediglich als Konkretisierungen mit dem „insbesondere”-Zusatz genannt, ohne den Umfang des Antrags einzuschränken. Zudem war der Antrag jedenfalls sprach...

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