Leitsatz (amtlich)

Weder aus § 675a BGB direkt noch im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des § 675a BGB i.V.m. Art. 239 EGB i.V.m. § 12 BGB-InfoVO oder § 675a BGB i.V.m. § 312b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 312c, 126 BGB § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVO gemäß den einschlägigen EU-Richtlinien ergibt sich eine Verpflichtung von Sparkassen/Banken, Verbraucherschutzverbänden zur Verfolgung ihres Vereinsinteresse als Verbraucherschutzverband Einsicht in Ihr Preis- und Leistungsverzeichnis zu gewähren.

Eine Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten, zu denen nur Kunden oder im Rahmen der Geschäftsanbahnung potentielle Kunden der Banken/Sparkassen gehören auf Verbraucherschutzverbände im Wege einer analogen Anwendung des § 675a Abs. 1 BGB oder einer Gesamtanalogie zu §§ 2, 3,13 UKlagG, § 675a BGB, Art. 7 der Richtlinien 93/13 EWG, Art. 1, 2, 4, 7 Richtlinie 98/27/EG scheitert an der für eine Analogie erforderlichen vergleichbaren Interessen läge und einer planwidrigen Regelungslücke.

Vielmehr liegt eine mit der Systematik des bürgerlichen Gesetzbuchs im Einklang stehende bewusste Lücke vor, weil das BGB einem Beteiligten Informationspflichten erst im Stadium der Aufnahme von Vertragsverhandlungen auferlegt, § 311 Abs. 2 BGB, und nicht bereits im Stadium der Aufnahme von Vertragsverhandlungen.

Die Einräumung eines solchen Anspruchs kann nicht durch Rechtsfortbildung seitens der Rechtsprechung erfolgen, sondern wäre Sache des (nationalen) Gesetzgebers, der die Überweisungsrichtlinie (Art. 3 ff. der Richtlinie 97/5/EG und Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG weder unvollständig noch fehlerhaft umgesetzt hat.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.12.2008; Aktenzeichen 218 O 119/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 9.12.2008 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage, mit der er die Beklagte darauf in Anspruch nimmt, dem Kläger auf Verlangen unentgeltlich per E-Mail, Fax oder Briefpost ein aktuelles vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zur Verfügung zu stellen.

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, der sich auf bankenrechtlichen Verbraucherschutz spezialisiert hat und als qualifizierte Einrichtung gem. § 4 UklaG eingetragen ist, schrieb unter dem 5.2.2007 (Anlage K 2 = 9 d.A.) an die Beklagte und erbat unter Hinweis auf § 675a BGB i.V.m. § 10 Informationspflichtenverordnung eine vollständige Ausfertigung des derzeit gültigen Preis- und Leistungsverzeichnisses - nicht etwa des Preisaushangs, und zwar kostenlos.

Mit Schreiben vom 9.2.2007 (Anlage K 3 = S. 10 d.A.) lehnte die Beklagte dies ab, weil sich der Kläger außerhalb ihres Geschäftsgebietes befinde und deshalb als möglicher Kunde ausscheide.

Nach Ablauf der gesetzten Frist mahnte der Kläger die Beklagte unter Übermittlung einer straf bewehrten Unterlassungserklärung ab (Anlage B 2 = Bl. 34 d.A.). Die Beklagte wies die Abmahnung mit der Begründung zurück, Informationspflichten bestünden nur gegenüber Kunden sowie Personen, die eine Geschäftsverbindung mit der Sparkasse aufbauen wollten. Ferner verwies die

Beklagte auf die sparkassenrechtliche Besonderheit des gesetzlichen Regionalitätsprinzips - Geschäftsbeziehungen würden nur zu Kunden aus dem Geschäftsgebiet geführt. Mangels Regelungslücke wäre eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 675a BGB unstatthaft.

Der Anspruch auf (noch dazu kostenlose) Überlassung des Preis- und Leistungsverzeichnisses wurde damit verneint.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei gem. § 675a BGB analog und nach §§ 1,2 UklaG i.V.m. §§ 675a, 312b Abs. 1 Satz 1 und 2, 312c, 126b BGB i.V.m. der Informationspflichtverordnung § 1 Abs. 1 Nr. 7 analog verpflichtet, Interessenten Einsicht in das komplette aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis zu geben. Die Beklagte sei entsprechend der Rechtsprechung zu Testkäufen verpflichtet, Testbeobachtungen des Klägers zuzulassen. Die ihr zugewiesenen Aufgaben, die in der Richtlinie 93/13/EWG des Rats vom 15.4.1993 über die Verwendung missbräuchlicher Klauseln festgehalten seien, könne der Kläger nur erfüllen, wenn er das aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis einsehen könne. Der Kläger hat sich auf die Entscheidung des LG Frankfurt/M. vom 19.1.2007 - 2/2 O 267/06, des LG Nürnberg/Fürth vom 16.11.2006, 9856/06, des OLG Bamberg vom 22.2.2007 - 3 W 19/07, und des LG Schweinfurt vom 30.1.2007 - 22 O 3/07, bezogen.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, § 13 UklaG regle auch Auskunftsansprüche wie den vorliegenden.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verpflichten,...

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